86 % der Bevölkerung ist es wichtig, zu wissen, woher die Lebensmittel stammen, die sie kaufen.
„Regionale Lebensmittel“ – in den Köpfen der Leute entstehen Bilder von qualitativ hochwertigen Produkten, kurzen Distanzen und Bauern, die diese auf idyllischen Betrieben herstellen.
Konsumenten werden dadurch Transparenz und Sicherheit, kurze Transportwege und die Förderung der heimischen Wirtschaft vermittelt. Das ist gut und wichtig für alle Bauern in unserer Region.
Man darf jedoch eines nicht vergessen: hinterfragt man den Begriff „regional“, dann stellt man schnell fest, dass das „Woher“ nichts aussagt über das „Wie“ .
Kurze Wege und heimische Wertschöpfung sprechen natürlich für regionale Lebensmittel, es ist jedoch meist nicht definiert, wie diese Tiere gehalten werden und was sie zu fressen bekommen. Auch bei regionalem Obst oder Gemüse kann der Konsument nicht nachvollziehen, ob und welche Pestizide eingesetzt werden. Dadurch, dass es keine Richtlinien oder gesetzlichen Regelungen gibt, wann ein Produkt „regional“ genannt werden darf, entsteht großer Spielraum bei der Kennzeichnung dieser Produkte.
Bio ist gesetzlich durch die EU-Bio-Verordnung umfassend geregelt, BIO AUSTRIA zertifizierte Lebensmittel haben besonders hohe Standards und sind unabhängig kontrolliert und klar gekennzeichnet. Man weiß bei Bio-Lebensmitteln aufgrund der klaren Richtlinien und der einheitlichen Kennzeichnung, was man bekommt und welche Kriterien und Vorgaben erfüllt werden.
Hier liegt eine der Aufgaben von BIO AUSTRIA: zu informieren und deutlich zu machen, dass Bio-Produkte den höchsten Stellenwert haben müssen. Dass Bio nicht durch regional ersetzt werden kann. Es liegt auch an uns Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern, unseren Kunden zu erklären, warum regional alleine nicht ausreicht, sondern nur in Kombination mit Bio punktet.
Die Schlussfolgerung muss daher sein: Bio UND regional ist OPTIMAL!
Viel Unsicherheit begleitet uns Biobauern die letzten Monate. Wie entwickeln sich die Kosten, die Preise, die Rahmenbedingungen, die allgemeinen Aussichten?
Wie weiter mit “Bio” fragen sich viele. Die Anzahl der Salzburger Betriebe, die zum Jahreswechsel „BIO“ verlassen haben, ist nicht weit von 10% entfernt. Ist es Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken und dieser komischen Ideologie „Biolandwirtschaft“ Adieu zu sagen? Ich denke nein. Nüchtern und mit ein wenig Abstand betrachtet muss die Erkenntnis reifen – es gibt eben kein Leben ohne Krisen. Wie weit wir die aktuelle schon überwunden haben, sei dahingestellt. Letztlich werden wir aber auf sie zurückblicken und uns über viel Aufregung, die sie verursacht hat, vielleicht nur wundern.
Biobauer sein oder nicht sein – worauf kommt’s an?
Für viele ist die Entscheidung, Biobauer und -bäuerin zu sein, eine Entscheidung für’s Leben. Sie wollen „anders“, mit möglichst kleinem ökologischem Fussabdruck, die natürlichen Ressourcen nutzend, hegend und pflegend wirtschaftlich Landwirtschaft betreiben. Für Andere mag der konventionelle Milch- oder Kraftfutterpreis die Haupttriebfeder sein, die Entscheidung Für oder Wider zu treffen. Beide Seiten können ihre Sichtweise mit guten Argumenten unterlegen.
Für die Einen ist der Abgang so vieler Betriebe aus der Biolandwirtschaft eine längst fällige Bereinigung. Für die Anderen bedauerlich und schade um Jeden. Diese unterschiedlichen Perspektiven in einer Organisation unter einen Hut zu bringen, ist ganz offensichtlich kein Kinderspiel. Aber letztlich ist es auch ein Ausdruck von Toleranz gegenüber einer Meinungsvielfalt, dass wir uns nicht für eine Ansicht „entscheiden“ müssen oder sollen, nicht dem Richtig oder Falsch nacheifern, sondern sie einfach so stehen lassen und zur Kenntnis nehmen.
Erfolgreich Bio – das ist keine Preisfrage!
Die monatelange, ja beinahe unaufhörliche Auseinandersetzung um Förderprogramme, zumutbare oder unzumutbare gesetzliche Vorgaben und Verkomplizierung der Rahmenbedingungen lähmt die Motivation, sich fachlich mit der Sache auf dem Betrieb zu beschäftigen. Das ist verständlich, beinahe logisch. Wer keinen inneren Widerstand gegen manch bürokratisches Monster aufbaut, muss ein besonders cooler Typ sein.
Spätestens jetzt kommt wieder das „Miteinander“ ins Spiel. Um Rückschritte zu verhindern ist genau in dieser Situation der Blick nach Vorne ausschlaggebend. Wie führe ich meinen Biobetrieb, dass er auch in fünf oder zehn Jahren noch genauso gut oder besser funktioniert wie heute. Wie optimiere ich meine Bewirtschaftung auf den Wiesen, Weiden, auf den Äckern und in den Ställen so, dass die Arbeit unter den gegebenen Rahmenbedingungen Freude und Ertrag bringt? Um Fragen wie diese zu beantworten, haben Bauern vor bereits über 40 Jahren eine Organisation gegründet. Sie heißt heute Bio Austria und stellt Ressourcen in Form von unterschiedlichen Angeboten (Tagungen, Feldbegehungen, Exkursionen, Kurse, Seminare, Einzel- und Gruppenberatung etc. etc.) zur Verfügung. Ohne die spezifisch auf Biolandwirtschaft bezogene Beschäftigung mit den landwirtschaftlichen Grundlagen ist die Entwicklung ungewiss.
Die Methode „Biologische Landwirtschaft“ ist inzwischen durch die Arbeit Vieler und durch die Erfahrungen Vieler sehr ausgereift, aber noch lange nicht auf allen Betrieben angekommen. Gemeinsam daran weiterzuarbeiten und das Know-how auf jeden einzelnen Betrieb zu holen, ist – auf den Punkt gebracht – alternativlos. Denn BIO soll, kann und muss erfolgreich sein. Für jeden einzelnen Biobetrieb genauso wie für die gesamte Gesellschaft.
Seit etwa zehn Jahren wird im Salzburger Flachgau, dem Innviertel und der anderen Salzachseite in Bayern eine alte Landweizensorte, der „Laufener Landweizen“, wieder vermehrt und angebaut. Der Anstoß kam vom Bio Austria Betrieb Eisl aus St. Georgen und dem BioBäcker Itzlinger aus Faistenau, der für seine Gebäckspezialitäten immer für ursprüngliche, von Massenware unterscheidbare, lokale und regionale Herkunft offen war. So wurde aus einer Handvoll Körnern eine kleine Vermehrungsgrundlage für einen kleinen, dann einen größeren Acker. Inzwischen wird der Landweizen von 13 Betrieben angebaut. Die Ernte wird von zwei Mühlen und 5 Bio-Bäckern, alle Kooperationspartner von Bio Austria, in Mehle und Brote veredelt. Von Anbeginn dabei war auch das Gut Eiferding bzw. Biergut Wildshut der Stiegl Brauerei, die Landweizen anbauen, vor Ort vermälzen und in die Bio Spezialbiere integrieren.
Grenzüberschreitende Kooperation zu Beginn
Ursprünglich koordinierte die ANL in Laufen (Bayern) für die bayrischen Bauern, und Markus Danner, Bio Austria Salzburg für die österreichischen Betriebe die Nachfrage nach Saatgut einerseits, nach dem Produkt und dessen Aufbringung andererseits. Der Rückzug der ANL und die fehlende Koordination auf bayrischer Seite führte dazu, dass wir uns fortan auf die Entwicklung in Salzburg/Oberösterreich konzentrierten. Die Fäden laufen im Bio Austria Büro in Seeham zusammen, Besprechungen, Saatgutbedarf und -anbau, die Saatgutaufbereitung, Anbauflächen und Bereitstellung der Ware für die Verarbeiter werden zentral koordiniert.
Laufener Landweizen – was ist das Besondere daran?
Worin liegt die Motivation, dieses Getreide anzubauen, zu verarbeiten, zu essen? Die Lokalsorte wurde nachweislich über lange Zeit und vor langer Zeit im Rupertiwinkel, Chiemgau, Traunsteiner und Berchtesgadener Land und im Salzachtal hüben und drüben der Salzach angebaut. Im Labor wurde seinen Besonderheiten nachgespürt. Dabei ergaben sich Hinweise für eine sehr geringe allergene Wirkung. Tatsächlich reagieren diesbezüglich empfindliche Personen oftmals nicht oder kaum auf Produkte aus dieser Weizensorte. Ein entsprechender Hinweis auf den Produkten ist rechtlich natürlich nicht zulässig.
Das Getreide hat aber noch mehr zu bieten. Optisch ein Blickfang und Genuss: Gelbgrün im Schossen wie ein Gerstenfeld, reift der Weizen in ein weithin leuchtendes kupferrot ab. In Verbindung mit seiner Eigenschaft, nicht allzu stark zu bestocken, dadurch Licht zum Boden zu lassen, bilden diese Kulturen eine Mischkultur mit etlichen (z.T. selten gewordenen) blühenden Acker-Beikräutern. Sein hoher Wuchs garantiert einen meist üppigen Strohertrag. Für tierhaltende Gemischtbetriebe ist dies ein nicht unwesentlicher Zusatznutzen.
Herausforderungen beim Start
Der wiederholte Nachbau des Weizens, ohne Qualitätskontrolle sozusagen, führte dazu, dass kein gesundes, qualitativ hochwertiges Saatgut zur Verfügung stand. Jede Charge musste auf Steinbrand untersucht werden, bevor entschieden werden konnte, welche sich überhaupt eignet, als Saatgut in Frage zu kommen. Durch strenge Selektion, Fruchtfolge und professionelle Saatgutaufbereitung steht inzwischen qualitativ hochwertiges Saatgut für den Anbau zur Verfügung. Das anfängliche, nicht ganz rechtskonforme „Weitergeben“ von Betrieb zu Betrieb ist mittlerweile in eine Anerkennung und offizielle Saatgutregistrierung durch die AGES übergegangen.
Die Salzburger Biobäcker entwickelten Brotsorten, teilweise unter großen Herausforderungen, denn „alte“ Getreidesorten funktionieren anders als standardisierte, auch und vor allem in der Teigwanne. Die Lerchenmühle in Golling übernahm die Bereitstellung der Mehle für die Bäcker, gemeinsam kreierten wir eine Verpackungslinie für die Produkte. Einen „Projektplan“ hatten wir bis dahin nicht, einige Hektar wurden angebaut, ein paar Bäcker wollten das Produkt verarbeiten, ein paar Läden nahmen den Weizen in ihr Sortiment regionaler Bioprodukte auf. Soviel zur Verfügung stand, soviel wurde an den Mann/die Frau gebracht. Weitere Produzenten und die Hochmühle in Plainfeld als Verarbeiter/Vermarkter verstärkten unsere Gruppe der Landweizen-Fans, wurden verlässliche Partner und halfen dem Projekt in der Weiterentwicklung.
Wie bringt man mehrere Bauern unter einen Hut?
Die Frage, in welcher organisatorisch-rechtlichen Form so ein Projekt begonnen und betrieben wird, stellte sich natürlich gleich zu Beginn und auch gegenwärtig. Würden gerne Betriebe von außerhalb von Bio Austria mitmachen, sehen wir das als kontraproduktiv an. Denn einerseits soll es ein Bio Austria Projekt sein, das wir gemeinsam entwickeln, betreiben und bewerben, andererseits ist es nicht vermittelbar, dass angestellte und bezahlte Mitarbeiter des Bioverbandes Nicht-Mitglieder auf Dauer mitbetreuen und deren Ware integrieren. So verloren wir unterwegs den einen oder anderen, der partout nicht Familienmitglied werden wollte.
Das Projekt ist aber nach wie vor offen für zusätzliche Produzenten und natürlich auch Verarbeiter. Auf möglichste Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage wird aber sehr genau geachtet. Es wurde kein Verein, keine Genossenschaft, keine Interessens- oder Erzeugergemeinschaft gegründet. Die Produzenten werden in unregelmäßigen Abständen erinnert, ihre Ernteerwartungen, Saatgutbedarf etc. bekanntzugeben, und keine Verkäufe zu tätigen, die nicht abgesprochen sind. Dadurch konnten störende Querschüsse bislang großteils verhindert werden.
Eine Bedarfs-Abfrage bei den Verarbeitern legt den Rahmen für die Zuteilung der produzierten Menge zum Verarbeiter fest. Mit diesen Informationen im Gepäck werden die Produzenten zur Besprechung geladen. Diese findet im Sommer statt. Es wird geklärt, welche Erntemenge von wem für welchen Abnehmer mengenmäßig am besten passt und wieviel im Herbst angebaut werden soll, um keine Überschüsse auf Lager legen zu müssen, die Bedarfe aber bestmöglich zu erfüllen. Diese unkomplizierte Art der Zusammenarbeit funktioniert bislang und lässt auch noch ein gewisses Wachstum des Projekts zu, solange alle Beteiligten „das letzte Wort“ des Projektkoordinators im Bio Austria Büro akzeptieren und respektieren und Alleingänge möglichst unterlassen.
Saatgutqualität ist entscheidend
Die Erzeugung von sortenreinem Saatgut ist eine Herausforderung, die zu bewältigen Sorgfalt, sehr gute landwirtschaftliche Praxis und Verlässlichkeit erfordert. Für diese Aufgabe zeichnet der Pichlerbauer in St. Pantaleon hauptverantwortlich. Sollte die Menge nicht ausreichen bzw. Wetterkapriolen (Hagel, Unwetter..) die Ernte schädigen oder zerstören, ist sicherheitshalber der Acker eines zweiten Betriebs zur Anerkennung angemeldet. Aufgrund der ausgezeichneten Arbeit auf den Betrieben ist es gelungen, die Qualität nicht nur sicherzustellen, sondern laufend zu verbessern und auf ein hohes Niveau zu heben.
Engpässe, organisatorische Hürden
Hürden laden prinzipiell dazu ein, übersprungen zu werden. Unerwähnt dürfen sie trotzdem nicht bleiben. Ein größeres Manko im Salzburger Flachgau und Oberen Innviertel ist die kaum (mehr) vorhandene Getreide-Infrastruktur auf den Betrieben. Die Arbeitsteilung der letzten 60, 70 Jahre in Hörndlbauern im Westen und Körndlbauern im Osten hat die meisten Betriebe von Lagermöglichkeiten und Aufbereitungstechnik leergeräumt. So ist nach dem Dreschen durchaus zu hören: „Und wohin soll ich jetzt mit dem Kipper fahren, den brauch ich übermorgen für etwas anderes.“ Ein gemeinsames Lager hat auch Konsequenzen. Es ist mitunter schwer zu vermitteln, dass Getreide, welches in einen Silo zu anderer Leute Ware gekippt wird, nicht mehr dem Lieferanten „gehört“, sondern die nächsten Schritte der Qualitätssicherung und Verantwortlichkeiten erfordern. Diese Aufgabe könnten bestenfalls die Partner-Mühlen übernehmen. Aber auch die haben überschaubare Lagerkapazitäten. Vor allem für Chargen in Kleinmengen – letztlich ist dieses Projekt ein Kleinmengenprojekt – ist die Lagerungsfrage eine nur unbefriedigend beantwortete. Aus diesem Grund wird die Ernte möglichst binnen Wochen an die Verarbeiter ausgeliefert und nicht oder in nur sehr geringer Menge auf Lager produziert. Und ein Grundsatz begleitet alle Überlegungen: Wenig Kosten, viel Wertschöpfung für den Betrieb.
Ertrag, Wert und Preis
Der Ertrag liegt im Schwankungsbereich jenes von Dinkel. Zwei bis bestenfalls dreieinhalb Tonnen Hektarertrag sind, je nach Standortbedingungen und den Verhältnissen der Wachstumsperiode entsprechend zu erwarten. Der (Mehr-)Wert liegt in seinen Eigenschaften, wie oben beschrieben. Verrechnet wurden die letzten Jahre stabil und kontinuierlich € 1,1 bis 1,2 netto pro Kilo. Wurde in preisschwachen Jahren („vor Corona“) seitens der Abnehmer keine hartnäckige Preisdiskussion angezettelt, konnten sich die Produzenten in der Teuerungsphase revanchieren und ihrerseits den Verarbeitern durch unterlassene Preissteigerung eine Weiterentwicklung ermöglichen. Die Mengen stiegen in den letzten Jahren auf bescheidenem Niveau kontinuierlich. Im vergangenen Sommer ernteten wir 75 Tonnen. Der Herbstanbau lässt erwarten, bei guten Bedingungen und Wetterglück an die 100 Tonnen Erntemenge im Jahr 2024 heranschnuppern zu dürfen. Das Interesse der Verarbeiter, die Wertschöpfung und der Mehrfachnutzen des Produkts eröffnen durchaus Entwicklungsmöglichkeiten, die genutzt werden wollen.
Die Geschichte der Menschheit ist eng mit “Mutter Erde”, dem Vorhandensein fruchtbaren Bodens verknüpft. Bodenverlust ist beinahe zwingend mit Verlust menschlicher Lebensgrundlage verbunden.
Mesopotamien, das Zwischenstromland – die Wiege der Zivilisation. So lernen wir es als Kinder seit Generationen. Aktuelle Bildberichte aus den kriegsgebeutelten einstigen Paradiesen werfen die Frage auf, wohin die vermeintliche Fruchtbarkeit des Landes denn verschwunden ist und wie das geschehen konnte?
Die Babylonier sind gescheitert, ebenso die Griechen und die Römer, die Wikinger, jüngst die Bewohner der Sahel-Zone und viele andere mehr. Sie alle konnten nicht verhindern, dass sie den Boden unter den Füßen verloren.
Bodenerosion erfolgt spektakulär und dramatisch, wie die „Dust-bowl“ in den USA in den 30er Jahren, Staubstürme, die Millionen Tonnen Erde des mittleren Westens über die Ostküste in den Atlantik verfrachteten. Oder ein kleinerer Staubsturm vor wenigen Jahren in Norddeutschland, der den Verkehr auf Autobahnen lahmlegte.
Wir erkennen sie auch an scheinbar schicksalhaften Muren und Erdrutschen. Meist aber passiert Bodenerosion schleichend. Immer dann nämlich, wenn der Bodenverlust der Fläche ein wenig größer ist als die Bodenneubildung im selben Zeitraum. Generationen übergreifend wird das oft nicht wahrgenommen, doch irgendwann, einige Generationen später muss die Bewirtschaftung des seinerzeit fruchtbaren Landes aufgegeben werden, weil der Oberboden abgetragen oder bereits bis auf den Untergrund erodiert ist. So geschehen in weiten Teilen des Mittelmeerraumes und Nahen Ostens und vielen weiteren Teilen der Welt.
„Wir müssen die Erträge auf unseren Feldern massiv steigern, um die wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können!“ Das ist die Rhetorik jener, die sich davon gute Geschäfte versprechen. Und es sind nicht selten dieselben Kräfte, die weltweit für Bodendegradation verantwortlich sind. Der weltweite Bodenverlust, der durch kurzfristige Profiterwartung, Armut, korrupte Regime, Gier, Unbildung und Dummheit verursacht wird, ist atemberaubend, um nicht zu sagen apokalyptisch.
Die Frage, wie im Jahr xy soundsoviel Milliarden zusätzlicher Menschen ernährt werden sollen, stellt sich eigentlich überhaupt nicht, denn es wird nicht möglich sein, geht die Zerstörung unserer Lebensgrundlage auch nur annähernd im derzeitigen Tempo weiter. Wir werden mit Ertragssteigerungen die Verluste nicht wettmachen.
Seit 1945 (seit knapp 80 Jahren!!) sind weltweit 1,2 Milliarden Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche verlorengegangen, das entspricht einer Fläche von China und Indien zusammen (Montgomery, 2007).
„Investoren“ empfehlen auf einer Konferenz in London (siehe Dok-Film „Landraub“ von Kurt Langbein), in Afrika zu investieren, das sei der Ort, an dem noch Land verfügbar und die Profitaussichten rosig. Welch gefährliche Drohung! – gegenüber der ganzen Menschheit. Aber nur wenige empfinden und erkennen das als Drohung. Die Konditionierung und Abstumpfung der Wohlstandsgesellschaft bezüglich raubtierkapitalistischer Rhetorik scheint tadellos funktioniert zu haben.
Was geht uns das an?
Europa schwelgt seit langem im Überfluss, dessen Grundlage – auf neudeutsch – „outgesourced“ ist. 20 Mio Hektar Ackerland beanspruchen wir Europäer in Übersee. Wie dann jemand auf die Idee kommen kann, mit den Erträgnissen jener Flächen in Europa Tiere zu mästen, um sie wieder um den halben Erdball zu verschicken. Das als Zukunftsmarkt zu propagieren, ist nur sehr schwer nachvollziehbar. Aber immer noch gesellschaftsfähig.
Mit diesem Wirtschaftsverhalten machen auch wir uns schuldig an der fortschreitenden Verkürzung des Astes, auf dem wir sitzen. Wir – das sind jene, die massenweise Hendl um 3,90 das Stück fressen, aber auch jene, die den Chinesen Schweinefleisch “Made in Austria” aufs Auge drücken wollen. Wenn unsere Landwirtschaft in Schwierigkeiten gerät, weil der russische Markt aus politischen Gründen wegfällt, könnte das Problem nicht vorrangig in unserem System begründet sein, und weniger an der Geopolitik?
Auch Österreichs Mutter Erde erodiert
Erosion und Bodenverlust ist aber nicht nur eine Sache von fernen Landen. Auch im Osten Österreichs rücken hie und da Schneeräumgeräte aus, um Straßen und Wege befahrbar zu machen. Aber nicht nach Schneefällen – nach Bodenverfrachtungen!
Viele Hänge werden unter den Pflug genommen und unzureichend gegen Bodenabtrag geschützt. Der Biogasboom hat ein Gerangel um Maisflächen ausgelöst, der die Böden Jahr für Jahr mehr unter Druck bringt, und das in mehrfacher Hinsicht. Die Agrochemikalien tun das Ihrige. Nur ein Millimeter Boden durch Wind oder Wasser abgetragen bedeutet auf ein Hektar gerechnet 15 Tonnen Feinbodenverlust. Auf ungeschütztem Boden reichen dafür ein paar Stunden scharfe Brise. Die Neubildung derselben Bodenschicht benötigt ca. 20 Jahre.
Mutter Erde ist im Begriff, unter unseren Füßen verloren zu gehen. Als Ausweg aus der Misere nennen jene, die sich mit der Problematik des weltweiten Bodenverlustes beschäftigen, nicht die grüne Gentechnik, nicht die Intensivierung der Techno-Agrikultur, nicht die Forcierung der großen Einheiten. Sie empfehlen biologische Bewirtschaftung und kleine Einheiten in Privatbesitz. Die Geschichte hat auch gelehrt, dass die kleinen Einheiten – die Familienbetriebe – Garant für die beste Obsorge für den Boden waren. Der rumänische Traktorfahrer wird beim besten Willen nicht den Bezug zur Scholle auf dem brandenburgischen oder niederösterreichischen 2000 Hektar Betrieb herstellen können, wie der Jungbauer auf seinem Erbhof in 12. Generation. Gesamtheitlich betrachtet sind kleine Einheiten die effizientesten. Es fehlt also weder an Gründen noch an tiefem Sinn, Familienbetriebe weiterzuführen, kleine Einheiten zu erhalten, und der nachfolgenden Generation den Wert, Mutter Erde zu bewirtschaften, wieder näherzubringen.
Das gelingt nicht mit Vor-Jammern, sondern mit Vor-Leben. Im täglichen Tun und Handeln genauso wie im Unterlassen, im Vermitteln von Respekt und Ehrfurcht gegenüber der ständig mit Füßen getretenen Haut der Erde. Das kann auch gelingen durch die bewusstere Wahrnehmung des Geschenks der Jahr für Jahr heranwachsenden Kulturen. Dann nähern wir uns wieder der sprichwörtlichen bäuerlichenKultur. Sie, die bäuerliche Kultur, hat die Zivilisationen prosperieren lassen. Wo sie versagt hat, sind auch die größten Völker wieder untergegangen. Letztlich kann nur sie den menschlichen Fortbestand sichern – indem sie kompromisslos den Boden unter unseren Füßen schützt und verteidigt.
Die Thematik des europa- und weltweiten Artenschwundes ist in der öffentlichen Diskussion omnipräsent und zeigt sich deutlich und zunehmend in politischen Handlungsfeldern. Künftig wird damit zu rechnen sein, dass sich die Gesetzgebung mehr um die Verträglichkeit menschlichen Handelns und Wirtschaftens Gedanken macht.
Der Hauptzweck landwirtschaftlich genutzter Graslandschaften liegt in der Futtergewinnung, hauptsächlich für Wiederkäuer. Mit den gestiegenen Ansprüchen an die Leistung von Wiederkäuern stieg auch die Notwendigkeit, hochverdauliches Grundfutter zu produzieren. Die „Schlagzahl“ auf der Wiese erhöhte sich. Das ist wohl der gravierendste Umstand, der zur massiven Veränderung des ursprünglichen Pflanzenbestandes führt und den Lebensraum Wiese für viele tierische Bewohner ungemütlicher und unattraktiver macht. Solange wir hochleistende Tiere füttern, wollen und können wir zum flächendeckenden Sonnwend-„Altheu“ nicht zurück.
Alle Überlegungen, den vielerorts verdrängten Arten trotzdem ein Leben, Überleben und Vermehren zu ermöglichen, zielen darauf ab, ein möglichst vielfältiges Landschaftsmosaik entstehen zu lassen. Die Inseln aus Altbeständen, Blühflächen, Ruhezonen und sonstigen kleinen „Schlampereien“ sollen Pflanzen und Tieren den Lebensraum bereitstellen, den sie in den Intensivwiesen eben nicht mehr vorfinden. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch die Regelung im ÖPUL verstanden werden, dass Feldstücken, die größer als 5 Hektar sind, eine Biodiversitätsfläche von mindestens 15 Ar zugeteilt werden muss.
Intensivwiesen sind nicht ganz „außen vor“
Intensiv genutzte, 4-5 schnittige Wiesen sind in ihrer Relevanz bezüglich der Artenvielfalt bescheiden. Eine durchaus bedeutsame, im Biodiversitätsrechner von BIO AUSTRIAauch honorierte Maßnahme ist der Verzicht auf Mähaufbereiter. Insekten (Bienen), die sich etwa auf Weißklee- oder Löwenzahnblüten gütlich tun, überleben eine Mahd oft, den Mähaufbereiter hingegen selten. Der Futterqualität zuträglich ist die Mahd nach Abtrocknen des Taus. Dann beginnt aber der Insektenflug und Blütenbesuch. Diesbezüglich ist die sehr frühe Mahd vorteilhaft. Mähen vor oder nach Abtrocknen des Mähguts ist aber ohnehin eine eher akademische Frage, denn auf wieviel Betrieben ist in einem Zeitfenster von wenigen Stunden die Mäharbeit getan und die Möglichkeit gegeben, sie vor oder nach dem Frühstück zu erledigen?
Bis zu drei Nutzungen – da wird’s bunter
Multikulturell besser aufgestellt sind Wiesen, Schläge oder Teilflächen von Wiesen, die weniger als vier Nutzungen dienen.
Von Tallagen bis zu mittleren Höhenlagen von 800 bis 900m Seehöhe lassen inzwischen sogar Dreischnittwiesen Nutzungsfenster von 8 bis 9 Wochen zu. In diesen Ruhezeiten können Vögel eine Brut aufziehen, einige Kräuter und Gräser zur Samenreife gelangen. Hier beginnt sich ein Insekten-Allerlei einzufinden.
Die Leguminosenvielfalt steigt in diesen Flächen deutlich an und steigert die Attraktivität in mehrfacher Hinsicht. Sie helfen, Dünger zu sparen, sie blühen lange und verschiedenfarbig, und sie zeigen eine deutlich höhere Nutzungselastizität. Soll heißen: Das Futter hat trotz älterem Bestand eine vernünftige Wertigkeit. Biobäuerinnen und Biobauern, die solche Wiesen bewusst wahrnehmen, die Nutzung und Pflege auf die schon hohe Vielfalt anpassen, haben meist eine große Freude damit. Da wird das Pflücken eines Muttertags- und Vatertagsstraußes wieder selbstverständlich.
Ein- und Zweischnittwiesen, die Klassiker der Biodiversitätsflächen
Mager oder feucht. Zweinutzige Wiesen sind häufig seichtgründige, sonnseitige, eher trockene Magerwiesen. Ihnen bescheinigen Biologen und Botaniker einen besonders hohen Wert im Sinne der Artenvielfalt. Diese Flächen zu belassen wie sie sind, bzw. wieder so zu lassen wie sie von Natur aus wären, ist wirtschaftlich kein Verlust. Hier Dünger zu investieren, setzt sich kaum in Ertrag um, der Verlust von Artenvielfalt ist hingegen beträchtlich. An anderer Stelle ist Mist oder Gülle deutlich besser angelegt. So können Mager-Wiesen dieser Art mit Stolz als Biodiversitäts-Hotspots präsentiert werden.
Feuchtwiesen, die als sogenannte „WF“ Flächen mit sehr später Schnittzeitauflage versehen sind, liefern ohnehin nur Einstreu, bestenfalls Pferdeheu. Welches übrigens den Einhufern sehr zuträglich ist. Pferde mögen Magerheu nicht nur gern, es verhindert Hufrehe, Sehnenschwäche und schlechte Zähne. Feuchtwiesen sind aufgrund ihrer langen, ungestörten Aufwuchszeiten und der temporären oder dauerhaften Vernässung ein Paradies für Amphibien, Insektenarten und auch ins Hintertreffen geratene Pflanzen wie dem Knabenkraut oder Pfeifengräsern.
Reduziert genutzte Ecken, Streifen, Raine
Die zuletzt beschriebenen Flächen müssen keine ganzen Feldstücke sein. Im Sinne der eingangs erwähnten Landschaftsmosaik-Bildung sind besonders auch kleinflächige Strukturen wichtig, um die Vernetzung und Brückenbildung in der Landschaft herzustellen. Viele Arten sind nicht besonders mobil, brauchen beim Wandern zwecks genetischen Austauschs auf kurze Strecken Zwischenstationen. Blüh- oder Altgrasstreifen, an Zäunen, Hecken, Gewässerläufen oder Wegen angelegt oder einfach stehengelassen, leisten hier wichtige Funktionen und verursachen keinen Arbeitsaufwand.
Altgras überjährig stehen zu lassen, ist nicht besonders beliebt. Wir sind zur Ordnung erzogen worden. Nichts desto trotz kann es sich anbieten, einen Graben, eine Mulde, einen „Spitz“ zwischen Weg und Nachbargrundstück nicht auszumähen (ab. 15. August bei ÖPUL-DIV), und so über den Winter bis ins Frühjahr hinein mit Stengeln, Stauden, Wind- und Wetterschutz ein Überwinterungshabitat für viele Insektenarten bereitzustellen.
Dies sind Flächen, die als ÖPUL Biodiversitätsauflage der Variante C gelten, im Folgejahr automatisch Variante A, weil sie dann noch bis zum 2. Schnitt vergleichbarer ortsüblicher Flächen stehenbleiben.
Pufferstreifen
Eine Auflage in der „erweiterten Konditionalität“, die Bestimmung GLÖZ 4 (ich bitte um Nachsicht, diese Begrifflichkeiten entstammen nicht meiner Kreativität!) sieht Pufferstreifen entlang von Gewässern vor. Auf mindestens 3 Meter Breite, bei belasteten Gewässern („Zielverfehlung“ lt. Gewässerwirtschaftsplan) 5 Meter, bei stehenden Gewässern 10 Meter dürfen keine Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen erfolgen. So bietet sich ein solcher Streifen ohnehin an, als Biodiversitätsfläche mit den entsprechenden Nutzungsfenstern bewirtschaftet zu werden. Als Grenzflächen unterschiedlicher Landschaftsstrukturen (Gewässer – Wiese) werden sie zu Begegnungszonen und Jagdrevieren erster Güte!
Hecken
Sträucher und niederwüchsige Gehölzstrukturen gehören in vielen Regionen zum Landschaftsbild. Viele sind aber auch verschwunden. Die Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Erhebung von Landschaftselementen, deren dauerhafte Unter-Schutz-Stellung hat nicht selten zum unerwünschten Effekt geführt, dass sie entfernt wurden, bevor der Schutzstatus schlagend wurde. Diesbezüglich hat auch der Fördergeber dazugelernt, „Landschaftselemente“ sind nun jährlich variabel zur Förderung beantragbar. So bleibt zu hoffen, dass eine „Renaissance des Interesses“ an diesen vielseitigen und äußerst wertvollen Landschaftsgestaltern und Lebensräumen eingeleitet wird.
Welchen Zweck kann eine Hecke in einer Graslandschaft erfüllen?
So spricht man heute gerne und zurecht von „Mehrnutzungshecken“. Diesen Mehrnutzen gilt es zu entdecken.
Nichtflächige Landschaftsstrukturen
Landschaft wird durch ganz Offensichtliches geprägt wie Wald und Wiese, Hofstellen, Siedlungen, Wasserläufe, Teiche und Seen, Baumgruppen und mächtige Solitärbäume. Kleine Strukturen sind oft unscheinbar und nur auf den zweiten Blick sichtbar. Sie sind dennoch für viele Organismen unverzichtbar.
Lesesteinhaufen, Altholz(-haufen) für Eidechsen, Blindschleichen, Holzläger, Kleingewässer oder Entwässerungsgräben mit flachen Böschungen, sonnenexponierte unbewachsene Erde, (für Wildbienen), schlammige Wasserlachen auf Feldwegen oder Hofstellen (Nistmaterial für Schwalben), ein paar Disteln oder Brennnesselgruppen und vieles dergleichen soll Platz haben dürfen, um die Vielfalt, die auf diese „Unordentlichkeiten“ angewiesen ist, zu ermöglichen. Das alles berührt nicht unser Zeit- oder Geldbudget. Das macht keine Arbeit. Es ist eine Frage der Einstellung, ob wir das zulassen oder nicht.
Biodiversitätsleistungen objektiv bewerten
Der Biodiversitätsrechner von BIO AUSTRIA bzw. der Bericht, den jeder Betrieb mit diesem Werkzeug ausgewiesen bekommt, ist sozusagen die Quittung, der Nachweis für alles, was auf dem Bio-Grünlandbetrieb (wie auch auf dem Ackerbaubetrieb) an Maßnahmen aktiv umgesetzt oder an ordentlichen und „unordentlichen“ Strukturen zugelassen wurde.
Nach zahlreichen Erhebungen mit dem Rechner kann zusammenfassend festgestellt werden, dass der allergrößte Teil der BIO AUSTRIA Grünlandbetriebe die geforderte Mindestschwelle von 200 Punkten übertrifft. Das bestätigt auch den Ansatz, die Biodiversitätsleistungen der BIO AUSTRIABetriebe zu erfassen und darstellen zu wollen, nicht mit zusätzlichen „Auflagen“ das Leben zu erschweren.
Für Betriebe, die auf einheitlichen Bodenqualitäten in Gunstlagen wirtschaften und in den letzten Jahren die gesamte Grünlandfläche homogen als Vielschnittwiese genutzt haben, ist es natürlich eine Herausforderung, sich die eine oder andere Maßnahme zu überlegen und umzusetzen, um dem Standard zu entsprechen. Allein, die Maßnahmen für die Biodiversitäts-Auflagen des neuen ÖPUL Programms, kombiniert mit dem verstärkten Weideangebot auf Biobetrieben lässt auch die intensiver wirtschaftenden Betriebe der Gunstlagen in Sichtweite der Punkteschwelle kommen. Die ggf. noch fehlenden Maßnahmen umzusetzen soll kein Ärgernis und kein Hindernis für Biobäuerinnen und Biobauern sein, sondern eine Bereicherung für jeden Betrieb
Dürfen weiterhin konventionelle Tiere zugekauft werden? Ja. Allerdings unter verschärften Auflagen. Für konventionelle Tierzukäufe muss ab sofort eine behördliche Genehmigung eingeholt werden. In Salzburg ist dafür die Veterinärdirektion zuständig, die Antragstellung erfolgt über das bereits durch die Anträge für Eingriffe bekannte VIS-System.
Nur für Zukäufe von konventionellen Tieren gefährdeter Rassen braucht es keine Genehmigung. Dies gilt für alle Rassen laut Liste für die ÖPUL-Maßnahme „Erhaltung gefährdeter Nutztierrassen“.
Welche Vorrausetzungen sind für eine erfolgreiche Genehmigung zu erfüllen?
Für eine Genehmigung muss nachgewiesen werden, dass keine passenden Bio-Tiere in näherer Umgebung verfügbar sind. Für diese Zwecke wurden Bio-Tierdatenbanken eingerichtet, über welche eine Nichtverfügbarkeit nachgewiesen werden kann.
Auf diesen Plattformen können Bio-Landwirte kostenlos Bio-Tiere zum Verkauf anbieten.
Wie ist der Ablauf für Käufer?
Als Käufer kann ich die Bio-Tierdatenbank nach passenden Bio-Tieren durchsuchen. Ist die Suche erfolglos, kann direkt aus der Tierdatenbank ein „Nachweis über die Nichtverfügbarkeit von Bio-Tieren“ heruntergeladen werden. Mit diesem Nachweis kann dann innerhalb von fünf Tagen im VIS eine Genehmigung für konventionellen Tierzukauf erstellt werden.
BIO-Tiere, die auf anderen Plattformen oder auf anderen Wegen angeboten werden, haben keine Relevanz! (dürfen und sollten aber selbstverständlich gekauft werden)
Was wenn Bio-Tiere vorhanden sind, diese aber nicht den gesetzten Erwartungen entsprechen?
Eine Genehmigung für konventionellen Tierzukauf kann auch erfolgen, wenn keine qualitativ passenden Bio-Tiere vorhanden sind. Qualitative Merkmale sind etwa Hornstatus, Laufstall/Kombinationshaltung, Leistungsmerkmale, Alpung oder Impfstatus. Weiters spielt auch die Entfernung der angebotenen Bio-Tiere eine Rolle. Tiere die unzumutbar weit entfernt (>65 km)* oder die zu einem unzumutbaren Preis zugestellt werden würden, stellen einen Grund für eine Nichtverfügbarkeit dar. *gilt nicht für Schweine
Wie ist der Ablauf im VIS-System?
Im VIS-System kann jeder Landwirt selbstständig für seinen Betrieb einen Antrag auf Genehmigung eines konventionellen Tierzukaufs stellen. Dafür müssen auch die passenden Nachweise über die Nichtverfügbarkeit von Bio-Tieren hochgeladen werden. Nach erfolgter Antragstellung kann ein konventioneller Tierzukauf erfolgen. Die Veterinärdirektionen sendet nach erfolgter Antragstellung einen Bescheid zu, dieser wird bei der jährlichen Bio-Kontrolle auf seine Rechtmäßigkeit geprüft.
Welche Tiere dürfen konventionell zugekauft werden? Grundsätzlich ist nur der Zukauf von konventionellen Zuchttieren möglich.
Erwachsene* männliche Tiere zur Bestandesergänzung in unbegrenzter Anzahl
Weibliche nullipare** Tiere zur Bestandesergänzung im Ausmaß von jährlich 10% (Rindern) bzw. 20 % (Schaf, Ziege Schwein). Als Berechnungsgrundlage dient der Bestand an erwachsenen* Tieren am Betrieb.
*„Erwachsen“ bedeutet bei Rindern ein Mindestalter von 12 Monaten und bei Schaf, Ziege und Schwein ein Mindestalter von 6 Monaten.
**“ Nullipar„ bedeutet, dass ein Tier noch nicht abgekalbt, gelammt, gekitzt oder geworfen hat.
Bei einer erheblichen Ausweitung des Bestandes, bei einer Umstellung auf eine neue Rasse oder beim Aufbau eines neuen Zweiges der Tierproduktion, gibt es Abweichungen von den oben genannten Regeln. In diesen Fällen ist eine frühzeitige Inanspruchnahme von Beratung unbedingt zu empfehlen!
Bei einer Versteigerung sind alle Bio-Tiere bereits verkauft. Kann in diesem Fall ein konventionelles Tier gekauft werden?
In Zukunft sollen alle auf Versteigerungen angebotenen Bio-Tiere in den Bio-Tierdatenbanken aufscheinen. Es empfiehlt sich im Vorhinein der Versteigerung eine Verfügbarkeitsabfrage in der Tierdatenbank zu stellen. Sollten dann auf der Versteigerung keine Tiere mehr verfügbar sein, so kann der Zuchtverband vor Ort eine formlose Bestätigung darüber ausstellen. In diesem Fall kann ein passendes konventionelles Tier zugekauft werden. Der Antrag auf konventionellen Tierzukauf muss dann ehestens im Anschluss an die Versteigerung gestellt werden, der Nachweis über die Nichtverfügbarkeit ist beizulegen.
Wie sieht es beim Geflügelzukauf aus?
Mastküken, Legehennen und 4 – 6 wöchige Puten sind ohnehin biologisch erhältlich, ein Antrag ist in der Regel nur für Gänse- u. Entenküken notwendig, weil es hier keine Bio-Muttertierherden gibt. Voraufzüchter (zB. von Puten), für die nur konventionelle Küken zur Verfügung stehen, müssen einen jährlichen VIS-Antrag stellen. Statt einer Online-Tierdatenbank gibt es für Geflügel ein Verzeichnis über die Verfügbarkeit biologischer Küken, das jährlich aktualisiert wird.
Wer kann bei Unklarheiten helfen? Oder gibt’s jemanden der diese Anträge machen kann?
Hilfe bieten die VIS-Servicestellen. In Salzburg sind dies die Landwirtschaftskammer und BIO AUSTRIA Salzburg. Allen Verbandsmitgliedern bieten wir exklusiv an, die Erstellung der diversen Ausnahmegenehmigungen im VIS zu übernehmen! Anruf genügt: 0676 842 214 392 Für BIO AUSTRIA Mitglieder der Salzburger Bio-Weidegans-Gruppe übernimmt BIO AUSTRIA die jährliche Antragstellung im VIS.
Zusätzliche Informationen sind im Bio-Austria Beratungsblatt „Tierzukauf am Biobetrieb“ zu finden.
Neue Insektenstudie muss richtig interpretiert werden
Eine neue Insektenstudie wurde in den vergangenen Tagen sehr optimistisch gedeutet. Ein differenzierter Blick lohnt sich jedoch. Insgesamt blieben Anzahl und Population stabil, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig bei der Präsentation der Ergebnisse einer neuen Insektenstudie vor kurzem. Wertvolle Daten zu unterschiedlichen Insektengruppen wurden bei der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in Auftrag gegebenen Studie erhoben. Die Ergebnisse wurden von Minister und Presse sehr optimistisch gedeutet. Ein genauerer Blick auf die Daten ist jedoch empfehlenswert.
Es ist fachlich kritisch, Aussagen aus nur zwei (oder nur sehr wenigen) Beobachtungsjahren als Grundlage zu verwenden um daraus generelle Trends über die Artenvielfalt abzuleiten. Die Studie zeigt, dass die Schwankungen zwischen den Artengruppen sehr unterschiedlich sind – mit Zunahmen, Abnahmen und deutlichen Unterschieden zwischen den Flächen und Regionen. Ein genereller Trend oder gar die Aussage, dass die Insektenvielfalt für Österreich über die vergangenen 30 Jahre hinweg konstant geblieben sei, kann mit diesen Daten nicht belegt werden.
Die Studie zeigt vielmehr deutlich, dass durch den Klimawandel wärmeliebende Arten zunehmen und kälteliebende Arten verschwinden, was zum Teil zu gleichbleibenden Gesamtartenzahlen führt. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche österreichische Alpenendemiten langfristig aussterben werden. Effekte, die von der Klimaerw.rmung hervorgerufen werden, sollten jedoch nicht den Effekten der Landnutzung gegenübergestellt werden – oder sogar zur Aussage führen, dass die Ver.nderung der Insektenvielfalt ma.geblich durch den Klimawandel verursacht wird und nicht durch die Landnutzungsintensivierung. Bereits vor einigen Jahrzehnten ist nachweislich für Teile von Österreich ein Großteil der ursprünglichen Insektenvielfalt durch Flurbereinigung und landwirtschaftliche Intensivierung verschwunden und war zu den Erstaufnahmen dieser Studie schon gar nicht mehr vorhanden.
Um Aussagen zu Trends des Insektensterbens treffen zu können, müssten Beobachtungen deutlich weiter zurückreichen, bis in die 1950er oder noch früher. Auch eine genaue Betrachtung der ökologischen Sensibilität von Arten wäre essenziell. Es zeigt sich, dass vor allem Generalisten, also eher anspruchslose Arten, auf dem Vormarsch sind. Langfristig führt das zur Vereinheitlichung der Artenvielfalt und einem Biodiversitätsverlust.
Die Studie ist nicht das Problem, sondern die in der Öffentlichkeit kommunizierte Interpretation dieser Arbeit. Es wäre wünschenswert, wenn für Österreich möglichst rasch ein standardisiertes und flächendeckendes Insektenmonitoring etabliert wird, um den Zustand und die Entwicklung von Biodiversität und der Landschaft objektiv bewerten zu können.
Jan C. Habel, Uniprofessor für Zoologische Evolutionsbiologie an der Uni Salzburg. Er forscht etwa zu Themen der globalen Biodiversitätskrise.
Grundsätzlich bekennen wir uns zum Grundsatz, Tierhaltung in der biologischen Landwirtschaft so tiergerecht und „naturnah“ wie möglich zu gestalten. Das schließt das prinzipielle Bekenntnis zur Weidehaltung mit ein, selbstverständlich im Einklang mit arbeits- und ertragswirtschaftlichen Erfordernissen und Möglichkeiten. Die Intention von BIO AUSTRIA war niemals eine „Ohne Rücksicht auf Verluste“ -Strategie, im Gegenteil. Der Verband hat sich in unzähligen Verhandlungsrunden intensiv für eine flexible Umsetzung eingesetzt. Mehr als die aktuell gültige Regelung war bislang nicht zu erreichen. Aber: Hartnäckige Gerüchte erschweren die Sache in unnötiger Weise. So hält sich in manchen Regionen die verbreitete Meinung, beginnend mit 1. April wären 180 oder gar 210 Weidetage erforderlich. Sowohl Termin als auch Weidetage sind aus der Luft gegriffen, werden nichts desto trotz eifrig weitererzählt.
Fakt bleibt: Weide ja, wenn Gras zum Fressen auf den Weiden steht und der Boden durch Beweidung keinen Schaden nimmt (Nässe).
Der Wolf und andere große Beutegreifer
Seit der beginnenden Wiederkehr des Wolfes hat der Vorstand von BIO AUSTRIA Salzburg dazu eine unmissverständliche Haltung. In der Mitgliederaussendung vom August dieses Jahres haben wir uns wieder in aller Klarheit positioniert:
Wir sehen die traditionelle Grünlandwirtschaft durch die Wiederkehr des Wolfes im subalpinen und alpinen Raum als im höchsten Maße gefährdet an. Wir setzen uns nicht für (illusorische) Herdenschutzmaßnahmen, sondern ganz klar für ein wirksames Jagd-Regime ein, um die Gegenwart des Wolfes nicht zu einer flächendeckenden und allgegenwärtigen Gefahr werden zu lassen. Initiativen und Bemühungen, die auf diesbezüglich erforderliche Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen abzielen, können mit unserer vollen Unterstützung rechnen.
Nichts desto trotz wollen und werden wir aber eine Gesprächsbasis zu allen Organisationen der Zivilgesellschaft aufrechterhalten, die darauf Wert legen. Es war immer eine Stärke des Biobauernvereins, akzeptierter Gesprächspartner auf verschiedenen Ebenen zu sein. Wir sollten trotz unterschiedlicher Positionen nicht als Gegner wahrgenommen werden, aber klare Kante bezüglich unserer Interessen zeigen. Das tun wir.
Mit Schwung gemeinsam vorwärts oder Einzelkämpfertum
Alle Kanäle aufzuzählen, in denen BIO AUSTRIA Einfluss nimmt, lobbyiert, Forderungen platziert und mitarbeitet, würde hier den Rahmen sprengen. Wichtige Arbeitsbereiche bleiben für den Einzelnen meist unsichtbar und stellen oft die Frage in den Raum, „was habe ich von BIO AUSTRIA?“
Lüften wir den Vorhang und stellen ein paar Aufgaben exemplarisch vor: Jahrelang wurde an der seit diesem Jahr gültigen EU Bio-Verordnung gearbeitet und gefeilscht. Die ursprünglichen Fassungen waren reines Konsumenteninteresse und von praktischer bäuerlicher Arbeit weit entfernt. Ausdauer und zähes Ringen mit nationalen und europäischen Partnern sind dann die Voraussetzung für ein erträgliches Verhandlungs-Endergebnis.
Auf nationaler Ebene wird „sozialpartnerschaftlich“ um die Umsetzung der rechtlichen Grundlagen gerungen. Je stärker der Biobauernverband in diesem Ringen ist, desto größer wiederum die Erfolgschance, von nackter Theorie in umsetzbare Praxis zu kommen.
Als einzelner Biobetrieb ist die Einflussnahme überschaubar bis nicht gegeben, als starker Verband schreiben wir an der Geschichte als hartnäckiger Verhandlungspartner mit. Es ist für jeden von uns nicht zufriedenstellend und bedauerlich, oft nur das Schlimmste verhindern statt die eigenen Vorstellungen einbringen zu können. Interessen vertreten ist oft mühsam und braucht letztlich auch Kompromissbereitschaft.
Die biologische Landwirtschaft unterliegt auch fachlich ständiger Weiterentwicklung. Auch auf dem Biobetrieb müssen die Kulturen auf den Feldern funktionieren. Ackerbau, Grünlandwirtschaft, Tierhaltung unterschiedlichster Gattungen, Verarbeitung und Vermarktung liefern uns ständig neue Herausforderungen, die wir mit unseren Betrieben in Zusammenarbeit mit Raumberg-Gumpenstein, der BOKU, der LK und anderen wichtigen Partnern annehmen und Lösungen erarbeiten.
Der BIO AUSTRIA Betrieb holt sich diese „Fort-Schritte“ letztlich in Form der angebotenen Einzel-Beratung und den zahlreichen Publikationen, Veranstaltungen, Fachtagungen und Lehrgängen, die wir anbieten, zu sich in seine Arbeitswelt und profitiert davon auf verschiedenen Ebenen.
BIO AUSTRIA in der Öffentlichkeit
Völlig unterschätzt wird die langjährige Präsenz der Biobauernorganisation in der Öffentlichkeit. Sympathische Auftritte von Biobäuerinnen und Biobauern in Medien und bei öffentlichen Anlässen aller Art, mit ihren vielfältigen Betrieben und ihrer nachhaltigen Wirtschaftsweise, dringen ins Bewusstsein der Gesellschaft.
Bio kann sich sehen lassen. Bio wird geschätzt. Wohl auch und gerade deshalb, weil Bio – anders als „regional“ für sich allein – ein klar definierter Standard ist.
Diesen Platz in der Gesellschaft haben sich die Biobäuerinnen/-bauern in langen Jahren mit und als Teil ihrer Organisation erarbeitet. Im gesamten ländlichen Raum in Österreich, von Bregenz oder Neusiedl bis zur Hochalm in den Tauern begegnet uns das Sonnengelb der BIO AUSTRIA Betriebe. Beinahe fahrlässig wäre, dieses enorme Potenzial aufs Spiel zu setzen. Wer ja sagt zu seiner Bio-Landwirtschaft, wer ja sagt zu einer Zukunft mit seiner Bio-Landwirtschaft, sagt aus allen diesen Umständen heraus auch „Ja, da bin ich dabei!“
Das neue ÖPUL
Über das kommende Umweltprogramm ist in den letzten Wochen seitens der BBK’s umfassend informiert und kommuniziert worden. Die geltenden Fakten wollen hier nicht wiederholt werden.
Kritik an der Rolle von BIO AUSTRIA im Zusammenhang mit der Bio-Maßnahme muss dennoch entgegengehalten werden: Ein Bioverband tritt für seine Mitglieder ein, und für die Sache an sich. Somit ist klar, Bio muss im österreichischen Umweltprogramm den Stellenwert einer eigenen Maßnahme haben – was sonst? Die Umstellungszeit zur Anerkennung und Zertifizierung beträgt zwei Jahre. Somit kann auch die Entscheidung für oder wider Bio keine Husch-Husch Entscheidung sein. Habe ich die Entscheidung dafür getroffen, bin ich Biobetrieb. Natürlich gibt es im Einzelfall Umstände, die einen Ausstieg erzwingen können. Wir empfehlen im Zweifel dennoch nicht, auf die Bio-Maßnahme im ÖPUL zu verzichten.
BIO AUSTRIA wird sich weiterhin stark für die Praxistauglichkeit der strittigen Anforderungen und Vorgaben einsetzen!
Die letzten Jahre boten Phasen, in denen die Entscheidung, Biobauer zu sein, zu bleiben oder zu werden leichter war als in den aktuellen Wochen und Monaten. Die Kugel rollte schon ruhiger. Dennoch gilt: Unterm Strich gibt’s keine wirkliche Alternative.
Biologische Landwirtschaft in Österreich
In über 40 Jahren wurde die heutige Akzeptanz und Relevanz in der Landwirtschaft, Gesellschaft und auf dem Lebensmittelmarkt erarbeitet. Der Stellenwert, den die Biolandwirtschaft in Österreich erreicht hat, ist das Ergebnis langjähriger hartnäckiger Arbeit mit Rückschlägen und Erfolgen auf den vielen Biobetrieben von der Pionierarbeit bis zu jenen, die erst kürzlich zu der Erkenntnis gelangt sind: Ja, das hat Sinn.
Bio ist Erfolgsgeschichte!
Die Entscheidung, auf die biologische Landwirtschaft zu setzen, war und ist für viele österreichische Landwirtschaftsbetriebe die richtige. Die Erfolgsgeschichte der letzten Jahre wird nicht dadurch geschmälert, dass aufgrund einer Krisensituation medial Hysterie betrieben wird.
Das Viertel Butter um gut 3 Euro, kürzlich in einer Nachrichtensendung als „für Viele nicht mehr bezahlbar“ bezeichnet, nähert sich jetzt seinem wahren Wert. Für ein Kilo Butter werden nunmal 25 Liter Milch benötigt. Kurz: Panik ist nicht angesagt. Information und Kommunikation gegenüber der Gesellschaft sowie Standhaftigkeit gegenüber der eigenen Sache ist gefragt. Dass BIO in der Öffentlichkeit Früchte trägt, zeigt auch die Tatsache, dass der Biomarkt in Österreich trotz der Teuerungswelle bislang nicht eingebrochen ist. In Nachbarländern zeigen sich diesbezüglich größere Schwierigkeiten.
Die Verringerung der Preisspanne zwischen manchen konventionellen und biologischen Produkten im Geschäftsregal sehen einige als positiven Effekt, der die angespannte Marktsituation überbrücken und Abwanderung von Biokunden verhindern hilft, andere als Katastrophe, weil sich der Mehrwert der Bioprodukte zu wenig abbildet. In Anbetracht der Wucht, mit der die Ereignisse und Hiobsbotschaften in den letzten Monaten auf uns zurollten, sind Marktverwerfungen jeglicher Art und Intensität aber wenig überraschend. Mit einer guten Portion Gelassenheit werden wir diese unsichere Phase übertauchen. Und mit vereinten Kräften werden wir unseren Anteil einfordern, den Mehrwert unserer Arbeit wieder ins rechte Licht rücken müssen, wie wir das auch in der Vergangenheit immer getan haben.
„Bio“ muss liefern!
In Zusammenarbeit von Praxis, Wissenschaft, Forschung und verbandseigener Beratung ist mit dem Biolandbau eine Methode etabliert, von der wir wissen, dass sie funktioniert und in der Lage ist, unter Schonung der natürlichen Ressourcen Erträge zu erwirtschaften. Erträge, die auf Dauer Versorgungssicherheit garantieren können.
Dass Biolandwirtschaft mit den Höchsterträgen konventioneller Methoden nicht mithalten kann, sollte uns in keiner Weise beunruhigen. Langfristig muss die Sache Bestand haben, und dieses Match zwischen Bio und konventionell ist zugunsten des Biolandbaus entschieden!
An der „Methode“ Biolandwirtschaft müssen wir aber laufend weiterarbeiten. Neben dem ständigen Kampf gegen inakzeptable Forderungen und Vorschriften, woher auch immer sie kommen mögen, lauert auch permanent die Gefahr, Wesentliches aus den Augen zu verlieren und gefährliche Kompromisse einzugehen (z.B. in Düngung, Pflanzenschutz, Fruchtfolge oder Gentechnik..).
Genau deshalb ist ein hoher Organisationsgrad der Biobauern im Verband BIO AUSTRIA notwendig. Nur organisiert können wir das „Werkl“ zusammenhalten. WIR Biobauern wissen wie Tiere gehalten werden sollen. Wir wissen auch wie Fruchtfolgen auszusehen haben. In jahrzehntelanger Praxis haben WIR das entwickelt, nicht „Qualitätssicherungsabteilungen“ in Bürohäusern von Handelskonzernen. Das braucht uns niemand von außen zu erklären.
Um Marketingschmähs aller Art etwas entgegenzusetzen, ist die Identifikation mit einem eigenen bäuerlichen Bio-Standard, der eigenen „Marke“, von entscheidender Bedeutung. Hier dürfen und sollen wir etwas mehr Selbstbewusstsein vor uns her tragen. Eine solche Identifikation kann der BIO AUSTRIA Standard bieten. Er hat einen belegt hohen Bekanntheitsgrad in Österreich. So erinnert sich der Supermarktkunde durch das sonnengelbe Logo auf einem Produkt an seinen BIO AUSTRIA Direktvermarkter genauso wie umgekehrt. Eine echte Win-Win-Situation für jeden Biobetrieb und jeden Verarbeiter und Vermarkter, der Bioprodukte mit dem Label auf den Markt bringt. Jede und jeder Einzelne von uns Biobäuerinnen und Biobauern hat eine Verantwortung für den „Markt“, für die Attraktivität unserer Erzeugnisse beim Kunden!
Ein gemeinsamer Standard schützt vor Verwässerung und Wildwuchs. Denn nichts ist langfristig gefährlicher für den Premiumstandard Bio, als Unklarheit. BIO muss also liefern: Qualität, Quantität, Charme und Sicherheit.
Die Systemleistungen gemeinsam kommunizieren
Die grundsätzlichen Vorzüge der Biolandwirtschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert, sie sind nur wichtiger denn je! Themen wie Bodenschutz, Humuswirtschaft, Ressourcen-Effizienz, standortangepasste Bewirtschaftung und Fruchtfolge werden nicht alt. Artenvielfalt und die CO2 Bilanz sind in den vergangenen Jahren brisanter geworden. Dem trägt BIO AUSTRIA insofern Rechnung, als wir beispielsweise die Förderung der Artenvielfalt in unseren Standard festgeschrieben haben und sie mit einem Werkzeug, dem Biodiversitätsrechner, sichtbar machen. So werden aus Erzählungen herzeigbare Fakten.
Das Biobauer/Biobäuerin sein ist viel mehr, als ein Bündel von Richtlinien und Vorgaben einzuhalten, die uns zweifellos schwer fordern. Allen äußeren Einflüssen und Forderungen gegenüber sind wir dann bestmöglich gewappnet, wenn wir uns darauf verlassen können, in und mit einer großen Interessensgruppe eben deren Interessen voranzutreiben und die Wurzeln unserer biobäuerlichen Werte nicht zu verlieren. Wurzeln geben bekanntlich Standfestigkeit und verhindern Erosion.
Steht ein abruptes Ende des Biobooms bevor? Verena Kainrath stellt es im Standard vom 6. Juni in den Raum.
Und stellt ebenso fest, dass die Wurzeln tiefer liegen als im gegenwärtigen Inflationsgeschehen.
Jahrelang hätten Politik und Handel den Leuten mittels Parolen von Konsumpatriotismus eingeimpft, dass Regional das bessere Bio sei. Die Biobranche verharre davor wie das Kaninchen vor der Schlange und sehe zu, wie ihr die Felle davon schwämmen.
Davongeschwommene Felle sind mir keine aufgefallen, der „Regionalität“, die konsequent umgesetzt natürlich ein sinnvolles und ressourcenschonendes Konzept sein kann, sind aber auch viele Biobauern auf den Leim gegangen.
Denn „Regional“ ist kein Qualitätsmerkmal. Wie Kainrath feststellt, werden Schweine auch regional auf Vollspaltenböden mit Gen-Tech Soja aus Übersee gefüttert. Wird Obst auch regional x-mal mit Pestiziden gespritzt. Diese Differenzierung wird im informierten Teil unserer Gesellschaft durchaus vorgenommen!
In der Landwirtschaft glaubten und glauben viele, diese Differenzierung wäre nicht nur nicht notwendig, sondern schädlich. Das kommt natürlich vor allem jenen zupass, die gerne im allgemeinen Sog der vermarkteten Landwirtschaftsidylle mitschwimmen. Nach dem Motto: Unsere bäuerliche, kleinstrukturierte Landwirtschaft plus Salzburg, oder plus „Ländle“ (Kosename von Vorarlberg, Anm.), oder plus Tirol etc. ist mehr als Bio genug. Dieses Phänomen strahlt inzwischen beinahe europaweit.
Deutlich zeigt sich das gegenwärtig in der auf die Ukraine-Krise reflexartig erfolgten Forderung, lieber auf Biodiversitätsmaßnahmen zu pfeifen, als ein bisschen weniger Getreide zu verfüttern oder gar zu verspritten oder Mais für Biogasanlagen anzubauen.
Die Biobauern werden sich entscheiden müssen. Ob sie Biobauern sein wollen oder nicht. Wenn ja, werden sie den Mut aufbringen müssen, sich von der konventionellen Landwirtschaft abzugrenzen, um dadurch die Glaubwürdigkeit wieder zu erlangen, die gerade aufs Spiel gesetzt wird.
Die Biobäckerei Obauer im Salzkammergut hat schon in der Vergangenheit gute Bio-Preise für die Rohstoffe (Bio-Getreide!) bezahlt. Liegen die Steigerungen beim Getreide immer noch in Centbeträgen pro Kilo, bezeichnet Obauer die derzeitige Preisdebatte als Panikmache. Der Preis des Lebensmittels, das vom Biobetrieb in die Verarbeitung und den Handel geht, ist nicht das Problem. Das Problem sind all jene, die jetzt die Gelegenheit sehen, dick Rahm abzuschöpfen.
Hier die Hebel anzusetzen, wäre Auftrag an die Politik!
Besonnen und glaubwürdig weitermachen könnte das Credo lauten. Dann müssen wir das Ende von Bio nicht ausrufen, sondern im Gegenteil, diese Landwirtschaft als die einzig zukunftsträchtige erkennen und umsetzen.
Markus Danner
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