Den Stickstoff in der Gülle halten

Im Spätherbst beginnen sich die Düngerlager wieder langsam zu füllen. Dann ist der richtige Zeitpunkt, um allfälligen Verlusten v.a. von Gülle entgegenzuwirken.

Zahlreiche Analysen aus den letzten drei Jahren belegen, wie unterschiedlich sich der Düngersaft von verschiedenen Betrieben zeigt. Die Gründe sind oft schwer nachvollziehbar. Es macht aber auch deutlich, dass gewisse  Bedingungen höhere Verluste verursachen, andere weniger.
Konkret zu benennen, welche Stallsysteme, Fütterungskonzepte, Entmistungs- oder Lagerbedingungen mehr oder weniger Verluste verantworten, ist derzeit so gut wie unmöglich. Konsens besteht lediglich darin, dass umso weniger Ammoniakverluste an Oberflächen entstehen, je schneller und vollständiger die Ausscheidungen der Tiere im Lager landen. Und dort sollen Maßnahmen dazu führen, den Stickstoff in der Gülle zu halten.

Heilsversprechen sind meist leere Versprechen

Bei der Recherche von Anbietern unterschiedlicher Zusatzstoffe tauchen manchmal abenteuerliche Versprechungen und Ideen auf.
So wird von einem idealen pH-Wert der Gülle bei 4 schwadroniert. Wie dieser Wert erreicht werden soll, bleibt unbeantwortet, bzw. einer Mikrobenkultur überlassen.
Ich betrachte solcherlei Heilsversprechen als weder zielführend noch vertrauenserweckend.

Umso mehr bin ich aber ein begeisterter Verfechter des betrieblichen Experiments. Und viele betriebliche Experimente zeigen ein hoffnungsvolles Bild: Dass gewisse Maßnahmen zu erstaunlichen Ergebnissen in der Qualität der Gülle führen können. Und wie schon mehrfach an dieser und anderen Stellen festgehalten, brauchen wir gute Güllequalitäten wie den sprichwörtlichen Bissen Brot.

Worin zeigt sich Güllequalität?

Die Nährstoffgehalte allein sind es nicht, die die Qualität eines Düngers anzeigen.
Moderate bzw. eng begrenzte Verluste vielmehr sind es, die mehrere Fliegen auf einen Streich erlegen:
Die Belastung der Luft durch Emissionen sinkt im selben Maß, als die entsprechenden Werte in der Gülle höhere Gehalte anzeigen. Somit ist der reine Düngerwert höher und mit ihm die Wirtschaftlichkeit.
Weiters leuchtet ein, dass Pflanzen, Boden und Bodenleben dankbar annehmen, sowenig wie möglich mit Ammoniak, Schwefelwasserstoff und anderen ätzenden Abbauprodukten belastet zu werden.

Welche Vorgänge und Mechanismen speichern Stickstoff

Ein beträchtlicher Teil des Stickstoffs liegt „organisch gebunden“, d.h. in Aminoverbindungen und damit großen Molekülen vor. Dieser Teil ist nicht unmittelbar verlustträchtig, weil er nicht gasförmig entweicht. 
Der anorganische Anteil, der namentlich in Form des Ammoniums (NH4) enthaltene Stickstoff bzw. schon als Ammoniak (NH3) vorliegende N-Pool ist jener, der sich anschickt, auf die Reise zu gehen. 
Diese Weltenbummlerei macht uns aber alle bekannten Probleme, ist schade ums Geld und soll daher spätestens am Bahnsteig (kurz vor der Ausfahrt in die Atmosphäre), besser schon früher, unterbunden werden.
Womit wir wieder zum betrieblichen Experiment zurückkehren!

Das machen Biobetriebe erfolgreich mit Gülle

Eine der wichtigsten Hauptmerkmale der Flüssigdünger ist ihre Fließfähigkeit. Denn die Gülle soll zum Boden gelangen statt zäh an Stoppeln und Pflanzen zu kleben. Unzählige Beispiele bestätigen die Verbesserung der Viskosität durch regelmäßigen Einsatz von Mikroorganismen. Sie sind es auch, die N für den Aufbau ihrer Zellen brauchen, und somit Stickstoff „organisch binden“.

Und wozu ist jetzt das „Steinmehl“ wirklich gut?

Mit dem Steinmehl im Biolandbau ist es fast wie mit dem Glauben: In schlechten Zeiten steht man fest dazu, in guten kommen Zweifel und ist man gar vom Übermut gepackt, wird die Sache eher belächelt.
Doch erneut wurde mir eine Wirkung bestätigt, die in der jahrelangen Erzählung immer wieder zur Floskel zu verkommen schien: An den Steinmehlpartikeln siedeln sich wirklich Mikroorganismen an, die für ein gutes Milieu sorgen. Ein unverdächtiger Laborleiter schildert die Vorgänge und Entwicklungen an den Oberflächen des Materials auf meine wiederholte Nachfrage hin unmissverständlich.
So nähert sich Erzählung wieder dem Faktum.
Die experimentierfreudigen Betriebe kennen diese Wirkung an der Konsistenz und am Geruch der Gülle und an guten nachbarschaftlichen Beziehungen.

Pflanzenkohle

Kohle als Wirtschaftsdüngerverbesserer

Ebenfalls unmissverständlich ist das Ergebnis beim Kohleeinsatz. Sie nimmt Stickstoff mit Abstand am energischsten in den Schwitzkasten. Mit ihr gelangt der Dünge-N am sichersten in den Boden. Noch nicht ganz geklärt ist die Frage, in welchen Zeiträumen der absorbierte N wieder am Stoffwechsel im Boden teilnimmt, und wieviel sich die Kohle behält.
Unter diesem Gesichtspunkt empfehle ich den Kohleeinsatz an sich zwar unbedingt, die Einsatzmenge aber nicht an wirtschaftlichen Interessen der Anbieter anzulehnen, sondern an den Hausverstand.
1 bis 2kg Kohle  (= 3-4 Liter Feuchtkohle) pro Kubikmeter Gülle ist so lange ausreichend, bis konkrete neue Erkenntnisse eine andere (höhere) Dosierung empfehlenswert erscheinen lassen.
Mit einem Bigbag Pflanzenkohle, der gut 2,5m3 Rauminhalt aufweist, können somit ganz grob gerechnet 400 bis 500m3 Gülle stabilisiert werden.

Der richtige Zeitpunkt, das zu tun, ist jetzt.

Markus Danner

Das könnte dich auch interessieren!

Kommentar verfassen