Artenvielfalt in der Kulturlandschaft

Die Thematik des europa- und weltweiten Artenschwundes ist in der öffentlichen Diskussion omnipräsent und zeigt sich deutlich und zunehmend in politischen Handlungsfeldern. Künftig wird damit zu rechnen sein, dass sich die Gesetzgebung mehr um die Verträglichkeit menschlichen Handelns und Wirtschaftens Gedanken macht.

Der Hauptzweck landwirtschaftlich genutzter Graslandschaften liegt in der Futtergewinnung, hauptsächlich für Wiederkäuer.
Mit den gestiegenen Ansprüchen an die Leistung von Wiederkäuern stieg auch die Notwendigkeit, hochverdauliches Grundfutter zu produzieren. Die „Schlagzahl“ auf der Wiese erhöhte sich. Das ist wohl der gravierendste Umstand, der zur massiven Veränderung des ursprünglichen Pflanzenbestandes führt und den Lebensraum Wiese für viele tierische Bewohner ungemütlicher und unattraktiver macht. Solange wir hochleistende Tiere füttern, wollen und können wir zum flächendeckenden Sonnwend-„Altheu“ nicht zurück.

Trotz intensiver Futternutzung Lebensraum bereitstellen

Alle Überlegungen, den vielerorts verdrängten Arten trotzdem ein Leben, Überleben und Vermehren zu ermöglichen, zielen darauf ab, ein möglichst vielfältiges Landschaftsmosaik entstehen zu lassen. Die Inseln aus Altbeständen, Blühflächen, Ruhezonen und sonstigen kleinen „Schlampereien“ sollen Pflanzen und Tieren den Lebensraum bereitstellen, den sie in den Intensivwiesen eben nicht mehr vorfinden. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch die Regelung im ÖPUL verstanden werden, dass Feldstücken, die größer als 5 Hektar sind, eine Biodiversitätsfläche von mindestens 15 Ar zugeteilt werden muss. 

Intensivwiesen sind nicht ganz „außen vor“

Intensiv genutzte, 4-5 schnittige Wiesen sind in ihrer Relevanz bezüglich der Artenvielfalt bescheiden. Eine durchaus bedeutsame, im Biodiversitätsrechner von BIO AUSTRIA auch honorierte Maßnahme ist der Verzicht auf Mähaufbereiter. Insekten (Bienen), die sich etwa auf Weißklee- oder Löwenzahnblüten gütlich tun, überleben eine Mahd oft, den Mähaufbereiter hingegen selten.
Der Futterqualität zuträglich ist die Mahd nach Abtrocknen des Taus. Dann beginnt aber der Insektenflug und Blütenbesuch. Diesbezüglich ist die sehr frühe Mahd vorteilhaft. Mähen vor oder nach Abtrocknen des Mähguts ist aber ohnehin eine eher akademische Frage, denn auf wieviel Betrieben ist in einem Zeitfenster von wenigen Stunden die Mäharbeit getan und die Möglichkeit gegeben, sie vor oder nach dem Frühstück zu erledigen?

Bis zu drei Nutzungen – da wird’s bunter

Multikulturell besser aufgestellt  sind Wiesen, Schläge oder Teilflächen von Wiesen, die weniger als vier Nutzungen dienen.

Von Tallagen bis zu mittleren Höhenlagen von 800 bis 900m Seehöhe lassen inzwischen sogar Dreischnittwiesen Nutzungsfenster von 8 bis 9 Wochen zu. In diesen Ruhezeiten können Vögel eine Brut aufziehen, einige Kräuter und Gräser zur Samenreife gelangen. Hier beginnt sich ein Insekten-Allerlei einzufinden.

Die Leguminosenvielfalt steigt in diesen Flächen deutlich an und steigert die Attraktivität in mehrfacher Hinsicht. Sie helfen, Dünger zu sparen, sie blühen lange und verschiedenfarbig, und sie zeigen eine deutlich höhere Nutzungselastizität. Soll heißen: Das Futter hat trotz älterem Bestand eine vernünftige Wertigkeit. 
Biobäuerinnen und Biobauern, die solche Wiesen bewusst wahrnehmen, die Nutzung und Pflege auf die schon hohe Vielfalt anpassen, haben meist eine große Freude damit. Da wird das Pflücken eines  Muttertags- und Vatertagsstraußes wieder selbstverständlich.

Ein- und Zweischnittwiesen, die Klassiker der Biodiversitätsflächen

wird`s auf der Wiese bunter, steigt die Artenvielfalt beträchtlich © Danner

Mager oder feucht. 
Zweinutzige Wiesen sind häufig seichtgründige, sonnseitige, eher trockene Magerwiesen. Ihnen bescheinigen Biologen und Botaniker einen besonders hohen Wert im Sinne der Artenvielfalt. Diese Flächen zu belassen wie sie sind, bzw. wieder so zu lassen wie sie von Natur aus wären, ist wirtschaftlich kein Verlust. Hier Dünger zu investieren, setzt sich kaum in Ertrag um, der Verlust von Artenvielfalt ist hingegen beträchtlich. An anderer Stelle ist Mist oder Gülle deutlich besser angelegt. 
So können Mager-Wiesen dieser Art mit Stolz als Biodiversitäts-Hotspots präsentiert werden.

Feuchtwiesen, die als sogenannte „WF“ Flächen mit sehr später Schnittzeitauflage versehen sind, liefern ohnehin nur Einstreu, bestenfalls Pferdeheu. Welches übrigens den Einhufern sehr zuträglich ist. Pferde mögen Magerheu nicht nur gern, es verhindert Hufrehe, Sehnenschwäche  und schlechte Zähne.
Feuchtwiesen sind aufgrund ihrer langen, ungestörten Aufwuchszeiten und der temporären oder dauerhaften Vernässung ein Paradies für Amphibien, Insektenarten und auch ins Hintertreffen geratene Pflanzen wie dem Knabenkraut oder Pfeifengräsern.

Reduziert genutzte Ecken, Streifen, Raine

Die zuletzt beschriebenen Flächen müssen keine ganzen Feldstücke sein. Im Sinne der eingangs erwähnten Landschaftsmosaik-Bildung sind besonders auch kleinflächige Strukturen wichtig, um die Vernetzung und Brückenbildung in der Landschaft herzustellen. Viele Arten sind nicht besonders mobil, brauchen beim Wandern zwecks genetischen Austauschs auf kurze Strecken Zwischenstationen. 
Blüh- oder Altgrasstreifen, an Zäunen, Hecken, Gewässerläufen oder Wegen angelegt oder einfach stehengelassen, leisten hier wichtige Funktionen und verursachen keinen Arbeitsaufwand.

Altgras überjährig stehen zu lassen, ist nicht besonders beliebt. Wir sind zur Ordnung erzogen worden. Nichts desto trotz kann es sich anbieten, einen Graben, eine Mulde, einen „Spitz“ zwischen Weg und Nachbargrundstück nicht auszumähen (ab. 15. August bei ÖPUL-DIV), und so über den Winter bis ins Frühjahr hinein mit Stengeln, Stauden, Wind- und Wetterschutz ein Überwinterungshabitat für viele Insektenarten bereitzustellen.

Dies sind Flächen, die als ÖPUL Biodiversitätsauflage der Variante C gelten, im Folgejahr automatisch Variante A, weil sie dann noch bis zum 2. Schnitt vergleichbarer ortsüblicher Flächen stehenbleiben.

Pufferstreifen

Eine Auflage in der „erweiterten Konditionalität“, die Bestimmung GLÖZ 4 (ich bitte um Nachsicht, diese Begrifflichkeiten entstammen nicht meiner Kreativität!) sieht Pufferstreifen entlang von Gewässern vor. Auf mindestens 3 Meter Breite, bei belasteten Gewässern („Zielverfehlung“ lt. Gewässerwirtschaftsplan) 5 Meter, bei stehenden Gewässern 10 Meter dürfen keine Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen erfolgen.
So bietet sich ein solcher Streifen ohnehin an, als Biodiversitätsfläche mit den entsprechenden Nutzungsfenstern bewirtschaftet zu werden. Als Grenzflächen unterschiedlicher Landschaftsstrukturen (Gewässer – Wiese) werden sie zu Begegnungszonen und Jagdrevieren erster Güte!

Hecken

Sträucher und niederwüchsige Gehölzstrukturen gehören in vielen Regionen zum Landschaftsbild.
Viele sind aber auch verschwunden. Die Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Erhebung von Landschaftselementen, deren dauerhafte Unter-Schutz-Stellung hat nicht selten zum unerwünschten Effekt geführt, dass sie entfernt wurden, bevor der Schutzstatus schlagend wurde.
Diesbezüglich hat auch der Fördergeber dazugelernt, „Landschaftselemente“ sind nun jährlich variabel zur Förderung beantragbar.
So bleibt zu hoffen, dass eine „Renaissance des Interesses“ an diesen vielseitigen und äußerst wertvollen Landschaftsgestaltern und Lebensräumen eingeleitet wird.

Welchen Zweck kann eine Hecke in einer Graslandschaft erfüllen?
  • Windschutz, Taubildung (verzögerte Bodenaustrocknung)
  • Fruchtnutzung
  • Unterschlupf (Rebhuhn, Fasan, Hase und Igel, Reh,…)
  • Nistplatz
  • Nektarträger
  • Futterquelle und Wohnraum (für Singvögel)
  • Medizinalwirkung (für Weidetiere)
  • Schattenspender
  • Flurabgrenzung
  • Energieholznutzung
Hecken sind hocheffiziente Landschaftsstrukturen © Danner

So spricht man heute gerne und zurecht von „Mehrnutzungshecken“. Diesen Mehrnutzen gilt es zu entdecken.

Nichtflächige Landschaftsstrukturen

Landschaft wird durch ganz Offensichtliches geprägt wie Wald und Wiese, Hofstellen, Siedlungen, Wasserläufe, Teiche und Seen, Baumgruppen und mächtige Solitärbäume. Kleine Strukturen sind oft unscheinbar und nur auf den zweiten Blick sichtbar. Sie sind dennoch für viele Organismen unverzichtbar.

Lesesteinhaufen, Altholz(-haufen) für Eidechsen, Blindschleichen, Holzläger, Kleingewässer oder Entwässerungsgräben mit flachen Böschungen, sonnenexponierte unbewachsene Erde, (für Wildbienen), schlammige Wasserlachen auf Feldwegen oder Hofstellen (Nistmaterial für Schwalben), ein paar Disteln oder Brennnesselgruppen und vieles dergleichen soll Platz haben dürfen, um die Vielfalt, die auf diese „Unordentlichkeiten“ angewiesen ist, zu ermöglichen. Das alles berührt nicht unser Zeit- oder Geldbudget. Das macht keine Arbeit. Es ist eine Frage der Einstellung, ob wir das zulassen oder nicht.

Biodiversitätsleistungen objektiv bewerten

Der Biodiversitätsrechner von BIO AUSTRIA bzw. der Bericht, den jeder Betrieb mit diesem Werkzeug ausgewiesen bekommt, ist sozusagen die Quittung, der Nachweis für alles, was auf dem Bio-Grünlandbetrieb (wie auch auf dem Ackerbaubetrieb) an Maßnahmen aktiv umgesetzt oder an ordentlichen und „unordentlichen“ Strukturen zugelassen wurde.

Nach zahlreichen Erhebungen mit dem Rechner kann zusammenfassend festgestellt werden, dass der allergrößte Teil der BIO AUSTRIA Grünlandbetriebe die geforderte Mindestschwelle von 200 Punkten übertrifft. Das bestätigt auch den Ansatz, die Biodiversitätsleistungen der BIO AUSTRIA Betriebe zu erfassen und darstellen zu wollen, nicht mit zusätzlichen „Auflagen“ das Leben zu erschweren.

Für Betriebe, die auf einheitlichen Bodenqualitäten in Gunstlagen wirtschaften und in den letzten Jahren die gesamte Grünlandfläche homogen als Vielschnittwiese genutzt haben, ist es natürlich eine Herausforderung, sich die eine oder andere Maßnahme zu überlegen und umzusetzen, um dem Standard zu entsprechen. Allein, die Maßnahmen für die Biodiversitäts-Auflagen des neuen ÖPUL Programms, kombiniert mit dem verstärkten Weideangebot auf Biobetrieben lässt auch die intensiver wirtschaftenden Betriebe der Gunstlagen in Sichtweite der Punkteschwelle kommen.
Die ggf. noch fehlenden Maßnahmen umzusetzen soll kein  Ärgernis und kein Hindernis für Biobäuerinnen und Biobauern sein, sondern eine Bereicherung für jeden Betrieb

Markus Danner

Biobauer, Biobäuerin sein in stürmischen Zeiten

Die letzten Jahre boten Phasen, in denen die Entscheidung, Biobauer zu sein, zu bleiben oder zu werden leichter war als in den aktuellen Wochen und Monaten.
Die Kugel rollte schon ruhiger.
Dennoch gilt: Unterm Strich gibt’s keine wirkliche Alternative.

Biologische Landwirtschaft in Österreich

In über 40 Jahren wurde die heutige Akzeptanz und Relevanz in der Landwirtschaft, Gesellschaft und auf dem Lebensmittelmarkt erarbeitet. 
Der Stellenwert, den die Biolandwirtschaft in Österreich erreicht hat, ist das Ergebnis langjähriger hartnäckiger Arbeit mit Rückschlägen und Erfolgen auf den vielen Biobetrieben von der Pionierarbeit bis zu jenen, die erst kürzlich zu der Erkenntnis gelangt sind: Ja, das hat Sinn.

Bio ist Erfolgsgeschichte!

Die Entscheidung, auf die biologische Landwirtschaft zu setzen, war und ist für viele österreichische Landwirtschaftsbetriebe die richtige.
Die Erfolgsgeschichte der letzten Jahre wird nicht dadurch geschmälert, dass aufgrund einer Krisensituation medial Hysterie betrieben wird.

Das Viertel Butter um gut 3 Euro, kürzlich in einer Nachrichtensendung als „für Viele nicht mehr bezahlbar“ bezeichnet, nähert sich jetzt seinem wahren Wert. Für ein Kilo Butter werden nunmal 25 Liter Milch benötigt. Kurz: Panik ist nicht angesagt.
Information und Kommunikation gegenüber der Gesellschaft sowie Standhaftigkeit gegenüber der eigenen Sache ist gefragt.
Dass BIO in der Öffentlichkeit Früchte trägt, zeigt auch die Tatsache, dass der Biomarkt in Österreich trotz der Teuerungswelle bislang nicht eingebrochen ist. In Nachbarländern zeigen sich diesbezüglich größere Schwierigkeiten.

Bio liefert! Qualität und regionale Versorgungssicherheit. © BioAusDemTal

Die Verringerung der Preisspanne zwischen manchen konventionellen und biologischen Produkten im Geschäftsregal sehen einige als positiven Effekt, der die angespannte Marktsituation überbrücken und Abwanderung von Biokunden verhindern hilft, andere als Katastrophe, weil sich der Mehrwert der Bioprodukte zu wenig abbildet.
In Anbetracht der Wucht, mit der die Ereignisse und Hiobsbotschaften in den letzten Monaten auf uns zurollten, sind Marktverwerfungen jeglicher Art und Intensität aber wenig überraschend.
Mit einer guten Portion Gelassenheit werden wir diese unsichere Phase übertauchen. Und mit vereinten Kräften werden wir unseren Anteil einfordern, den Mehrwert unserer Arbeit wieder ins rechte Licht rücken müssen, wie wir das auch in der Vergangenheit immer getan haben.

„Bio“ muss liefern!

In Zusammenarbeit von Praxis, Wissenschaft, Forschung und verbandseigener Beratung ist mit dem Biolandbau eine Methode etabliert, von der wir wissen, dass sie funktioniert und in der Lage ist, unter Schonung der natürlichen Ressourcen Erträge zu erwirtschaften. 
Erträge, die auf Dauer Versorgungssicherheit garantieren können.

Dass Biolandwirtschaft mit den Höchsterträgen konventioneller Methoden nicht mithalten kann, sollte uns in keiner Weise beunruhigen. 
Langfristig muss die Sache Bestand haben, und dieses Match zwischen Bio und konventionell  ist zugunsten des Biolandbaus entschieden!

An der „Methode“ Biolandwirtschaft müssen wir aber laufend weiterarbeiten. Neben dem ständigen Kampf gegen inakzeptable Forderungen und Vorschriften, woher auch immer sie kommen mögen, lauert auch permanent die Gefahr, Wesentliches aus den Augen zu verlieren und gefährliche Kompromisse einzugehen (z.B. in Düngung, Pflanzenschutz,  Fruchtfolge oder Gentechnik..). 

Bio heißt miteinander nach Vorne schauen © Danner

Genau deshalb ist ein hoher Organisationsgrad der Biobauern im Verband BIO AUSTRIA notwendig. Nur organisiert können wir das „Werkl“ zusammenhalten. 
WIR Biobauern wissen wie Tiere gehalten werden sollen. Wir wissen auch wie Fruchtfolgen auszusehen haben. In jahrzehntelanger Praxis haben WIR das entwickelt, nicht „Qualitätssicherungsabteilungen“ in Bürohäusern von Handelskonzernen. Das braucht uns niemand von außen zu erklären.

Um Marketingschmähs aller Art etwas entgegenzusetzen, ist die Identifikation mit einem eigenen bäuerlichen Bio-Standard, der eigenen „Marke“, von entscheidender Bedeutung. Hier dürfen und sollen wir etwas mehr Selbstbewusstsein vor uns her tragen.
Eine solche Identifikation kann der BIO AUSTRIA Standard bieten. 
Er hat einen belegt hohen Bekanntheitsgrad in Österreich. So erinnert sich der Supermarktkunde durch das sonnengelbe Logo auf einem Produkt an seinen BIO AUSTRIA Direktvermarkter genauso wie umgekehrt. Eine echte Win-Win-Situation für jeden Biobetrieb und jeden Verarbeiter und Vermarkter, der Bioprodukte mit dem Label auf den Markt bringt. Jede und jeder Einzelne von uns Biobäuerinnen und Biobauern hat eine Verantwortung für den „Markt“, für die Attraktivität unserer Erzeugnisse beim Kunden!

Ein gemeinsamer Standard schützt vor Verwässerung und Wildwuchs. Denn nichts ist langfristig gefährlicher für den Premiumstandard Bio, als Unklarheit.
BIO muss also liefern: Qualität, Quantität, Charme und Sicherheit.

Die Systemleistungen gemeinsam kommunizieren

Die grundsätzlichen Vorzüge der Biolandwirtschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert, sie sind nur wichtiger denn je!
Themen wie Bodenschutz, Humuswirtschaft, Ressourcen-Effizienz, standortangepasste Bewirtschaftung und Fruchtfolge werden nicht alt. 
Artenvielfalt und die CO2 Bilanz sind in den vergangenen Jahren brisanter geworden.
Dem trägt BIO AUSTRIA insofern Rechnung, als wir beispielsweise die Förderung der Artenvielfalt in unseren Standard festgeschrieben haben und sie mit einem Werkzeug, dem Biodiversitätsrechner, sichtbar machen. So werden aus Erzählungen herzeigbare Fakten. 

Wohin auch immer sich unsere Gesellschaft entwickelt: Ohne Schaden können wir uns dem Naturkreislauf nicht entziehen! © Bio Austria

Das Biobauer/Biobäuerin sein ist  viel mehr, als ein Bündel von Richtlinien und Vorgaben einzuhalten, die uns zweifellos schwer fordern.
Allen äußeren Einflüssen und Forderungen gegenüber sind wir dann bestmöglich gewappnet, wenn wir uns darauf verlassen können, in und mit einer großen Interessensgruppe eben deren Interessen voranzutreiben und die Wurzeln unserer biobäuerlichen Werte nicht zu verlieren. Wurzeln geben bekanntlich Standfestigkeit und verhindern Erosion.

Weiterlesen (2. Teil)

Ulrike Gangl, Obfrau BIO AUSTRIA Salzburg

Abruptes Ende des Biobooms?

Steht ein abruptes Ende des Biobooms bevor?  Verena Kainrath stellt es im Standard vom 6. Juni in den Raum.

Und stellt ebenso fest, dass die Wurzeln tiefer liegen als im gegenwärtigen Inflationsgeschehen.

Jahrelang hätten Politik und Handel den Leuten mittels Parolen von Konsumpatriotismus eingeimpft, dass Regional das bessere Bio sei. Die Biobranche verharre davor wie das Kaninchen vor der Schlange und sehe zu, wie ihr die Felle davon schwämmen.

Davongeschwommene Felle sind mir keine aufgefallen, der „Regionalität“, die konsequent umgesetzt natürlich ein sinnvolles und ressourcenschonendes Konzept sein kann, sind aber auch viele Biobauern auf den Leim gegangen. 

Denn „Regional“ ist kein Qualitätsmerkmal. Wie Kainrath feststellt, werden Schweine auch regional auf Vollspaltenböden mit Gen-Tech Soja aus Übersee gefüttert. Wird Obst auch regional x-mal mit Pestiziden gespritzt. Diese Differenzierung wird im informierten Teil unserer Gesellschaft durchaus vorgenommen!

In der Landwirtschaft glaubten und glauben viele, diese Differenzierung wäre nicht nur nicht notwendig, sondern schädlich. Das kommt natürlich vor allem jenen zupass, die gerne im allgemeinen Sog der vermarkteten Landwirtschaftsidylle mitschwimmen. 
Nach dem Motto: Unsere bäuerliche, kleinstrukturierte Landwirtschaft plus Salzburg, oder plus „Ländle“ (Kosename von Vorarlberg, Anm.), oder plus Tirol etc. ist mehr als Bio genug. 
Dieses Phänomen strahlt inzwischen beinahe europaweit. 

Deutlich zeigt sich das gegenwärtig in der auf die Ukraine-Krise reflexartig erfolgten Forderung, lieber auf Biodiversitätsmaßnahmen zu pfeifen, als ein bisschen weniger Getreide zu verfüttern oder gar zu verspritten oder Mais für Biogasanlagen anzubauen.

Die Biobauern werden sich entscheiden müssen. Ob sie Biobauern sein wollen oder nicht. Wenn ja, werden sie den Mut aufbringen müssen, sich von der konventionellen Landwirtschaft abzugrenzen, um dadurch die Glaubwürdigkeit wieder zu erlangen, die gerade aufs Spiel gesetzt wird.

Die Biobäckerei Obauer im Salzkammergut hat schon in der Vergangenheit gute Bio-Preise für die Rohstoffe (Bio-Getreide!) bezahlt. Liegen die Steigerungen beim Getreide immer noch in  Centbeträgen pro Kilo, bezeichnet Obauer die derzeitige Preisdebatte als Panikmache. 
Der Preis des Lebensmittels, das vom Biobetrieb in die Verarbeitung und den Handel geht, ist nicht das Problem. Das Problem sind all jene, die jetzt die Gelegenheit sehen, dick Rahm abzuschöpfen. 

Hier die Hebel anzusetzen, wäre Auftrag an die Politik!

Besonnen und glaubwürdig weitermachen  könnte das Credo lauten. Dann müssen wir das Ende von Bio nicht ausrufen, sondern im Gegenteil, diese Landwirtschaft als die einzig zukunftsträchtige erkennen und umsetzen.

Markus Danner

Bio und die Artenvielfalt

Europa, Österreich, ÖPUL, Kontrollstellen, BIO AUSTRIA und die Gesellschaft. Alle wollen es, die Landwirtschaftsbetriebe sollten dafür sorgen.

Die Biodiversität, auf deutsch die Artenvielfalt bzw. deren Schwund ist in aller Munde. Natürlich kann sich ein Biobauernverband diesem Thema nicht entziehen.

Die Schwesterverbände des deutschsprachigen Auslandes haben schon seit Jahren entsprechende Standards festgeschrieben. Auch der Gesetzgeber, respektive der „Fördergeber“, sprich EU und Bund fordern Maßnahmen ein, die dem Artenschwund Einhalt gebieten sollen.

In der kommenden ÖPUL Periode sind auch bei Biobetrieben wieder Schnittzeitauflagen bzw. artenreiche Wiesen auf 7 % der Mähfläche vorgesehen bzw. vorgegeben.

BIO AUSTRIA hat ein Punktesystem entwickelt, das die ÖPUL-Maßnahmen integriert und darüber hinaus alle Strukturen und Maßnahmen auf dem Betrieb „belohnt“, die im Grünland, auf dem Acker, durch Landschaftselemente, Nisthilfen für Vögel, Lebensräume für Amphibien, durch Streuobstwiesen und -bäume und vieles mehr zum Schutz von Insekten, Vögeln, Kalt- und Warmblütern und selten gewordenen Pflanzenarten dient.

Dieses Punktesystem bildet sich im „Biodiversitätsrechner“ ab.

Der Biodiversitätsrechner zeigt dir, ob und wie stark die Bewirtschaftung deines Betriebes auf die Artenvielfalt förderlich wirkt.

über 200 Punkte: sehr gut!

weit über 200 Punkte: Hervorragend!

Auf diesen Rechner hat jedes Mitglied auf der BIO AUSTRIA Homepage Zugriff. Eine Registrierung für den Login-Bereich ist allerdings notwendig.

Ich bitte alle Mitgliedsbetriebe, die sich noch nie auf der BIO AUSTRIA Seite registriert haben, dies nachzuholen. (Nur ein paar Klicks und Angaben!).

Nach Erhalt der Zugangsdaten steht der Erforschung der eigenen „Inseln der Artenvielfalt“ nichts mehr im Wege. 2022 wird im Zuge der Biokontrolle abgefragt, ob dieser Rechner ausgefüllt ist oder nicht, mit dem Hinweis, das bitte bis Ende des Jahres zu tun.

Bis dahin haben wir das aber wieder vergessen, deshalb steht beim nächsten Jour Fixe am 1. Juni ’22 das Thema Biodiversität auf dem Programm.

Wir werden die ÖPUL-Maßnahmen ebenso diskutieren wie das Festhalten eurer Biodiversitätsleistungen im Online-Rechner.
Wir gehen sozusagen gemeinsam auf Punktejagd!

Link zur Registrierung auf der BIO AUSTRIA Seite.

Wer’s gleich probieren möchte: Der Einstieg in den Rechner befindet sich HIER

Markus Danner

Bio Standards in der Direktvermarktung

Bio- Direktvermarktung

im Rahmen der BIO AUSTRIA Richtlinien, der neuen EU Bio-Verordnung  und weiteren Richtlinien.

Jour Fixe, Mittwoch, 2. März, 19.30 Online per Zoom. Wir diskutieren und beantworten Fragen wie:

  • Was ist bei der Zertifizierung zu beachten, welche Neuerungen gibt es  für die Direktvermarktung in der EU BIO-Verordnung ? 
  • Was ist ein Bio-Produkt, was ein BIO AUSTRIA Produkt ? 
  • Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen sind vorgegeben, welche Ziele hat BIO AUSTRIA?
  • Die Verwendung  des BIO AUSTRIA Logos: Chancen und Herausforderungen

Bei unserem 6. Jour Fixe erörtert euch Regina Daghofer, Beraterin für den Bereich Direktvermarktung bei BIO AUSTRIA Salzburg, was zu beachten ist, wenn ihr als BIO AUSTRIA Mitgliedsbetrieb eure selbst erzeugten Produkte vermarkten wollt. 

Der Hintergrund ist ernst, denn es gibt durchaus beabsichtigte Tendenzen, „Bio“ als Premiumstandard unter dem „Regional-Mäntelchen“ verschwinden zu lassen.

Für  Fragen und die Diskussion um die Chancen und Herausforderungen der Vermarktung als BIO AUSTRIA Betrieb stehen Euch auch unsere beiden für Direktvermarktung zuständigen Vorstandsmitglieder Christoph Quehenberger, Kleinarl, „Bio  aus dem Tal“  und Anton Spitzauer, St. Georgen, „Aglassinger  Biobauernmarkt“  zur Verfügung. 

Jetzt registrieren bis spätestens 2. März, 14:00 Uhr!

Thema: Bio-Direktvermarktung
Uhrzeit: 2.März.2022 19:30 Online

hier registrieren:
https://zoom.us/meeting/register/tJEpceihqz4oHNLnI2CjlWSP9PESkQ1vIER5

Die Folgenden Gedanken wurden an dieser Stelle am 1.1.2020 veröffentlicht:

Bio Standards und bio-bäuerliche Identifikation

Richtlinien, Auflagen, Verbote, Verpflichtungen, Beschränkungen, Vorgaben, Kontrollen. 

Wem hängen sie nicht zum Hals raus.
Die Biobauern müssen sich damit auseinandersetzen, seit es Regelungen gibt.

In der Pionierzeit waren es selbst auferlegte Rahmenbedingungen, mithilfe derer das System BIO definiert wurde. Bald musste und wollte man sich aber gegen Trittbrettfahrer und sonstige Möchtegerne schützen und die Sache wurde „amtlich“.
Nebenbei bemerkt, die Trittbrettfahrer und Möchtegerne sind seither leider nicht weniger geworden.

Der Zusammenschluss zur Interessensgemeinschaft

Zur Verfolgung gemeinsamer Ziele wurden und werden Vereine gegründet. So auch bei den Biobauern. BIO AUSTRIA ist das Ergebnis von Zusammenschlüssen biobäuerlicher Organisationen. 

Als solches kümmert sich der Verein um verschiedenste Belange wie z.B. den Aufbau eines Wiedererkennungswertes – in Gestalt des BIO AUSTRIA Zeichens. Auf Höfen, Produkten, Vermarktungseinrichtungen, bei Partnern und in Medien stößt man darauf und erkennt österreichische Biolandwirtschaft wieder.

Wir Biobauern und -bäuerinnen – Eine Marke

In den Aufbau einer Marke investieren Unternehmen Millionen.
Die Marke „BIO AUSTRIA“ hat nicht soviel gekostet. Ist sie den Biobauern vielfach deshalb so wenig wert?  Mit ungläubigem Staunen kann und muss vielerorts festgestellt werden, wie die Gemeinschaftsleistung „Markenbildung“ und ein in ganz Österreich und darüber hinaus wohlbekanntes Markenzeichen,  von Mitgliedsbetrieben ignoriert wird. 

Starke Marke? ja, wenn sie genutzt wird!

Jede/r kann davon profitieren, jede/r stärkt mit seiner Präsenz als BIO AUSTRIA Bauer und Bäuerin das Ganze. Es ist ein Geben und Nehmen in Einem.

Marken geben Sicherheit. Kauft ein Kunde auf dem Wochenmarkt an einem BIO AUSTRIA gekennzeichneten Stand BIO AUSTRIA gekennzeichnete Produkte, erinnert er sich daran, wenn er nächstens im Supermarkt ein Milchpackerl mit BIO AUSTRIA Logo oder ein sonstiges Produkt kauft. Das Eine wird mit dem Anderen assoziiert. So wird die Marke sukzessive stärker.

Die Realität zeigt oft ein anderes Bild. „Eigene Süppchen kochen“ ist aber noch kein Marketingkonzept. 

Flucht vor klaren Absagen an Konventionalisierung

Bio Austria hat zahlreiche Mitglieder verloren.
Durch das Verbot des elektrischen Kuherziehers meinten viele, dieser wäre ihnen wichtiger und verließen den Verein.
Durch die Beschränkung des Kraftfuttereinsatzes auf ein argumentierbares Maß stiegen einige aus. Bio sind sie geblieben.
Durch die BIO AUSTRIA-eigene Weideregelung ergriffen Betriebe die Flucht. BIO sind sie geblieben. Die EU Bio-Verordnung holt sie nun wieder ein.

Seit zwei, drei Jahren ist eine deutsche Düngemittelfirma aggressiv auf dem österreichischen Markt aktiv. Mit Hochglanzprospekt und unwiderstehlichen Produkten und Versprechungen. Schwefel wird künftig unsere Probleme lösen, so der Tenor.
Und auch da gibt es Betriebe, die mit dem Verlassen des Vereins liebäugeln, noch bevor sie sich erkundigt haben, welche Alternativen innerhalb des BIO AUSTRIA Standards zur Verfügung stünden.
Nach kurzer Recherche konnte in Erfahrung gebracht werden, dass die stickstoffhaltigen Dünger dieser Firma Melassehydrolysat aus China beinhalten.
So wird BIO sicher zum Verkaufsschlager, wenn wir Industrie-Abfälle vom Weltmarkt auf unsere Felder streuen! (Ironie Ende)

Nur ein bäuerlicher Bio-Standard schützt vor solchem Unsinn!

Die Beispiele zeigen auf, dass BIO auf nicht ungefährlichen Pfaden wandelt. Sie zeigen auch, dass der BIO AUSTRIA Standard einen tatsächlich großen Mehrwert zu „EU-Bio“ darstellt, weil sich der Verein mit seinem Regelwerk gegen die Konventionalisierung im Dünge-, Pflanzenschutz- und Tierhaltungsbereich stellt. Weil BIO AUSTRIA die Glaubwürdigkeit des Biolandbaus schützen und erhalten will. Trotz Widersprüchlichkeiten im eigenen Haus.
Diese Interessen hat sonst niemand. Dessen sollten sich die Biobauern bewusst werden. Und dann entscheiden, welcher Weg der zukunftsträchtigere sein wird.

Bodenbeurteilung am Acker © Bio Austria
Zusammenarbeit bringt uns weiter, nicht Eigenbrötlerei.
Bodenbeurteilung am Acker © Bio Austria

Rahmenbedingungen müssen definiert und eingehalten werden. Um sie so verträglich wie möglich umsetzen zu können, hat BIO AUSTRIA seinen Servicedienst für die Mitgliedsbetriebe in mehreren Bereichen aufgebaut.
Gemeinsam finden wir jedes Betriebsmittel, das wir brauchen, jede Zutat, jedes Produkt. 

Es wird wohl notwendig sein, wieder auf eine klarere Linie zurückzukehren. Die Handelsmarken Standards sind ein Flickwerk, in dem der Eine den Anderern sektoral übertrumpfen will. Der Blick aufs Ganze bleibt dabei trüb. Der EU Bio-Standard ist zu löchrig. Nahezu jede Molkerei unterschreibt bei einem anderen Abnehmer eine andere Vorgabe. Einen gemeinsam gültigen Standard bietet den Biobauern nur der einzige bäuerliche Standard. Und das ist in Österreich jener von BIO AUSTRIA. 

Markus Danner
Sebastian Herzog

Den Stickstoff in der Gülle halten

Im Spätherbst beginnen sich die Düngerlager wieder langsam zu füllen. Dann ist der richtige Zeitpunkt, um allfälligen Verlusten v.a. von Gülle entgegenzuwirken.

Zahlreiche Analysen aus den letzten drei Jahren belegen, wie unterschiedlich sich der Düngersaft von verschiedenen Betrieben zeigt. Die Gründe sind oft schwer nachvollziehbar. Es macht aber auch deutlich, dass gewisse  Bedingungen höhere Verluste verursachen, andere weniger.
Konkret zu benennen, welche Stallsysteme, Fütterungskonzepte, Entmistungs- oder Lagerbedingungen mehr oder weniger Verluste verantworten, ist derzeit so gut wie unmöglich. Konsens besteht lediglich darin, dass umso weniger Ammoniakverluste an Oberflächen entstehen, je schneller und vollständiger die Ausscheidungen der Tiere im Lager landen. Und dort sollen Maßnahmen dazu führen, den Stickstoff in der Gülle zu halten.

Heilsversprechen sind meist leere Versprechen

Bei der Recherche von Anbietern unterschiedlicher Zusatzstoffe tauchen manchmal abenteuerliche Versprechungen und Ideen auf.
So wird von einem idealen pH-Wert der Gülle bei 4 schwadroniert. Wie dieser Wert erreicht werden soll, bleibt unbeantwortet, bzw. einer Mikrobenkultur überlassen.
Ich betrachte solcherlei Heilsversprechen als weder zielführend noch vertrauenserweckend.

Umso mehr bin ich aber ein begeisterter Verfechter des betrieblichen Experiments. Und viele betriebliche Experimente zeigen ein hoffnungsvolles Bild: Dass gewisse Maßnahmen zu erstaunlichen Ergebnissen in der Qualität der Gülle führen können. Und wie schon mehrfach an dieser und anderen Stellen festgehalten, brauchen wir gute Güllequalitäten wie den sprichwörtlichen Bissen Brot.

Worin zeigt sich Güllequalität?

Die Nährstoffgehalte allein sind es nicht, die die Qualität eines Düngers anzeigen.
Moderate bzw. eng begrenzte Verluste vielmehr sind es, die mehrere Fliegen auf einen Streich erlegen:
Die Belastung der Luft durch Emissionen sinkt im selben Maß, als die entsprechenden Werte in der Gülle höhere Gehalte anzeigen. Somit ist der reine Düngerwert höher und mit ihm die Wirtschaftlichkeit.
Weiters leuchtet ein, dass Pflanzen, Boden und Bodenleben dankbar annehmen, sowenig wie möglich mit Ammoniak, Schwefelwasserstoff und anderen ätzenden Abbauprodukten belastet zu werden.

Welche Vorgänge und Mechanismen speichern Stickstoff

Ein beträchtlicher Teil des Stickstoffs liegt „organisch gebunden“, d.h. in Aminoverbindungen und damit großen Molekülen vor. Dieser Teil ist nicht unmittelbar verlustträchtig, weil er nicht gasförmig entweicht. 
Der anorganische Anteil, der namentlich in Form des Ammoniums (NH4) enthaltene Stickstoff bzw. schon als Ammoniak (NH3) vorliegende N-Pool ist jener, der sich anschickt, auf die Reise zu gehen. 
Diese Weltenbummlerei macht uns aber alle bekannten Probleme, ist schade ums Geld und soll daher spätestens am Bahnsteig (kurz vor der Ausfahrt in die Atmosphäre), besser schon früher, unterbunden werden.
Womit wir wieder zum betrieblichen Experiment zurückkehren!

Das machen Biobetriebe erfolgreich mit Gülle

Eine der wichtigsten Hauptmerkmale der Flüssigdünger ist ihre Fließfähigkeit. Denn die Gülle soll zum Boden gelangen statt zäh an Stoppeln und Pflanzen zu kleben. Unzählige Beispiele bestätigen die Verbesserung der Viskosität durch regelmäßigen Einsatz von Mikroorganismen. Sie sind es auch, die N für den Aufbau ihrer Zellen brauchen, und somit Stickstoff „organisch binden“.

Und wozu ist jetzt das „Steinmehl“ wirklich gut?

Mit dem Steinmehl im Biolandbau ist es fast wie mit dem Glauben: In schlechten Zeiten steht man fest dazu, in guten kommen Zweifel und ist man gar vom Übermut gepackt, wird die Sache eher belächelt.
Doch erneut wurde mir eine Wirkung bestätigt, die in der jahrelangen Erzählung immer wieder zur Floskel zu verkommen schien: An den Steinmehlpartikeln siedeln sich wirklich Mikroorganismen an, die für ein gutes Milieu sorgen. Ein unverdächtiger Laborleiter schildert die Vorgänge und Entwicklungen an den Oberflächen des Materials auf meine wiederholte Nachfrage hin unmissverständlich.
So nähert sich Erzählung wieder dem Faktum.
Die experimentierfreudigen Betriebe kennen diese Wirkung an der Konsistenz und am Geruch der Gülle und an guten nachbarschaftlichen Beziehungen.

Pflanzenkohle

Kohle als Wirtschaftsdüngerverbesserer

Ebenfalls unmissverständlich ist das Ergebnis beim Kohleeinsatz. Sie nimmt Stickstoff mit Abstand am energischsten in den Schwitzkasten. Mit ihr gelangt der Dünge-N am sichersten in den Boden. Noch nicht ganz geklärt ist die Frage, in welchen Zeiträumen der absorbierte N wieder am Stoffwechsel im Boden teilnimmt, und wieviel sich die Kohle behält.
Unter diesem Gesichtspunkt empfehle ich den Kohleeinsatz an sich zwar unbedingt, die Einsatzmenge aber nicht an wirtschaftlichen Interessen der Anbieter anzulehnen, sondern an den Hausverstand.
1 bis 2kg Kohle  (= 3-4 Liter Feuchtkohle) pro Kubikmeter Gülle ist so lange ausreichend, bis konkrete neue Erkenntnisse eine andere (höhere) Dosierung empfehlenswert erscheinen lassen.
Mit einem Bigbag Pflanzenkohle, der gut 2,5m3 Rauminhalt aufweist, können somit ganz grob gerechnet 400 bis 500m3 Gülle stabilisiert werden.

Der richtige Zeitpunkt, das zu tun, ist jetzt.

Markus Danner

Tierhaltung und Weidemanagement im Bio Landbau

Die Weideregelung, die ab 2022 in Österreich per Erlass verfügt worden ist, ist hier ausführlich dargestellt:

Weide auf Biobetrieben

Internationale Fachtagung zu Fragen der Umsetzung der EU Bio-Verordnung.

Die Konsequenzen des inzwischen berüchtigten EU Audits in Österreich von 2017 sind nach wie vor weder in allen Bereichen klar, noch befriedigend.
Die Thematik ist inzwischen weit über Österreich hinaus heiß, denn aufgrund der Brisanz und der Folgenschwere der bislang gezeigten Kompromisslosigkeit mancher Auslegung durch Zuständige in Kommission (und Ministerien) ist bei vielen in der EU angekommen, dass es nicht bei einem österreichischen Problem bleiben wird.

In einer sehr gut gelungenen 1 ½ tägigen Fachtagung – online abgehalten – wurden die Positionen in Österreich, gesamteuropäisch und organisationsübergreifend ausgetauscht.

Die Standpunkte betroffener Bauern wurden eingangs per Videobotschaften eingebracht, Interessensvertreter von Bio austria und LK Österreich platzierten ihre Standpunkte und Forderungen zu den strittigen bzw. problematischen Bereichen in der Bio-Tierhaltung, v.a. in Bezug auf das Weideerfordernis.

Die fachlichen Expertenbeiträge ließen erkennen, dass eine Regelung, die in einem Absatz Haltungsvorgaben formuliert (wie eben das Weideerfordernis für die Pflanzenfresser), nicht undifferenziert, nicht absolut auf jedes Tier, nicht auf jede Tiergruppe umgelegt werden kann. 

Physiologische Ansprüche von Tieren, v.a. in ihrer Jugend oder lebenszyklische Bedingungen müssen berücksichtigt werden können, wenn das Tierwohl wirklich im Vordergrund stehen soll. Eine zwingende Weidevorgabe z.B. für Kälber/Lämmer/Kitze im Säugealter ist dadurch nicht nur in Frage zu stellen, sondern mitunter höchst kontraproduktiv.

Die juristische Betrachtung der Rechtsvorschriften im Sinne von Spielräumen oder Grenzen zeigte keine eindeutig einheitliche Rechtsmeinung. Klar ist: Die Gesetz-Werdung in der EU ist ein langwieriger Prozess, in den viele Interessen jahrelang in einen Rechtsbestand eingearbeitet werden müssen. Mündet dieser Prozess in eine Verordnung, ist es praktisch beinahe unmöglich, dies in überschaubaren Zeiträumen zu ändern. Und – die Verordnung ist überall und unmittelbar anzuwenden! D.h. die Mitgliedstaaten haben nicht die Möglichkeit, daraus eigene Regelungen zu kreieren, wie etwa bei EU Richtlinien.

Neben Bio Austria Obfrau Gertraud Grabmann wiesen auch Bioland und IFOAM Präsident Jan Plagge und andere darauf hin, dass die Verordnung durch ihre (absichtlich?) nicht präzise ausformulierten Artikel (z.B. …wenn die Umstände dies gestatten…, oder …teilweise…) Spielräume zulassen, die es zu nutzen gilt, und die aufgrund der Heterogenität der Naturräume und sonstigen Voraussetzungen in Europa genutzt werden müssen. 

Mastschweine im Strohauslauf. © Markus Danner
Mastschweine im Strohauslauf. © Markus Danner
solche “Frischluftbereiche” außerhalb des Stallgebäudes werden nach der Auslegung der EU-Verordnung nicht als Auslauf anerkannt.

Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass über mehr oder weniger Überdachung von Ausläufen großer Diskussionsbedarf besteht. In der Praxis macht das nicht „nur“ dem einen oder anderen Einzelbetrieb zu schaffen, sondern Produktionssysteme können dadurch in Frage gestellt werden. So sind in Frankreich z.-b. „All-straw“-Systeme in der Bio-Schweinemast verbreitet. D.h. auch im Auslauf finden die Schweine ein Strohbett vor, der Stall hat keine Spaltenböden. Das funktioniert natürlich nur mit überdachtem Auslauf, andernfalls ist dieses Festmistsystem nicht möglich. Auch in Salzburg gibt es mindestens zwei Ställe, die auf diese Art funktionieren. Würden die Schweine gefragt, ob ihnen Regen im Spaltenauslauf oder ein Strohbett, in das sie sich eingraben können, lieber ist, wie würden die sich entscheiden?

Ich wage keine Prognose, ob diese Tagung in der Rückschau als jenes Ereignis betrachtet werden kann, in Folge dessen sich betroffenen Betrieben wieder Möglichkeiten eröffneten.

Dennoch bleibt eine gewisse Zuversicht, denn die breite Einigkeit, die sich über Länder- und Organisationsgrenzen hinweg in Bezug auf Berücksichtigung lokaler/regionaler Besonderheiten gezeigt hat, war eine positive Überraschung. Es wird darauf ankommen, dass die handelnden Personen mit dem Schwung aus dieser Tagung rasch konkrete Ergebnisse erzielen. 

Markus Danner

Vom Umgang mit Gülle

zwischen Hausverstand, Gesetz und Wirtschaftlichkeit

Die NEC Richtlinie der EU zwingt Österreich, die Behörden und letztlich die Bauern in Bezug auf die Emissionen aus der Gülle(-düngung) zu handeln.
Vom Umgang mit Gülle, zwischen Hausverstand Gesetz und Wirtschaftlichkeit, ist dabei kaum die Rede.

Hoheitliche Vorgaben, seien es Gebote oder Verbote, sind zu erwarten.
Diese Vorgaben werden ausschließlich auf die Emissionsminderung, v.a. bezüglich Ammoniak, abzielen.

Vielerorts werden „Gülletage“ abgehalten, von Kammern, Maschinenringen, Landmaschinenproduzenten und Experten, die vorführen, wie Gülle am besten an den Boden gebracht wird.
Soweit, so gut. Dennoch bleibt großes Unbehagen. Viele Fragen tun sich auf, die teilweise sehr salopp pariert werden. 
ZB. das leidige Thema der Bodenverdichtung durch die häufig monströsen Güllefässer. Ist es korrekt und zulässig, diesen Einwand einfach mit dem Hinweis auf Reifendruckreduktion wegzuwischen?

Die Kosten:

Ist Gülleseparation und bodennahe Ausbringung mit bester Technik wirklich die praktikable Lösung für den Großteil der Betriebe mit 10, 20, oder 30 Kühen?
Die Frage sollte oder könnte doch auch lauten:
Wie kann Stickstoff in der Gülle stabilisiert werden?

Ist die überbetriebliche Düngekette die Zukunft, wobei die im Sinne der vielpropagierten standortangepassten, abgestuften Nutzung erforderliche individuelle, feldstückspezifische Düngerration verunmöglicht wird?
Führt uns das nicht eher zur weniger häufigen, aber größeren Einzelgabe?

Es ist zu befürchten, dass genau das eintritt, wogegen seit vielen Jahren beraten wird.

„Komm oft, bring wenig“ kommt mit diesem Ansatz im wahrsten Sinn des Wortes unter die Räder.

Gülleverteiler für Verschlauchungssystem © Markus Danner
Gülleverteiler für Verschlauchungssystem; Düngen ohne Bodendruck!
Der Nährstoffkreislauf eines tierhaltenden Betriebes hat viele Facetten, nicht nur jenen der potenziellen Emissionsgefahr!
© Markus Danner

Natürlich ist es richtig, dass die Pflanzenverschmutzung umso geringer ist, je schmaler das Düngeband durch den Bestand zieht. Zwangsläufig folgt aber auch, dass streifenweise die Menge so groß ist, dass Strukturschäden im Boden durch den temporären Kaliumüberschuss unvermeidbar sind.
Von der Sichtweise im Biolandbau, den Boden zu füttern, nicht die Pflanze zu düngen, entfernen wir uns in dem Maße mehr, als wir die vollflächige, gleichmäßige, oftmalige Düngung mit moderaten Mengen aufgeben.

Dass die Pflanzenbestände das nicht goutieren, zeigen viele Beispiele der letzten Jahre.

Fazit:

Es geht nicht im geringsten darum, wer Recht hat oder nicht. Der Appell zielt ausschließlich darauf ab, das Problem nicht eindimensional und rein technisch lösen zu wollen, sondern ein weiteres mal „aufs Ganze zu schauen“!

Die bereits genannten Düngungsgrundsätze dürfen wir einer rechtlichen Vorgabe willen nicht einfach über Bord werfen, sondern versuchen, sie unter allen Umständen zu integrieren. 
Diese Integration sollten wir als Biobauern im Sinne der Qualität des Gesamtsystems „BIOLANDWIRTSCHAFT“ gemeinsam schaffen.
Für die Ausarbeitung einer betriebsindividuellen Dünge- bzw. Düngerstrategie stehen wir von BIO AUSTRIA jederzeit zur Verfügung!

Düngungsgrundsätze in der Biologischen Landwirtschaft

  • Komm oft, bring wenig: 
    • zu jeder Nutzung eine Düngergabe; 
    • flüssig 12m3 bis max. 15m3/ha
  • wir düngen nicht die Pflanzen, sondern füttern den Boden!
    • Bodenleben füttern heißt, quantitativ und qualitativ die Nährstoffdynamik anzukurbeln (das nimmt auch den Schrecken vom P-Mangel)
    • Wir beleben mit den Düngern den Boden 
  • Verlustvermeidung durch Düngeraufbereitung! z.B.
    • Verdünnung (mind. 1/3 Wasser)
    • Steinmehlzugabe (Zeolith, Urgesteinsmehl, Tonmineral..)
    • Pflanzenkohlezugabe
    • Mikrobenpräparate (EM..)
    • Laufend viel Luft einmixen vermeiden!

Und ganz allgemein: 
Bodenschonung durch Verhinderung der Verdichtung durch zu hohe Achslasten, 
kein Befahren bei zu feuchten Verhältnissen, 
keine punktuelle Über- oder Unterdüngung.

Markus Danner

Die Bio-Beratung

Sich “beraten” lassen? Das heißt doch, dass jemand etwas weiß, was ich nicht weiß, oder? Mag ich das? Will ich das? Die Bio-Beratung soll mir etwas nützen? Ich weiß doch selbst am besten, was ich tue, oder?

Die große Herausforderung in der biologischen Landwirtschaft, und nicht nur dort, ist eine ständige Verbesserung der Produktionsprozesse, die auf Entwicklungen in der Praxis und auf Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung beruhen.

Entwicklungen in der Praxis gehen nicht voran, wenn sie sich neuen Impulsen verschließt.

Die Bio-Beratung will genau hier ansetzen: Die Praktiker durch setzen neuer Impulse dabei unterstützen, ihre Praxis so weiterzuentwickeln, dass daraus mehr Qualität, gerne auch mehr Ertrag, mehr Lebensqualität, mehr Tierwohl, mehr “Bio”, mehr Biodiversität, mehr Freude am eigenen Tun erwachsen kann.

Die Bio-Beratung ist Vermittler

BIO AUSTRIA versteht sich auch als Vermittler zwischen Praxis und Forschung und sorgt mit vielfältiger Bildungs-, Informations- und Beratungstätigkeit für intensiven Austausch von Wissen, neuen Erkenntnissen und Erfahrungen. 

BIO AUSTRIA ist der Verein der Biobauern und unterstützt seine Mitglieder über die Bio-Beratung hinaus mit einer langen Liste von Serviceleistungen:

kennen, was wächst! © Markus Danner
kennen, was wächst! © Markus Danner

Beratungsangebote in (fast) allen Betriebszweigen

Hier findest du den Berater deines Vertrauens!

Pflanzlicher Bereich:

Grünlandwirtschaft
Ackerbau, Kartoffelbau
Gemüsebau
Wein- und Obstbau

Tierischer Bereich: 

BIO Rinderhaltung
Schweine- und Geflügelhaltung
Schafe und Ziegen
Imkerei

Bio-Markt, Vermarktung

Direktvermarktung: Präsentation und Produkt-Etikettierung etc.

Prozess- und Entwicklung:

Betriebs-Strategieentwicklung: Betriebliche Standortbestimmung, 

In Summe arbeiten österreichweit rund 60 Personen (auch teilzeit) in der Bio-Beratung. 
Sie sind bei BIO AUSTRIA und/oder bei den Landwirtschaftskammern beschäftigt.

Landwirtschaft und Klima

Landwirtschaft und Klima

Die Landwirtschaft (mit der Jagd) war lange Zeit jenes Gewerbe, jener einzige Berufstand, der von sich behaupten konnte, einen Netto-Energieüberschuss zu erwirtschaften. Das gelang mithilfe grüner Pflanzen und des Sonnenlichts, mit dem die Pflanzen Kohlendioxid zu Kohlenhydraten aufbauen und speichern. Graser, also vor allem Wiederkäuer, transformieren ihrerseits grüne Pflanzen und Konserven daraus in Lebensmittel, mithilfe derer sich aus einem Haufen Wilder Zivilgesellschaften formen konnten.
Landwirtschaft und Klima waren und sind dadurch eng miteinander verflochten.

Aus dieser Position und aus diesem Selbstverständnis heraus wäre die Landwirtschaft in Bezug auf die CO2Problematik tatsächlich die Lösung.

Diese Zeiten sind aber längst vorbei.

Beharren landwirtschaftliche Funktionäre zwar immer noch darauf, nicht Teil des Problems, sondern der Lösung zu sein, bleiben sie den geringsten Beweis schuldig. Denn, die Landwirtschaft ist schon lange zu einem Netto-Energieverbraucher großen Stils geworden.

Das hat viele Gründe – politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche, zeitgeistige. 

„Die Bauern“ allein waren es nicht, sondern unser aller Art zu leben, zu konsumieren, beim Falschen zu sparen, zu rationalisieren und zu verbilligen.

Es wird nicht funktionieren, darauf zu warten, dass „die Politik“ den CO2 Ausstoß verringert. Die Politik wird das nicht können. CO2 Ausstoß wird dann verringert, wenn wir alle weniger Öl, Diesel und Benzin, weniger Kohle und Gas verbrennen. Punkt. (Und wenn wir es nebenbei nicht zulassen, dass die Welt von Verrückten regiert wird, z.B. Brasilien und etwas weiter nördlich, etc.).

Heuernte. © Markus Danner
Heuernte. © Markus Danner
Sonnenblumen blauer Himmel © Bio Austria
Kraft der Sonne © Bio Austria

Die Landwirtschaft muss zurück zum Netto-Energie-Überschussproduzenten! D.h. nicht „zurück auf die Bäume“, aber zurück zu verträglicher Technik, zur Kraft der Sonne, zum Vermeiden des Vermeidbaren. Das heißt mutig Landwirtschaft neu denken.

Markus Danner