Das Gemeine Rispengras als exemplarisches Symptom von Fehlentwicklungen auf der Wiese
Der Besatz unserer Wiesen mit Gemeiner Rispe und anderen Lückenfüllern ist ein Umstand, der sehr vielschichtig ist und keinem Grünlandbewirtschafter gleichgültig sein kann.
Gemeines Rispengras (Poa trivialis) besetzt ggf. alle Fehl- und Kahlstellen, die sich im Bestand öffnen.
Der Versuch der Sanierung des Ungrases ist ein Kampf gegen ein Symptom. Dieser Kampf ist aussichtslos, wenn wir uns nicht auch der Ursachen bewusst werden und der Problematik ursachenseitig entgegentreten.
Warum macht sich die Gemeine Rispe breit?
Typische Verbreitungsgebiete der Gemeinen Rispe sind feuchte Augebiete, schattige, (wechsel-)feuchte Standorte und ältere Klee(-gras)bestände.
Sie hat ein sehr seichtes Wurzelsystem, bildet oberirdische Ausläufer, mit denen sie Lücken rasch findet und besiedelt.
In Wirtschaftswiesen aller Art breitet sie sich vor allem dann aus, wenn das Grasgerüst in diesen Wiesen durch verschiedene Ursachen schwächelt.
Einige dieser Ursachen sind:
- Intensiv genutzte, sehr horstgrasbetonte Bestände: Knaulgraswiesen, Bastardraygraswiesen; die aggressiven Horste dulden keine Artgenossen in unmittelbarer Umgebung (nicht selbstverträglich) und es entsteht eine unbewachsene Pufferzone um die Horste, die vom Rispengras besiedelt wird.
(Zitat Walter Dietl: Knaulgras und Gülle bringt Unkraut in Fülle!)
- Keine Bestandslenkung auf Intensivwiesen: Auf Versamung angewiesene Gräser fallen nach einiger Zeit aus, Rasengräser fehlen, Lücken öffnen sich;
- Häufig genutzte, aber zu knapp gedüngte Wiesen (= Übernutzung): Fünfschnittwiesen oder Eingraswiesen, deren Leitgräser durch mangelnde Boden- und Nährstoffdynamik leiden und sich zurückziehen.
- Durch Bewirtschaftung geschädigte Grasnarbe: Fahrspuren, zu tief arbeitende Erntemaschinen, zu tiefer Schnitt, offene Trittschäden durch Herbstbeweidung
- Wühlmaus-Aktivität: Die Mäuse fressen die Wurzeln der Wiesenpflanzen, während sie sich seicht unter der Oberfläche ihren Fressgang aufwölben. Auf diesen Gängen siedelt sich die Rispe rasch und beinahe vollflächig aus.
Soll der Vormarsch der Rispe gestoppt oder verhindert werden, empfiehlt es sich, wie bei allen ursachenbasierten Phänomenen, diese Ursachen begleitend zur Sanierung zu beseitigen, zu vermeiden und ihnen aktiv entgegenzuwirken.
Die Gemeine Rispe durch wertvolle Futtergräser ersetzen
– aber wie und wann?
Die Rispe im Bestand stark zu dezimieren, gelingt in der Praxis in einem besonderen Zeitfenster:
Nach der Ernte des 2. oder 3. Schnittes, je nach Region, wenn darauf einige Hitzetage folgen. Nur während einer Trockenphase im (späten) Hochsommer besteht die Chance, dass das Gras aufgrund mangelnder Wasserversorgung ihrer seichten Wurzeln braun wird, keinen Halt mehr findet und sehr gut ausgestriegelt werden kann. Das Ausstriegeln ist sinnlos, solange die Rispe saftig grün ist. Beim Striegeln darf und soll ziemlich rücksichtslos und scharf, unter Umständen auch wiederholt und/oder über Kreuz fahrend alles was nachgibt mitgenommen werden.
Meist ist anschließendes Schwaden und Aufladen der mitunter fetten Beute erforderlich.
Nach erfolgreicher Mission wird sich viel offener Boden zeigen, auf den rasch eine Nachsaat zu erfolgen hat. Natürlich braucht diese Saat Niederschläge zum Aufgang. Darauf muss aber nicht gewartet werden, denn Saatgut hat kein Problem mit Schönwetter, erst nach der Keimung darf es nicht mehr austrocknen.
Aus diesem Grund zeigen sich Saaten ab Mitte August als sehr aussichtsreich auf Erfolg. Der Altbestand konkurriert nicht mehr zu stark um Licht, und in den Nächten fällt wieder Tau aus. Bekanntlich sind Prognosen, vor allem jene, die die Zukunft betreffen, schwierig, aber alle jahreszeitlichen Umstände führen zur gefestigten und wiederholten Erfahrung, dass alle Maßnahmen in diesem Zeitraum die höchste Effizienz zeigen.
Das Saatgut, bzw. die Arten und Sorten der Mischung sind unbedingt der Nutzung entsprechend zu wählen, nicht von der kurzfristigen Verfügbarkeit abhängig zu machen (vorausplanen!). Das zahlt sich langfristig aus.
Frühjahrsbeweidung verbessert Wiesenbestände
Eine weitere Variante der Bestandverbesserung soll nicht unter den Tisch fallen:
Die sehr zeitige Frühjahrsweide. Mit ihr wird die Narbendichte stark gefördert und dadurch der Ausbreitung der Gemeinen Rispe Platz entzogen. Zeitgerecht angewendet, kann sich das Erscheinungsbild der Intensivwiese sehr schnell zum Besseren wenden.
Welches Sanierungskonzept auch immer angewendet wird, es wird nachhaltig und erfreulich erfolgreich sein, wenn den oben beschriebenen Ursachen für die Ausbreitung der Rispe die Grundlagen entzogen werden. D.h. zusammengefasst:
- Düngung und Nutzung aufeinander abstimmen
- Nutzungsintensität der Bodengüte anpassen
- „Das rechte Gras am richtigen Ort“ (Dietl)
- Narbenschonende Bewirtschaftung
- Landschaftsstrukturen erhalten bzw. schaffen (Beutegreifer zur Mäuseregulierung)
Markus Danner