Artenvielfalt in der Kulturlandschaft

Die Thematik des europa- und weltweiten Artenschwundes ist in der öffentlichen Diskussion omnipräsent und zeigt sich deutlich und zunehmend in politischen Handlungsfeldern. Künftig wird damit zu rechnen sein, dass sich die Gesetzgebung mehr um die Verträglichkeit menschlichen Handelns und Wirtschaftens Gedanken macht.

Der Hauptzweck landwirtschaftlich genutzter Graslandschaften liegt in der Futtergewinnung, hauptsächlich für Wiederkäuer.
Mit den gestiegenen Ansprüchen an die Leistung von Wiederkäuern stieg auch die Notwendigkeit, hochverdauliches Grundfutter zu produzieren. Die „Schlagzahl“ auf der Wiese erhöhte sich. Das ist wohl der gravierendste Umstand, der zur massiven Veränderung des ursprünglichen Pflanzenbestandes führt und den Lebensraum Wiese für viele tierische Bewohner ungemütlicher und unattraktiver macht. Solange wir hochleistende Tiere füttern, wollen und können wir zum flächendeckenden Sonnwend-„Altheu“ nicht zurück.

Trotz intensiver Futternutzung Lebensraum bereitstellen

Alle Überlegungen, den vielerorts verdrängten Arten trotzdem ein Leben, Überleben und Vermehren zu ermöglichen, zielen darauf ab, ein möglichst vielfältiges Landschaftsmosaik entstehen zu lassen. Die Inseln aus Altbeständen, Blühflächen, Ruhezonen und sonstigen kleinen „Schlampereien“ sollen Pflanzen und Tieren den Lebensraum bereitstellen, den sie in den Intensivwiesen eben nicht mehr vorfinden. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch die Regelung im ÖPUL verstanden werden, dass Feldstücken, die größer als 5 Hektar sind, eine Biodiversitätsfläche von mindestens 15 Ar zugeteilt werden muss. 

Intensivwiesen sind nicht ganz „außen vor“

Intensiv genutzte, 4-5 schnittige Wiesen sind in ihrer Relevanz bezüglich der Artenvielfalt bescheiden. Eine durchaus bedeutsame, im Biodiversitätsrechner von BIO AUSTRIA auch honorierte Maßnahme ist der Verzicht auf Mähaufbereiter. Insekten (Bienen), die sich etwa auf Weißklee- oder Löwenzahnblüten gütlich tun, überleben eine Mahd oft, den Mähaufbereiter hingegen selten.
Der Futterqualität zuträglich ist die Mahd nach Abtrocknen des Taus. Dann beginnt aber der Insektenflug und Blütenbesuch. Diesbezüglich ist die sehr frühe Mahd vorteilhaft. Mähen vor oder nach Abtrocknen des Mähguts ist aber ohnehin eine eher akademische Frage, denn auf wieviel Betrieben ist in einem Zeitfenster von wenigen Stunden die Mäharbeit getan und die Möglichkeit gegeben, sie vor oder nach dem Frühstück zu erledigen?

Bis zu drei Nutzungen – da wird’s bunter

Multikulturell besser aufgestellt  sind Wiesen, Schläge oder Teilflächen von Wiesen, die weniger als vier Nutzungen dienen.

Von Tallagen bis zu mittleren Höhenlagen von 800 bis 900m Seehöhe lassen inzwischen sogar Dreischnittwiesen Nutzungsfenster von 8 bis 9 Wochen zu. In diesen Ruhezeiten können Vögel eine Brut aufziehen, einige Kräuter und Gräser zur Samenreife gelangen. Hier beginnt sich ein Insekten-Allerlei einzufinden.

Die Leguminosenvielfalt steigt in diesen Flächen deutlich an und steigert die Attraktivität in mehrfacher Hinsicht. Sie helfen, Dünger zu sparen, sie blühen lange und verschiedenfarbig, und sie zeigen eine deutlich höhere Nutzungselastizität. Soll heißen: Das Futter hat trotz älterem Bestand eine vernünftige Wertigkeit. 
Biobäuerinnen und Biobauern, die solche Wiesen bewusst wahrnehmen, die Nutzung und Pflege auf die schon hohe Vielfalt anpassen, haben meist eine große Freude damit. Da wird das Pflücken eines  Muttertags- und Vatertagsstraußes wieder selbstverständlich.

Ein- und Zweischnittwiesen, die Klassiker der Biodiversitätsflächen

wird`s auf der Wiese bunter, steigt die Artenvielfalt beträchtlich © Danner

Mager oder feucht. 
Zweinutzige Wiesen sind häufig seichtgründige, sonnseitige, eher trockene Magerwiesen. Ihnen bescheinigen Biologen und Botaniker einen besonders hohen Wert im Sinne der Artenvielfalt. Diese Flächen zu belassen wie sie sind, bzw. wieder so zu lassen wie sie von Natur aus wären, ist wirtschaftlich kein Verlust. Hier Dünger zu investieren, setzt sich kaum in Ertrag um, der Verlust von Artenvielfalt ist hingegen beträchtlich. An anderer Stelle ist Mist oder Gülle deutlich besser angelegt. 
So können Mager-Wiesen dieser Art mit Stolz als Biodiversitäts-Hotspots präsentiert werden.

Feuchtwiesen, die als sogenannte „WF“ Flächen mit sehr später Schnittzeitauflage versehen sind, liefern ohnehin nur Einstreu, bestenfalls Pferdeheu. Welches übrigens den Einhufern sehr zuträglich ist. Pferde mögen Magerheu nicht nur gern, es verhindert Hufrehe, Sehnenschwäche  und schlechte Zähne.
Feuchtwiesen sind aufgrund ihrer langen, ungestörten Aufwuchszeiten und der temporären oder dauerhaften Vernässung ein Paradies für Amphibien, Insektenarten und auch ins Hintertreffen geratene Pflanzen wie dem Knabenkraut oder Pfeifengräsern.

Reduziert genutzte Ecken, Streifen, Raine

Die zuletzt beschriebenen Flächen müssen keine ganzen Feldstücke sein. Im Sinne der eingangs erwähnten Landschaftsmosaik-Bildung sind besonders auch kleinflächige Strukturen wichtig, um die Vernetzung und Brückenbildung in der Landschaft herzustellen. Viele Arten sind nicht besonders mobil, brauchen beim Wandern zwecks genetischen Austauschs auf kurze Strecken Zwischenstationen. 
Blüh- oder Altgrasstreifen, an Zäunen, Hecken, Gewässerläufen oder Wegen angelegt oder einfach stehengelassen, leisten hier wichtige Funktionen und verursachen keinen Arbeitsaufwand.

Altgras überjährig stehen zu lassen, ist nicht besonders beliebt. Wir sind zur Ordnung erzogen worden. Nichts desto trotz kann es sich anbieten, einen Graben, eine Mulde, einen „Spitz“ zwischen Weg und Nachbargrundstück nicht auszumähen (ab. 15. August bei ÖPUL-DIV), und so über den Winter bis ins Frühjahr hinein mit Stengeln, Stauden, Wind- und Wetterschutz ein Überwinterungshabitat für viele Insektenarten bereitzustellen.

Dies sind Flächen, die als ÖPUL Biodiversitätsauflage der Variante C gelten, im Folgejahr automatisch Variante A, weil sie dann noch bis zum 2. Schnitt vergleichbarer ortsüblicher Flächen stehenbleiben.

Pufferstreifen

Eine Auflage in der „erweiterten Konditionalität“, die Bestimmung GLÖZ 4 (ich bitte um Nachsicht, diese Begrifflichkeiten entstammen nicht meiner Kreativität!) sieht Pufferstreifen entlang von Gewässern vor. Auf mindestens 3 Meter Breite, bei belasteten Gewässern („Zielverfehlung“ lt. Gewässerwirtschaftsplan) 5 Meter, bei stehenden Gewässern 10 Meter dürfen keine Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen erfolgen.
So bietet sich ein solcher Streifen ohnehin an, als Biodiversitätsfläche mit den entsprechenden Nutzungsfenstern bewirtschaftet zu werden. Als Grenzflächen unterschiedlicher Landschaftsstrukturen (Gewässer – Wiese) werden sie zu Begegnungszonen und Jagdrevieren erster Güte!

Hecken

Sträucher und niederwüchsige Gehölzstrukturen gehören in vielen Regionen zum Landschaftsbild.
Viele sind aber auch verschwunden. Die Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Erhebung von Landschaftselementen, deren dauerhafte Unter-Schutz-Stellung hat nicht selten zum unerwünschten Effekt geführt, dass sie entfernt wurden, bevor der Schutzstatus schlagend wurde.
Diesbezüglich hat auch der Fördergeber dazugelernt, „Landschaftselemente“ sind nun jährlich variabel zur Förderung beantragbar.
So bleibt zu hoffen, dass eine „Renaissance des Interesses“ an diesen vielseitigen und äußerst wertvollen Landschaftsgestaltern und Lebensräumen eingeleitet wird.

Welchen Zweck kann eine Hecke in einer Graslandschaft erfüllen?
  • Windschutz, Taubildung (verzögerte Bodenaustrocknung)
  • Fruchtnutzung
  • Unterschlupf (Rebhuhn, Fasan, Hase und Igel, Reh,…)
  • Nistplatz
  • Nektarträger
  • Futterquelle und Wohnraum (für Singvögel)
  • Medizinalwirkung (für Weidetiere)
  • Schattenspender
  • Flurabgrenzung
  • Energieholznutzung
Hecken sind hocheffiziente Landschaftsstrukturen © Danner

So spricht man heute gerne und zurecht von „Mehrnutzungshecken“. Diesen Mehrnutzen gilt es zu entdecken.

Nichtflächige Landschaftsstrukturen

Landschaft wird durch ganz Offensichtliches geprägt wie Wald und Wiese, Hofstellen, Siedlungen, Wasserläufe, Teiche und Seen, Baumgruppen und mächtige Solitärbäume. Kleine Strukturen sind oft unscheinbar und nur auf den zweiten Blick sichtbar. Sie sind dennoch für viele Organismen unverzichtbar.

Lesesteinhaufen, Altholz(-haufen) für Eidechsen, Blindschleichen, Holzläger, Kleingewässer oder Entwässerungsgräben mit flachen Böschungen, sonnenexponierte unbewachsene Erde, (für Wildbienen), schlammige Wasserlachen auf Feldwegen oder Hofstellen (Nistmaterial für Schwalben), ein paar Disteln oder Brennnesselgruppen und vieles dergleichen soll Platz haben dürfen, um die Vielfalt, die auf diese „Unordentlichkeiten“ angewiesen ist, zu ermöglichen. Das alles berührt nicht unser Zeit- oder Geldbudget. Das macht keine Arbeit. Es ist eine Frage der Einstellung, ob wir das zulassen oder nicht.

Biodiversitätsleistungen objektiv bewerten

Der Biodiversitätsrechner von BIO AUSTRIA bzw. der Bericht, den jeder Betrieb mit diesem Werkzeug ausgewiesen bekommt, ist sozusagen die Quittung, der Nachweis für alles, was auf dem Bio-Grünlandbetrieb (wie auch auf dem Ackerbaubetrieb) an Maßnahmen aktiv umgesetzt oder an ordentlichen und „unordentlichen“ Strukturen zugelassen wurde.

Nach zahlreichen Erhebungen mit dem Rechner kann zusammenfassend festgestellt werden, dass der allergrößte Teil der BIO AUSTRIA Grünlandbetriebe die geforderte Mindestschwelle von 200 Punkten übertrifft. Das bestätigt auch den Ansatz, die Biodiversitätsleistungen der BIO AUSTRIA Betriebe zu erfassen und darstellen zu wollen, nicht mit zusätzlichen „Auflagen“ das Leben zu erschweren.

Für Betriebe, die auf einheitlichen Bodenqualitäten in Gunstlagen wirtschaften und in den letzten Jahren die gesamte Grünlandfläche homogen als Vielschnittwiese genutzt haben, ist es natürlich eine Herausforderung, sich die eine oder andere Maßnahme zu überlegen und umzusetzen, um dem Standard zu entsprechen. Allein, die Maßnahmen für die Biodiversitäts-Auflagen des neuen ÖPUL Programms, kombiniert mit dem verstärkten Weideangebot auf Biobetrieben lässt auch die intensiver wirtschaftenden Betriebe der Gunstlagen in Sichtweite der Punkteschwelle kommen.
Die ggf. noch fehlenden Maßnahmen umzusetzen soll kein  Ärgernis und kein Hindernis für Biobäuerinnen und Biobauern sein, sondern eine Bereicherung für jeden Betrieb

Markus Danner

Neue Insektenstudie

Neue Insektenstudie muss richtig interpretiert werden

Eine neue Insektenstudie wurde in den vergangenen Tagen sehr optimistisch gedeutet. Ein differenzierter Blick lohnt sich jedoch.
Insgesamt blieben Anzahl und Population stabil, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig bei der Präsentation der Ergebnisse einer neuen Insektenstudie vor kurzem.
Wertvolle Daten zu unterschiedlichen Insektengruppen wurden bei der vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in Auftrag gegebenen Studie erhoben. Die Ergebnisse wurden von Minister und Presse sehr optimistisch gedeutet. Ein genauerer Blick auf die Daten ist jedoch empfehlenswert.

Es ist fachlich kritisch, Aussagen aus nur zwei (oder nur sehr wenigen) Beobachtungsjahren als Grundlage zu verwenden um daraus generelle Trends über die Artenvielfalt abzuleiten.
Die Studie zeigt, dass die Schwankungen zwischen den Artengruppen sehr unterschiedlich sind – mit Zunahmen, Abnahmen und deutlichen Unterschieden zwischen den Flächen und Regionen. Ein genereller Trend oder gar die Aussage, dass die Insektenvielfalt für Österreich über die vergangenen 30 Jahre hinweg konstant geblieben sei, kann mit diesen Daten nicht belegt werden.

Die Studie zeigt vielmehr deutlich, dass durch den Klimawandel wärmeliebende Arten zunehmen und kälteliebende Arten verschwinden, was zum Teil zu gleichbleibenden Gesamtartenzahlen führt. Es ist davon auszugehen, dass sämtliche österreichische Alpenendemiten langfristig aussterben werden.
Effekte, die von der Klimaerw.rmung hervorgerufen werden, sollten jedoch nicht den Effekten der Landnutzung gegenübergestellt werden – oder sogar zur Aussage führen, dass die Ver.nderung der Insektenvielfalt ma.geblich durch den Klimawandel verursacht wird und nicht durch die Landnutzungsintensivierung.
Bereits vor einigen Jahrzehnten ist nachweislich für Teile von Österreich ein Großteil der ursprünglichen Insektenvielfalt durch Flurbereinigung und landwirtschaftliche Intensivierung verschwunden und war zu den Erstaufnahmen dieser Studie schon gar nicht mehr vorhanden.

Um Aussagen zu Trends des Insektensterbens treffen zu können, müssten Beobachtungen deutlich weiter zurückreichen, bis in die 1950er oder noch früher. Auch eine genaue Betrachtung der ökologischen Sensibilität von Arten wäre essenziell.
Es zeigt sich, dass vor allem Generalisten, also eher anspruchslose Arten, auf dem Vormarsch sind. Langfristig führt das zur Vereinheitlichung der Artenvielfalt und einem Biodiversitätsverlust.

Die Studie ist nicht das Problem, sondern die in der Öffentlichkeit kommunizierte Interpretation dieser Arbeit. Es wäre wünschenswert, wenn für Österreich möglichst rasch ein standardisiertes und flächendeckendes Insektenmonitoring etabliert wird, um den Zustand und die Entwicklung von Biodiversität und der Landschaft objektiv bewerten zu können.

Jan C. Habel,
Uniprofessor für Zoologische Evolutionsbiologie an der Uni Salzburg.
Er forscht etwa zu Themen der globalen Biodiversitätskrise.

Der Auslaufstall

Ein einfaches System für den schrittweisen Umstieg auf Laufstall

Die Anbinde-  oder Kombinationshaltung von Rindern gerät immer mehr unter Druck. Betroffen sind ökologisch wie konventionell wirtschaftende Betriebe. Ursache dafür sind unter anderem die gestiegenen Anforderungen der Qualitätsprogramme von Verarbeitung und Handel. Auch die Akzeptanz von Seiten der Konsumenten für diese Haltungsform sinkt.

Die Laufstallhaltung ist der Anbindehaltung im Hinblick auf Tierwohl, Leistung und Arbeitswirtschaftlichkeit deutlich überlegen. Warum also nicht umstellen? Neben arbeitstechnischen und baulichen Schwierigkeiten stellt sich insbesondere die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Gerade Betriebe mit kleinen Tierzahlen stehen vor der Herausforderung, ob ein Umstieg auf Laufstallhaltung finanziell tragbar ist, insbesondere bei der aktuellen Preisexplosion im Bausektor. Die Lösung für den eigenen Betrieb zu finden, erforderen Kreativität und häufig einen Blick über den Tellerrand. Eine Einstiegsmöglichkeit ist das System Auslaufstall. 

Auslaufflächen aufwerten

Der Auslaufstall ist letztlich eine möblierte Auslauffläche, nach und nach mit allen Elementen eines Laufstalles ausgestattet. Dieser Auslauf enthält Liegeflächen, Fressplätze sowie Tränken – und so entsteht Schritt für Schritt ein offener Freiluftlaufstall. Danach können die alten Anbindeställe  beispielsweise als Melkstand oder Reservestall genutzt werden. Einer der großen Vorteile dieses Systems ist die modulare Bauweise. So kann der Auslaufstall in unterschiedlichen Bauabschnitten über eine längere Zeit ausgebaut werden. Der Umstieg auf Laufstallhaltung erfolgt dadurch schrittweise, da die vorhandenen Anbindestände weiter genutzt werden können.

Grundlage für dieses System ist ein Auslauf, der befestigt sein muss. Bei der Befestigung ist darauf zu achten, dass sie rutschfest sein sollte sowie einfach zu reinigen. Entmistet wird im Regelfall mittels Mobilentmistung durch einen Hoftraktor oder mit Frontlader. Mitunter kommt in kleineren Ställen auch eine manuelle Entmistung (E-Schieber, Schubkarre) zum Einsatz. Automatische Entmistungssysteme wie Schrapper oder Entmistungsroboter sind aufgrund der im Winter möglicherweise auftretenden Witterungsereignisse wie Frost, Eis und Schnee und den damit einhergehenden Funktionsstörungen nicht empfehlenswert. Spaltenböden sind eine Möglichkeit, allerdings müssen befahrbare Spaltenelemente verlegt werden. Friert der Spaltenboden im Winter zu, kann dieser trotzdem entmistet werden. Die Fläche sollte so konzipiert sein, dass Oberflächenwasser selbstständig in Düngersammelanlagen abläuft und sich keine Pfützen bilden.

Überdachte Liegeflächen

Im Bereich der Liegeflächen gibt es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Einige grundlegende Anforderungen müssen allerdings erfüllt werden. Die Liegeflächen müssen trocken, zugluftfrei und wärmegedämmt sein. Dabei sollte die Liegefläche so bemessen sein, dass alle Tiere ungestört liegen können. Für Milchvieh haben sich Liegeboxen bewährt, insbesondere Tiefboxen, mit einer richtig aufgebauten und dick eingestreuten Stroh-Mistmatratze. Mutterkühe, Jung- und Mastvieh, aber auch extensiv gefüttertes Milchvieh (Low Input-System), kommen durch den vergleichsweise festen Kot auch gut mit freien Liegeflächen zurecht. Hier sind sowohl Tret-als auch Tiefstreusysteme möglich. Kritische Punkte bei diesen Systemen sind der hohe Strohverbrauch und das richtige Management, um die nötige Sauberkeit der Tiere zu gewährleisten und gesundheitlichen Problemen wie Eutererkrankungen durch Umweltkeime vorzubeugen.  

Außenliegefläche im Lungau © Promegge

Fütterung und Tränke

Gefüttert wird im Auflauf in der Regel in Raufen. Bei der Ausführung ist der Kreativität keine Grenze gesetzt. So können dies mobile Rundballenraufen, Holzraufen oder andere Innovationen sein. Wichtig ist, dass für jedes Tier ein Fressplatz vorhanden ist, um gleichzeitiges Fressen zu ermöglichen und damit Rangkämpfe zu vermeiden. Wird die vorhandene Anbindehaltung weiterhin zum Melken genutzt, kann eine Futtergabe (zum Beispiel von Kraftfutter) auch hier erfolgen. Das hat den Vorteil, dass die Kühe in der Anbindung fixiert sind und ein Kampf um die beliebte Ressource Kraftfutter vermieden wird.
Komplettiert wird der Auslaufstall durch eine oder mehrere Tränken.

Vorteilhaft sind große Trogtränken, da diese dem natürlichen Trinkverhalten von Rindern am besten entsprechen und, wenn sie ausreichend lang sind, von mehreren Tieren gleichzeitig benutzt werden können. Tränken müssen frostsicher sein. Dazu kann eine Begleitheizung oder eine Zirkulation eingebaut werden, um auch bei tiefen Temperaturen den Zugang zu frischem Wasser zu sichern.
Absolut empfehlenswert ist eine elektrische Viehbürste. Diese nutzen die Tiere sehr gern und die Bürste hilft auch den Verschmutzungsgrad der Herde möglichst gering zu halten. 

Wie läuft es im Winter?

Kälte und Schnee im Winter bereiten  Landwirten die größten Sorgen in Bezug auf den Auslaufstall. Aus tierischer Sicht sind die Bedenken weitestgehend unbegründet. Den Temperaturbereich bis -10 Grad Celsius empfinden gesunde, gut versorgte und ungeschorenen Rinder als nicht zu kalt. Erfahrungsgemäß steigt die Tiergesundheit sogar tendenziell mit einer Haltung im Auslaufstall. Stellvertretend sei hier das Zitat eines Salzburger Bergbauern erwähnt: „Manchmal kommen die Kühe am Morgen mit kleinen Eiszapfen an den Flotzmaulhaaren in den Melkstand. Aber das ist kein Problem, im Gegenteil, seit dem die Rinder aus dem stickigem Anbindestall in den möblierten Auslauf übergesiedelt sind, sind die Tierarztbesuche massiv zurückgegangen!“. 

Herausforderungen mit Kälte gibt es beispielsweise bei der Entmistung. Wird bei Minusgraden zu oft entmistet, steigt die Gefahr von Eisbildung am Boden und damit die Gefahr, dass die Rinder ausrutschen. Hier hilft es, wenn der Auslauf eingestreut wird und das Entmistungsintervall an kalten Tagen deutlich reduziert wird, in Extremfällen bis hin zu einer Entmistung im zwei Wochen Rhythmus. Das gefrorene Kot-Stroh-Gemisch, welches sich im Laufe der Zeit ansammelt, ergibt  einen wunderbar griffigen und rutschfesten Bodenbelag. Bei Tauwetter muss der Mist natürlich sofort entfernt werden.

Baukosten

Auslaufställe können durchwegs kosteneffizient errichtet werden. Durch die geringe Kubatur der einzelnen Elemente bietet sich Holz als Baustoff an. Dieses ist häufig auf kleineren, diversen Betrieben mit vorhandenen Waldflächen leicht verfügbar und ist zudem eigenleistungsfreundlich in der Verarbeitung. Durch den fließenden Übergang von Stall und Auslauf wird in der Summe weniger Platz benötigt als für einen geschlossenen Stall plus angeschlossenem, separaten Auslauf notwendig wäre. Auch die Weiternutzung der bestehenden Rohrmelkanlagen ist sehr kosteneffizient. Als Endausbaustufe kann ein Auslaufstall aber auch mit einem separatem Melkgebäude oder mit einem Melkstand im Altbestand aufgerüstet werden. Flexible Nutzungsmöglichkeit ist hier das Stichwort und ein großer Vorteil. 

Fazit

Ein Auslaufstall ist kein Stallsystem von der Stange, sondern ein Konzept, das individuelle Lösungen für fast jeden Betrieb und jedes Gelände ermöglicht. Dazu benötigt es Kreativität bei der Planung sowie Flexibilität des Bewirtschafters im laufenden Betrieb. Aus Sicht der Tiere wiederum gibt es kaum Nachteile, sofern alle ihre Bedürfnisse erfüllt werden, kommen Rinder mit einer Haltung im Auslaufstall sehr gut zurecht.

Franz Promegger

Bio-Geflügelhaltung unter der neuen EU Bio-Verordnung

Die neue EU BIO-VO bildet auch für die Bio-Geflügelhaltung die rechtliche Grundlage . Darauf setzt die nationale Verordnung auf, die noch einige Dinge ungeklärt lässt, aber im Großen und Ganzen beschlossen scheint.
Und daran wiederum schließen die Richtlinien von BIO AUSTRIA und die der privatrechtlichen Projekte (zB. der Handelsmarken) an.
Die Geflügelrichtlinien von BIO AUSTRIA müssen ebenfalls ergänzt und angepasst werden. Dazu werden Vorschläge für die Delegiertenversammlung im April ’22 erarbeitet.

Neuerungen der EU Bio-VO für Geflügelhaltung

Keine Besatzdichtenerhöhung mehr als Folge eines konformen Außenscharraums

21 kg/m2 nutzbarer Stallfläche gelten für Masthühner, Puten, Enten, Junghennen und Bruderhähne. Bei Gänsen erlaubt die THVO nur 15 kg/m2. Für Legehennen gelten 6 Tiere /m2.

Um die vorher erlaubten 28 kg/m2 bei einem konformen Außenscharraum zu kompensieren, hat man sich national darauf geeinigt, dass der bestehende Außenscharraum zu einem sogenannten K2 (Klimazone 2) umgerüstet werden darf und dieser ab Überschreiten der 21 kg/m2 im Stallinneren 24 Stunden zugänglich bleiben muss:

Er ist überdacht, eingestreut, hat planbefestigten Boden und grenzt unmittelbar an den Stallinnenbereich an.

Die Außenwände des zusätzlich überdachten Außenbereichs (K2) sind baulich derart ausgeführt, dass zumindest ein Außenklimareiz (Sonne, Niederschlag, Wind, Temperatur etc.) reduziert wird. Dazu werden zum Beispiel Windschutznetze, Folien, Schiebeelemente oder ähnliche das Außenklima reduzierende Materialien eingesetzt“

Auslaufklappenregelung neu

2 m /100m2 nutzbarer Stallfläche (Achtung – K2 zählt dann dazu!) vom Stallinnenraum in den K2 oder den Außenscharraum, 4 m/100m2 nutzbarer Stallfläche (Achtung – K2 zählt dann dazu!) vom K2 oder Außenscharrraum in den Grünauslauf.

prächtige Truthähne auf der Weide © Bio Austria
prächtige Truthähne auf der Weide © Bio Austria

Sitzstangen und/oder erhöhte Ebenen

Legehennen: 20 cm/Tier; Junglegehennen & Bruderhahn: 10 cm oder 100 cm2/Tier; Masthuhn: 5 cm oder 25 cm2/Tier, Pute: 10cm oder 100 cm2/Tier

Erhöhte Flächen für Masthühner dürfen in einem Ausmaß von maximal 10% der Grundfläche zur nutzbaren Fläche gerechnet werden, wenn ein Gutachten der Fachstelle gemäß §2 Abs. 4 (www.tierschutzkonform.at) vorliegt oder der zuständige Amtstierarzt diese überprüft und genehmigt hat.

Für K2, Ausflugklappen und erhöhte Ebenen gilt es eine Übergangsfrist bis zum 1.1.2025

Futtermittel

30% der Futtermittel müssen vom eigenen Betrieb oder aus der Region (Österreich) stammen, Umstellungsware darf nur mehr zu 25% enthalten sein. Die 5 % konventionellen Eiweißfuttermittel sind ab 2023 nur mehr für Junggeflügel (mögliche Definition dafür ist die Verknöcherung des Brustbeines) erlaubt.

Tierzukauf

Ab 2023 muss der Zukauf konventioneller Küken durch die Behörde genehmigt werden. Die Umstellungszeit von 10 Wochen bei Fleisch und 6 Wochen bei Eiern gilt weiterhin.

Bernhard Altenburger

Food mythbusters – Mythen über die “Welternährung”

Alt, aber gut, und aktueller denn je, die Food mythbusters!
Nur mit Superlativen in Technik, Bestandesgrößen, Chemie- und Düngereinsatz soll unsere Welt zukünftig genug zu essen haben.

Wie die Verfechter der Biolandwirtschaft meint Anna Lappé das Gegenteil:
Sie spricht von Food mythbusters, von Mythen über die “Welternährung“.

Sieh dir das Video an!

Vom Umgang mit Gülle

zwischen Hausverstand, Gesetz und Wirtschaftlichkeit

Die NEC Richtlinie der EU zwingt Österreich, die Behörden und letztlich die Bauern in Bezug auf die Emissionen aus der Gülle(-düngung) zu handeln.
Vom Umgang mit Gülle, zwischen Hausverstand Gesetz und Wirtschaftlichkeit, ist dabei kaum die Rede.

Hoheitliche Vorgaben, seien es Gebote oder Verbote, sind zu erwarten.
Diese Vorgaben werden ausschließlich auf die Emissionsminderung, v.a. bezüglich Ammoniak, abzielen.

Vielerorts werden „Gülletage“ abgehalten, von Kammern, Maschinenringen, Landmaschinenproduzenten und Experten, die vorführen, wie Gülle am besten an den Boden gebracht wird.
Soweit, so gut. Dennoch bleibt großes Unbehagen. Viele Fragen tun sich auf, die teilweise sehr salopp pariert werden. 
ZB. das leidige Thema der Bodenverdichtung durch die häufig monströsen Güllefässer. Ist es korrekt und zulässig, diesen Einwand einfach mit dem Hinweis auf Reifendruckreduktion wegzuwischen?

Die Kosten:

Ist Gülleseparation und bodennahe Ausbringung mit bester Technik wirklich die praktikable Lösung für den Großteil der Betriebe mit 10, 20, oder 30 Kühen?
Die Frage sollte oder könnte doch auch lauten:
Wie kann Stickstoff in der Gülle stabilisiert werden?

Ist die überbetriebliche Düngekette die Zukunft, wobei die im Sinne der vielpropagierten standortangepassten, abgestuften Nutzung erforderliche individuelle, feldstückspezifische Düngerration verunmöglicht wird?
Führt uns das nicht eher zur weniger häufigen, aber größeren Einzelgabe?

Es ist zu befürchten, dass genau das eintritt, wogegen seit vielen Jahren beraten wird.

„Komm oft, bring wenig“ kommt mit diesem Ansatz im wahrsten Sinn des Wortes unter die Räder.

Gülleverteiler für Verschlauchungssystem © Markus Danner
Gülleverteiler für Verschlauchungssystem; Düngen ohne Bodendruck!
Der Nährstoffkreislauf eines tierhaltenden Betriebes hat viele Facetten, nicht nur jenen der potenziellen Emissionsgefahr!
© Markus Danner

Natürlich ist es richtig, dass die Pflanzenverschmutzung umso geringer ist, je schmaler das Düngeband durch den Bestand zieht. Zwangsläufig folgt aber auch, dass streifenweise die Menge so groß ist, dass Strukturschäden im Boden durch den temporären Kaliumüberschuss unvermeidbar sind.
Von der Sichtweise im Biolandbau, den Boden zu füttern, nicht die Pflanze zu düngen, entfernen wir uns in dem Maße mehr, als wir die vollflächige, gleichmäßige, oftmalige Düngung mit moderaten Mengen aufgeben.

Dass die Pflanzenbestände das nicht goutieren, zeigen viele Beispiele der letzten Jahre.

Fazit:

Es geht nicht im geringsten darum, wer Recht hat oder nicht. Der Appell zielt ausschließlich darauf ab, das Problem nicht eindimensional und rein technisch lösen zu wollen, sondern ein weiteres mal „aufs Ganze zu schauen“!

Die bereits genannten Düngungsgrundsätze dürfen wir einer rechtlichen Vorgabe willen nicht einfach über Bord werfen, sondern versuchen, sie unter allen Umständen zu integrieren. 
Diese Integration sollten wir als Biobauern im Sinne der Qualität des Gesamtsystems „BIOLANDWIRTSCHAFT“ gemeinsam schaffen.
Für die Ausarbeitung einer betriebsindividuellen Dünge- bzw. Düngerstrategie stehen wir von BIO AUSTRIA jederzeit zur Verfügung!

Düngungsgrundsätze in der Biologischen Landwirtschaft

  • Komm oft, bring wenig: 
    • zu jeder Nutzung eine Düngergabe; 
    • flüssig 12m3 bis max. 15m3/ha
  • wir düngen nicht die Pflanzen, sondern füttern den Boden!
    • Bodenleben füttern heißt, quantitativ und qualitativ die Nährstoffdynamik anzukurbeln (das nimmt auch den Schrecken vom P-Mangel)
    • Wir beleben mit den Düngern den Boden 
  • Verlustvermeidung durch Düngeraufbereitung! z.B.
    • Verdünnung (mind. 1/3 Wasser)
    • Steinmehlzugabe (Zeolith, Urgesteinsmehl, Tonmineral..)
    • Pflanzenkohlezugabe
    • Mikrobenpräparate (EM..)
    • Laufend viel Luft einmixen vermeiden!

Und ganz allgemein: 
Bodenschonung durch Verhinderung der Verdichtung durch zu hohe Achslasten, 
kein Befahren bei zu feuchten Verhältnissen, 
keine punktuelle Über- oder Unterdüngung.

Markus Danner

Kükenembryos, Bruderhahn und Ethik

Seit vielen Jahren wird und wurde in unregelmäßigen Abständen das Töten frisch geschlüpfter männlicher Küken von Legehühnern angeprangert, ein Verbot gefordert. Die Bioszene hat sich in Teilen (gilt nur für Handelsmarkenlieferanten und Bio Austria Standard) zur Aufzucht der Hähne verpflichtet. Für die langsam wachsenden Tiere wurden spezielle Absatzkanäle gesucht und gefunden. 

Das an sich unrentable Geschäft mit dem „Bruderhahn“ (die Legerassen brauchen viel mehr Futter und länger zum Wachsen als Mastrassen) wird durch die Eier ihrer Schwestern bzw. den Preis ihrer Schwestern (höherer Preis der Bio-Junghennen, den der Legehennenhalter bezahlen muss), querfinanziert.

An einer Lösung auch über den begrenzten Biomarkt hinaus wird gearbeitet, denn schon 2024 soll beispielsweise in Deutschland das Töten männlicher Küken generell verboten sein.
Wenn die Aufzucht von Millionen Hähnen völlig unrentabel ist, sollten die Bemühungen darin bestehen, dass gar keine Hähne schlüpfen. Diese Bemühungen gibt es, in Form der Geschlechtserkennung im Ei. Nun muss dazu aber nicht nur das Ei, sondern auch schon ein mehrere Tage (dzt. ca. 10 Tage) entwickelter Embryo im Ei vorhanden sein, um männlich oder weiblich auseinander zu kennen.
Und an dieser Stelle poppt sogleich die nächste Frage auf. Ob es denn rechtens sein kann, 10 Tage angebrütete Eier wegzuschmeißen, die männliche Embryonen beinhalten, die bereits ab dem 7. Tag schmerzempfindlich sind?

gut entwickelte Masthähnchen im Grünen © Bio Austria
Masthähnchen sind relativ gute Futterverwerter © Bio Austria

Spätestens jetzt beginnt die Debatte absurd zu werden. Es geht nicht um Vegan gegen Nutztiergenießer. Es geht nicht um Tierschützer gegen Landwirte. Irgendwann geht es nur mehr um die Bereitschaft, menschliche Vernunft walten zu lassen. 
Wenn die Ethik der Tierhaltung und Lebensmittelerzeugung bis zur Schutzwürdigkeit angebrüteter Eier vordringt, dann können wir noch nachlegen: Was ist mit den unzählig getöteten Regenwürmern und sonstigen Bodenbewohnern beim Pflügen und Vorbereiten des  Ackers für die Pflanzung der Setzlinge, aus denen unsere leckeren Brokkoli-, Karotten- und Kartoffelgerichte wachsen?

Und, wenngleich so ein Vergleich unsäglich schwer fällt: Solange eine Gesellschaft mit der Fristenlösung gut leben kann (gegen die ich hier nicht zu Felde ziehe), diese ethisch rechtfertigt, solange darf die Entsorgung angebrüteter Eier nicht Gegenstand einer ernsthaften Diskussion unter psychisch gesunden Menschen sein.

Markus Danner

Woran soll sich Landwirtschaft orientieren?

Gäbe es eine eindeutige Marschrichtung, so wie Mitte des letzten Jahrhunderts, als es hieß, macht zu essen, soviel ihr könnt, wäre die Sache relativ einfach. Doch woran soll sich die Landwirtschaft orientieren, wenn von Allem zuviel auf dem Markt? Wenn sich in der Gesellschaft beinahe jeder und jede bemüßigt fühlt, viel Meinung, aber wenig Ahnung zu haben, wie Bauern arbeiten sollen?

Im Magazin “Unser Hof” (Ausg. 01/21) zeigen gegensätzliche Beiträge den ganzen Irrwitz auf, in dem junge Hofübernehmer, Quereinsteiger oder andere an Landwirtschaft Interessierte Orientierung finden müssen.

Da ist einerseits ein junger ehemaliger Leistungssportler, der ein kleines Bergsacherl von seinen Eltern übernommen hat, mit sieben Kühen, ein paar Schweinen und einer kleinen Hofkäserei incl. ambitioniertem Tourismuskonzept Arbeitsplätze auf dem Hof geschaffen hat. Ein Grünlandbetrieb ohne Milch für die Molkerei, nichts für den “Weltmarkt”.

Da ist andererseits ein junges Paar, das einen Robotic-Hochleistungs-Milchviehbetrieb aufgebaut hat. Eine Aussage, sei sie so getätigt oder vom Journalisten frei erfunden, hinterlässt Appetitlosigkeit: Neben einem Melk- und einem Fütterungsroboter tragen die meisten Rinder Sensoren […] in ihren Pansen. Nachsatz: “So ist es uns gelungen, unseren Traum, Milchwirtschaft im Vollerwerb betreiben zu können, zu erfüllen.”
Sensible Mägen könnten auf Derartiges reagieren.

Freude am ersten Wendetag © Elisabeth Spitzauer
lässt sich Tierwohl “digitalisieren”? © Elisabeth Spitzauer

Beide sind junge Hofübernehmer, beide wachsen in der selben Zeit im Süden Österreichs auf. Ihre unterschiedlichen Perspektiven scheinen aus verschiedenen Welten zu stammen.
Aus diesen beiden Welten ein einheitliches Zukunftsszenario über das Treiben der Landwirtschaft in Österreich zu zeichnen, scheint unmöglich. Dennoch tun es Viele. In bedeutungsschwangeren Diskussionsrunden, vom Stammtisch bis in akademische Zirkel. Die genannten Beispiele lassen erahnen, dass nichts davon stimmt und andererseits alles möglich ist.

Ich habe eine Präferenz, welchem Konzept ich eher zuneige.
160% Selbstversorgungsgrad bei Milch. 60% Milch über Bedarf, die eigentlich niemand braucht.
Dennoch wird jeder neue Stall größer gebaut als es der alte war. Mit viel privatem und öffentlichem Geld. Es wird gezüchtet, fütterungsoptimiert und aufgestockt als wären Mangelzeiten. Mit welchem Ziel?

Darüber laut nachzudenken, muss auch erlaubt sein!

Markus Danner

Zwischenfrüchte: Antrieb der Bodenfruchtbarkeit

Pflanzen verschiedener Arten und Familien werden als Zwischenfrüchte eingesetzt. Je nach Ziel und Funktion in der Fruchtfolge werden Zwischenfrüchte zum Antrieb der Bodenfruchtbarkeit!

Leguminosen

Leguminosen können in Symbiose mit verschiedenen Bakterien in den charakteristischen Wurzelknöllchen, siehe Bild unten, Stickstoff aus der Bodenluft binden. Sie sind deshalb vor allem dafür zuständig, das lebenswichtige Element Stickstoff in den organischen Kreislauf des Lebens zu bringen; somit stellen sie eine essentielle Grundlage des biologischen Ackerbaues dar.

Stickstofffabrik des (Bio-) Bauern - Rhizobien, Knöllchenbakterien © Markus Danner
Stickstofffabrik des (Bio-) Bauern – Rhizobien, Knöllchenbakterien © Markus Danner


Es gibt eine riesige Anzahl von Leguminosenarten, die an unterschiedlichste Standorte angepasst sind. Deshalb ist die Auswahl sehr groß, sodass mit Leguminosen vielfältige Einsatzzwecke erfüllt werden können.

Vielgestaltige Wurzelsysteme lassen eine große Auswahl zu. 
Mit Pfahlwurzeln können sich manche Pflanzen aus erstaunlichen Tiefen mit Wasser versorgen, andere begeistern durch ihre feinverzweigten, den Boden vernetzenden Wurzeln.

Von den großkörnigen Leguminosen eignen sich Erbsen, Lupinen und Wicken, insbesondere Platterbsen und Winterwicken, als schnelle Wurzler für den Bodenaufbau. 
Luzerne, Rotklee und Steinklee zählen nach ihrer Saatgutgröße zu den kleinkörnigen Leguminosen, bilden aber kräftige Pfahlwurzeln aus, während die meisten anderen Kleearten feinverzweigte Wurzelsysteme ausbilden.

Kreuzblütler

Diese Pflanzen können besonders auch in kühlen Jahreszeiten und Lagen gute Wüchsigkeit zeigen. Die meisten Kreuzblütler besitzen ein Pfahlwurzelsystem, das äußerst effizient ist, um sich Nährstoffe anzueignen. Diese Eigenschaft macht sie vor allem dafür geeignet, den Nährstoffverlust in tiefere Schichten zu verhindern.

Zum aktiven Bodenaufbau sind sie weniger geeignet, da sie relativ wenige Wurzelausscheidungen an das Bodenleben abgeben und nicht in verdichtete Bodenbereiche einwachsen, sondern gerne an entsprechenden Verdichtungen „abknicken“. 
Bei Verwendung im Gemenge darf der Kreuzblütleranteil nicht zu hoch sein, da sie mit ihren oft rosettenartigen großen Blättern nicht selten wertvolle Gemengepartner verdrängen. 
Da in der Biofruchtfolge der Kreuzblütleranteil meist sehr niedrig ist, sind diese in der Zwischenfruchtmischung eine große Bereicherung. Kreuzblütler in Reinsaat, v.a. Senf sollte aber auf Biobetrieben eine Ausnahme darstellen. 
In Mischungen sollten sie aber nicht fehlen. Als Zwischenbegrünung zw. Erbsen- u.  Ackerbohnenernte und Wintergetreideaussaat hat Senf eine große Bedeutung bekommen.

Raublattgewächse und andere

Neben den drei genannten Gruppen von Pflanzen gibt es noch weitere Arten, die sich gut für Gründüngung eignen. 
Buchweizen und Phacelia blühen recht bald und stellen so eine Bereicherung der Nahrungsquelle für Insekten dar. Außerdem zeichnet sich Buchweizen, wie auch die Sonnenblume, durch sehr schnellen Aufwuchs auch bei Trockenheit aus. Die jungen Blätter dieser Pflanzen sind bereits recht groß, so dass sie einige Beschattungswirkung für den Boden und damit für das Auflaufen der anderen, empfindlicheren Gemengepartner in Trockenzeiten bilden.

ZF Mischung mit Sonenblumen, Ölrettich, Buchweizen, Wicken u.a. © Markus Danner
ZF Mischung mit Sonnenblumen, Ölrettich, Buchweizen, Erbsen u.a. © Markus Danner

Phacelia begeistert durch ihre große Masse an Feinwurzeln im Oberboden und ihre schöne Blüte welche sehr begehrt ist als Bienen- und Augenweide. Durch ihre Nicht-Verwandtschaft zu den Kulturpflanzen kann sie vor jeder Kultur als ZF dienen.

Erwähnenswert ist auch die  Ringelblume, die mit ihrer Pfahlwurzel und ihrem Stickstoffspeichervermögen besticht, die Kornrade, welche als schon fast ausgestorbene Ackerwildpflanze in erster Linie symbolischen Charakter hat, die Malve und der Mohn
Sie bieten einen willkommenen Farbklecks in der Herbstlandschaft und bieten eine tolle Bienenweide. Bei den letztgenannten Kulturen ist entscheidend, dass sie am Aussamen gehindert werden, um ein unkontrolliertes Vermehren zu unterbinden.

Gräser

Gräser zeichnen sich durch recht hohe Wurzelmengen und die Fähigkeit zur Nährstoffaneignung aus, Wirtschaftdünger können über sie gut verwertet werden. 
Allerdings entwickeln nur wenige eine ausgeprägte Tiefendurchwurzelung.

In Minimalbodenbearbeitungssystemen sollte man Gräser als Zwischenfrucht meiden, da diese winterhart sind und als Unkraut in der Nachfolgekultur schwer zu regulieren sind. 
In Trockengebieten sollte auf Gräser verzichtet werden, da sie viel Wasser benötigen.

Sie eignen sich überwiegend in über- oder mehrjährigen Gemengen wie Rotations- und Dauerbrache um im Gemenge mit Leguminosen den bereitgestellten Stickstoff zu verwerten, Lücken nach mehrmaligem Mulchen zu schließen und die Befahrbarkeit der Begrünung zu gewährleisten.

Der zu den Gräsern gehörende Hafer hat aber für Futterbaubetriebe eine immense Bedeutung. 
Vor allem als Deckfrucht für die Klee(gras)anlage hat er sich bestens bewährt. 
Einzig die Rostanfälligkeit im Herbst mindert seine Qualität etwas.

Sandhafer bietet dafür die Alternative. Als sehr neue Begrünungskultur ist diese Haferform nicht rostempfindlich, sicher abfrostend und gerne verwendete Futterpflanze.

Auf sehr frühen Standorten könnte auch Sudangras als sehr ergiebige Futterpflanze als Zwischenfrucht interessant sein.

Auch Grünschnittroggen als Zwischenfrucht bzw. Johannis-Roggen (Futternutzung im Anlage-Jahr) erfreut sich hoher Beliebtheit.

Manuel Böhm

Genormte Sau für den Massenfraß

Die Fleischindustrie ist das sichtbare und spiegelbildliche Ergebnis zivilisatorischer Perversion.

Der Preis für ein 100 Kilogramm schweres Schwein liegt frei Schlachthof bei ca. 150 Euro. Auf dieser Grundlage unterbieten sich die Angebote in den Supermärkten – ein Wettlauf, ob 5, 4 oder sogar 3 vor dem Komma des Kilopreises für das „Grillfleisch mariniert“ steht.

Viele Kunden greifen zu diesen Angeboten. Wir sind sie gewohnt. Fleisch ist kein Luxusprodukt und darf es dem Vernehmen nach auch nicht werden.

Das Ergebnis dieser Gewohnheit wurde in den letzten Wochen mittels Bewegtbildern in die Wohnzimmer Europas gestreamt. Wir bekamen zu sehen, wie (natürlich ausländische, also halb so schlimm… Ironie Ende) Arbeiter aufgefädelt an Fleischzerlegungstischen im Akkord Schweinhälften zerlegen. Optisch erinnert es allerdings mehr an Müll sortieren. In mehrfachem Sinn.

Denn werden in einem Betrieb pro Tag bis zu 25.000 Schweine angeliefert und geschlachtet, kann die dahinterliegende Geschäftsgrundlage keine ethisch tiefgründige sein. Da ist der Geschäftsgegenstand – also die Schweine – wie Müll zu behandeln.

Infrastruktur ist wegrationalisiert

Dorfmetzger gibt es so gut wie keine mehr. Warum nicht? Weil der König, respektive der Kunde sich entschieden hat, lieber zum Kreisverkehr rauszufahren, um beim dortigen Megamarkt das Grillfleisch mariniert um günstiger zu holen.

Dorfmetzger würden aber einiges bieten! Sie würden beispielsweise den umliegenden Bauern ihre Schweine abkaufen. Etliche Bauern hätten dadurch die Möglichkeit, einige solche in einem würdigen Lebensumfeld zu halten, sich selbst und der Bevölkerung der Umgebung einen nicht unwesentlichen Teil wirklich regionaler, wertvoller Lebensmittelgrundversorgung sicherzustellen.

Die Tiere müssten auch nicht auf Reisen gehen, in überfüllten, heißen, nach Streß und Schweinemist stinkenden LKW Zügen. Der Bauer lieferte sie mit seinem Anhänger. Zu zweit, dritt oder fünft. Nur wenige Kilometer.

Es gäbe keine Konzentration von Verkehr, Geruch, Gülle und permanenter Seuchengefahr.

Keine Bioschweine?

Der Bio-Anteil an der Schweinefleischmenge im Lebensmittelhandel ist verschwindend gering. Abgesehen von einigen wenigen Projekten wie dem „Strohschwein“ tendiert er nahezu gegen null.

Worin liegen die Gründe? Am System.
Dieses zäumt den Gaul fast immer von hinten auf.
Der Handel gibt vor, was er bereit ist zu bezahlen. Davon werden die Margen der einzelnen Teilnehmer der „Wertschöpfungskette“ abgezogen. Was übrigbleibt, wird nach Abzug von guten Ideen wie der Beteiligung an Aktionsrabatten dem Lieferanten überwiesen.

Der Handel geht aber nicht von „Bio-Preis = konventionell + 150%“ aus. Sondern von max. +50%. Aber auch 150% von fast Nichts wäre fast Nichts.

Damit ist der Betrag nach dem üblichen Prozedere negativ.

Um diesem System gerecht zu werden und trotzdem Margen zu erwirtschaften, hat die Lebensmittelindustrie eine Zentralisation, Konzentration und Stückkostenreduktion entwickelt, die sich auch ohne Hang zum Drama als Perversion menschlicher Zivilisation manifestiert. Im Umgang mit Tieren, Mitarbeitern und den Ressourcen dieser Erde. Das organisierte Ende von Schweinen oder anderen Tieren zu Zehntausenden (bei Geflügel 100.000en oder Millionen) täglich an einem Ort hat nichts, aber auch gar nichts mit der Notwendigkeit zu tun, Lebensmittel für die Bevölkerung aufzubringen. Die Maßlosigkeit solcher Unternehmen, gestützt und angetrieben durch die Geiz ist Geil Mentalität und das Schnäppchenjagdfieber der Gesellschaft, hat Infrastruktur und Ernährungssicherheit in den Regionen zerstört, Landschaften verödet , Luft, Wasser, Boden verdreckt und die Vielfalt vernichtet.

Und als wäre aller Unsinn nicht genug, werden Tausende dieser armen tierischen Kreaturen durch Mastfabriken durchgeschleust, in denen sie mithilfe von Überseesoja in kürzester Zeit auf gut 100 Kilogramm Lebendmasse aufgedunsen werden, um sie ans andere Ende der Welt, nach China zu exportieren und mit einem Gläschen Schaumwein auf diesbezügliche Exportzuwächse angestoßen werden kann.

Wir wissen das alles schon lange.
Empörung und Entsetzen über solche Zustände sind nicht angebracht, wenn die Reaktion des Einzelnen in seinem Verhalten ausbleibt.

Schluss mit Reden. Anders tun. Anders kaufen.

Markus Danner