Die „Österreichische Lösung“ und ihre Nachwehen

Eines der arbeitsintensivsten Themen in diesem Jahr war zweifelsohne jenes der Weidevorgaben. In Zukunft soll die Weide wesentlich klarer geregelt bzw. umgesetzt werden. Aus Sicht eines Funktionärs wage ich einen Erklärungsversuch, wie es dazu gekommen ist.

Bis vor kurzem gab es in Österreich eine „klassisch österreichische“ Lösung beim Thema Weide – weder Fisch noch Fleisch! 
So war es unter Umständen möglich, komplett ohne Weide Biobetrieb zu sein. Es gibt tatsächlich Umstände, die eine Weide sehr erschweren bis unmöglich machen. Zum Beispiel große Stall-Feld Entfernungen oder stark befahrene Straßen. Das versuchen wir auch in der aktuellen Debatte stark zu lobbyieren.

Der Hund liegt aber darin begraben, dass diese „Umstände“ bis jetzt sehr, sehr dehnbar waren. So entstanden Betriebe, die nicht weideten, aber die schönste Weidefläche vor der Stalltür haben. Die betroffenen Bauern erzählen dann ganz stolz, sie hätten sich die Wiesen gegenseitig verpachtet, wodurch keiner mehr hofnahe Flächen hat und damit nicht weiden muss! 
Andere wiederum haben sich einen Ochs angeschafft, um so eine „kleinste Tierkategorie“ am Hof zu schaffen, die einsam auf der Weide steht. Aber die Weideverpflichtung war erfüllt! Die Bandbreite an „Lösungen“ für das Weideproblem war teilweise zu kreativ.

Und dieser Umstand hat letztlich dazu geführt, dass Vertreter übergeordneten Rechts (EU Bio-VO) der österreichischen Vorgangsweise die Zustimmung verwehrten. 

Es stellt sich die Frage, wie stehen Betriebe überhaupt zur Sache Biolandwirtschaft allgemein und zum Verband Bio Austria, wenn sie ihn verlassen, um fragwürdigen chinesischen Dünger zu verwenden, oder weil vor drei Jahren die Weideregeln in den Verbandsrichtlinien etwas kerniger wurden? (Die aktuelle Situation bestätigt die Richtigkeit der damaligen Entscheidung). 
Gibt es noch Biobauern, die ihr Hirnschmalz und ihre Kreativität nicht dazu verwenden, wie sie etwas umgehen können, sondern  Lösungen entwickeln? 
Doch! Es gibt sie!

Es werden Land auf, Land ab Triebwege angelegt, Löcher in Lärmschutzwände geschnitten, mit Anrainern Gespräche geführt, Tunnel und Überführungen gebaut oder einfach zum ersten Mal seit langem wieder ein Zaun aufgestellt und behutsam das Weiden (wieder)erlernt. 

Es ist mir sehr bewusst, dass diese gefühlten und realen Anforderungen im täglichen administrativen und praktischen Arbeiten kein Spaß sind. 
Der Erfolg von Bio liegt dennoch in der Transparenz und Nachvollziehbarkeit unserer Arbeit gegenüber unseren Umwelten und Kunden. Dadurch hat sich die Biolandwirtschaft immer weiterentwickelt. Nur, die Geschwindigkeit ist derzeit schneller, für viele zu schnell. Da ist baldige Entschleunigung gefragt. 

Der Verein Bio Austria (vormals ErntE) wurde begründet, um diese Herausforderungen als Gemeinschaft zu meistern. Tun wir das auch weiterhin. Wir – Funktionäre, Mitarbeiter und Berater dieses Verbandes kämpfen auf verschiedenen Ebenen für praktikable Vorgaben. 

Sebastian Herzog, Obmann BIO AUSTRIA Salzburg

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