Zukauf konventioneller Nutztiere auf den Biobetrieb

Dürfen weiterhin konventionelle Tiere zugekauft werden? Ja.
Allerdings unter verschärften Auflagen. Für konventionelle Tierzukäufe muss ab sofort eine behördliche Genehmigung eingeholt werden. In Salzburg ist dafür die Veterinärdirektion zuständig, die Antragstellung erfolgt über das bereits durch die Anträge für Eingriffe bekannte VIS-System.

Nur für Zukäufe von konventionellen Tieren gefährdeter Rassen braucht es keine Genehmigung. Dies gilt für alle Rassen laut Liste für die ÖPUL-Maßnahme „Erhaltung gefährdeter Nutztierrassen“.

Welche Vorrausetzungen sind für eine erfolgreiche Genehmigung zu erfüllen?

Für eine Genehmigung muss nachgewiesen werden, dass keine passenden Bio-Tiere in näherer Umgebung verfügbar sind. Für diese Zwecke wurden Bio-Tierdatenbanken eingerichtet, über welche eine Nichtverfügbarkeit nachgewiesen werden kann.

Für Wiederkäuer ist dies die Seite: www.almmarkt.at für Schweine www.pig.at

Auf diesen Plattformen können Bio-Landwirte kostenlos Bio-Tiere zum Verkauf anbieten.

Wie ist der Ablauf für Käufer? 

Als Käufer kann ich die Bio-Tierdatenbank nach passenden Bio-Tieren durchsuchen. Ist die Suche erfolglos, kann direkt aus der Tierdatenbank ein „Nachweis über die Nichtverfügbarkeit von Bio-Tieren“ heruntergeladen werden. Mit diesem Nachweis kann dann innerhalb von fünf Tagen im VIS eine Genehmigung für konventionellen Tierzukauf erstellt werden.

BIO-Tiere, die auf anderen Plattformen oder auf anderen Wegen angeboten werden, haben keine Relevanz! (dürfen und sollten aber selbstverständlich gekauft werden)

© Bio Austria

Was wenn Bio-Tiere vorhanden sind, diese aber nicht den gesetzten Erwartungen entsprechen?

Eine Genehmigung für konventionellen Tierzukauf kann auch erfolgen, wenn keine qualitativ passenden Bio-Tiere vorhanden sind. Qualitative Merkmale sind etwa Hornstatus, Laufstall/Kombinationshaltung, Leistungsmerkmale, Alpung oder Impfstatus.
Weiters spielt auch die Entfernung der angebotenen Bio-Tiere eine Rolle. Tiere die unzumutbar weit entfernt (>65 km)* oder die zu einem unzumutbaren Preis zugestellt werden würden, stellen einen Grund für eine Nichtverfügbarkeit dar.
*gilt nicht für Schweine

Wie ist der Ablauf im VIS-System?

Im VIS-System kann jeder Landwirt selbstständig für seinen Betrieb einen Antrag auf Genehmigung eines konventionellen Tierzukaufs stellen. Dafür müssen auch die passenden Nachweise über die Nichtverfügbarkeit von Bio-Tieren hochgeladen werden. Nach erfolgter Antragstellung kann ein konventioneller Tierzukauf erfolgen. Die Veterinärdirektionen sendet nach erfolgter Antragstellung einen Bescheid zu, dieser wird bei der jährlichen Bio-Kontrolle auf seine Rechtmäßigkeit geprüft.

Welche Tiere dürfen konventionell zugekauft werden?
Grundsätzlich ist nur der Zukauf von konventionellen Zuchttieren möglich.

  • Erwachsene* männliche Tiere zur Bestandesergänzung in unbegrenzter Anzahl
  • Weibliche nullipare** Tiere zur Bestandesergänzung im Ausmaß von jährlich 10% (Rindern) bzw. 20 % (Schaf, Ziege Schwein). Als Berechnungsgrundlage dient der Bestand an erwachsenen* Tieren am Betrieb. 

*„Erwachsen“ bedeutet bei Rindern ein Mindestalter von 12 Monaten und bei Schaf, Ziege und Schwein ein Mindestalter von 6 Monaten.

**“ Nullipar„ bedeutet, dass ein Tier noch nicht abgekalbt, gelammt, gekitzt oder geworfen  hat.

Bei einer erheblichen Ausweitung des Bestandes, bei einer Umstellung auf eine neue Rasse oder beim Aufbau eines neuen Zweiges der Tierproduktion, gibt es Abweichungen von den oben genannten Regeln. In diesen Fällen ist eine frühzeitige Inanspruchnahme von Beratung unbedingt zu empfehlen!

Bei einer Versteigerung sind alle Bio-Tiere bereits verkauft. Kann in diesem Fall ein konventionelles Tier gekauft werden?

In Zukunft sollen alle auf Versteigerungen angebotenen Bio-Tiere in den Bio-Tierdatenbanken aufscheinen. Es empfiehlt sich im Vorhinein der Versteigerung eine Verfügbarkeitsabfrage in der Tierdatenbank zu stellen. Sollten dann auf der Versteigerung keine Tiere mehr verfügbar sein, so kann der Zuchtverband vor Ort eine formlose Bestätigung darüber ausstellen. In diesem Fall kann ein passendes konventionelles Tier zugekauft werden. Der Antrag auf konventionellen Tierzukauf muss dann ehestens im Anschluss an die Versteigerung gestellt werden, der Nachweis über die Nichtverfügbarkeit ist beizulegen.

Wie sieht es beim Geflügelzukauf aus?

Mastküken, Legehennen und 4 – 6 wöchige Puten sind ohnehin biologisch erhältlich, ein Antrag ist in der Regel nur für Gänse- u. Entenküken notwendig, weil es hier keine Bio-Muttertierherden gibt. Voraufzüchter (zB. von Puten), für die nur konventionelle Küken zur Verfügung stehen, müssen einen jährlichen VIS-Antrag stellen. Statt einer Online-Tierdatenbank gibt es für Geflügel ein Verzeichnis über die Verfügbarkeit biologischer Küken, das jährlich aktualisiert wird.

Wer kann bei Unklarheiten helfen? Oder gibt’s jemanden der diese Anträge machen kann?

Hilfe bieten die VIS-Servicestellen. In Salzburg sind dies die Landwirtschaftskammer und BIO AUSTRIA Salzburg. 
Allen Verbandsmitgliedern bieten wir exklusiv an, die Erstellung der diversen Ausnahmegenehmigungen im VIS zu übernehmen! Anruf genügt: 0676 842 214 392
Für BIO AUSTRIA Mitglieder der Salzburger Bio-Weidegans-Gruppe übernimmt BIO AUSTRIA die jährliche Antragstellung im VIS.

Zusätzliche Informationen sind im Bio-Austria Beratungsblatt „Tierzukauf am Biobetrieb“ zu finden.

Franz Promegger

Der Auslaufstall

Ein einfaches System für den schrittweisen Umstieg auf Laufstall

Die Anbinde-  oder Kombinationshaltung von Rindern gerät immer mehr unter Druck. Betroffen sind ökologisch wie konventionell wirtschaftende Betriebe. Ursache dafür sind unter anderem die gestiegenen Anforderungen der Qualitätsprogramme von Verarbeitung und Handel. Auch die Akzeptanz von Seiten der Konsumenten für diese Haltungsform sinkt.

Die Laufstallhaltung ist der Anbindehaltung im Hinblick auf Tierwohl, Leistung und Arbeitswirtschaftlichkeit deutlich überlegen. Warum also nicht umstellen? Neben arbeitstechnischen und baulichen Schwierigkeiten stellt sich insbesondere die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Gerade Betriebe mit kleinen Tierzahlen stehen vor der Herausforderung, ob ein Umstieg auf Laufstallhaltung finanziell tragbar ist, insbesondere bei der aktuellen Preisexplosion im Bausektor. Die Lösung für den eigenen Betrieb zu finden, erforderen Kreativität und häufig einen Blick über den Tellerrand. Eine Einstiegsmöglichkeit ist das System Auslaufstall. 

Auslaufflächen aufwerten

Der Auslaufstall ist letztlich eine möblierte Auslauffläche, nach und nach mit allen Elementen eines Laufstalles ausgestattet. Dieser Auslauf enthält Liegeflächen, Fressplätze sowie Tränken – und so entsteht Schritt für Schritt ein offener Freiluftlaufstall. Danach können die alten Anbindeställe  beispielsweise als Melkstand oder Reservestall genutzt werden. Einer der großen Vorteile dieses Systems ist die modulare Bauweise. So kann der Auslaufstall in unterschiedlichen Bauabschnitten über eine längere Zeit ausgebaut werden. Der Umstieg auf Laufstallhaltung erfolgt dadurch schrittweise, da die vorhandenen Anbindestände weiter genutzt werden können.

Grundlage für dieses System ist ein Auslauf, der befestigt sein muss. Bei der Befestigung ist darauf zu achten, dass sie rutschfest sein sollte sowie einfach zu reinigen. Entmistet wird im Regelfall mittels Mobilentmistung durch einen Hoftraktor oder mit Frontlader. Mitunter kommt in kleineren Ställen auch eine manuelle Entmistung (E-Schieber, Schubkarre) zum Einsatz. Automatische Entmistungssysteme wie Schrapper oder Entmistungsroboter sind aufgrund der im Winter möglicherweise auftretenden Witterungsereignisse wie Frost, Eis und Schnee und den damit einhergehenden Funktionsstörungen nicht empfehlenswert. Spaltenböden sind eine Möglichkeit, allerdings müssen befahrbare Spaltenelemente verlegt werden. Friert der Spaltenboden im Winter zu, kann dieser trotzdem entmistet werden. Die Fläche sollte so konzipiert sein, dass Oberflächenwasser selbstständig in Düngersammelanlagen abläuft und sich keine Pfützen bilden.

Überdachte Liegeflächen

Im Bereich der Liegeflächen gibt es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Einige grundlegende Anforderungen müssen allerdings erfüllt werden. Die Liegeflächen müssen trocken, zugluftfrei und wärmegedämmt sein. Dabei sollte die Liegefläche so bemessen sein, dass alle Tiere ungestört liegen können. Für Milchvieh haben sich Liegeboxen bewährt, insbesondere Tiefboxen, mit einer richtig aufgebauten und dick eingestreuten Stroh-Mistmatratze. Mutterkühe, Jung- und Mastvieh, aber auch extensiv gefüttertes Milchvieh (Low Input-System), kommen durch den vergleichsweise festen Kot auch gut mit freien Liegeflächen zurecht. Hier sind sowohl Tret-als auch Tiefstreusysteme möglich. Kritische Punkte bei diesen Systemen sind der hohe Strohverbrauch und das richtige Management, um die nötige Sauberkeit der Tiere zu gewährleisten und gesundheitlichen Problemen wie Eutererkrankungen durch Umweltkeime vorzubeugen.  

Außenliegefläche im Lungau © Promegge

Fütterung und Tränke

Gefüttert wird im Auflauf in der Regel in Raufen. Bei der Ausführung ist der Kreativität keine Grenze gesetzt. So können dies mobile Rundballenraufen, Holzraufen oder andere Innovationen sein. Wichtig ist, dass für jedes Tier ein Fressplatz vorhanden ist, um gleichzeitiges Fressen zu ermöglichen und damit Rangkämpfe zu vermeiden. Wird die vorhandene Anbindehaltung weiterhin zum Melken genutzt, kann eine Futtergabe (zum Beispiel von Kraftfutter) auch hier erfolgen. Das hat den Vorteil, dass die Kühe in der Anbindung fixiert sind und ein Kampf um die beliebte Ressource Kraftfutter vermieden wird.
Komplettiert wird der Auslaufstall durch eine oder mehrere Tränken.

Vorteilhaft sind große Trogtränken, da diese dem natürlichen Trinkverhalten von Rindern am besten entsprechen und, wenn sie ausreichend lang sind, von mehreren Tieren gleichzeitig benutzt werden können. Tränken müssen frostsicher sein. Dazu kann eine Begleitheizung oder eine Zirkulation eingebaut werden, um auch bei tiefen Temperaturen den Zugang zu frischem Wasser zu sichern.
Absolut empfehlenswert ist eine elektrische Viehbürste. Diese nutzen die Tiere sehr gern und die Bürste hilft auch den Verschmutzungsgrad der Herde möglichst gering zu halten. 

Wie läuft es im Winter?

Kälte und Schnee im Winter bereiten  Landwirten die größten Sorgen in Bezug auf den Auslaufstall. Aus tierischer Sicht sind die Bedenken weitestgehend unbegründet. Den Temperaturbereich bis -10 Grad Celsius empfinden gesunde, gut versorgte und ungeschorenen Rinder als nicht zu kalt. Erfahrungsgemäß steigt die Tiergesundheit sogar tendenziell mit einer Haltung im Auslaufstall. Stellvertretend sei hier das Zitat eines Salzburger Bergbauern erwähnt: „Manchmal kommen die Kühe am Morgen mit kleinen Eiszapfen an den Flotzmaulhaaren in den Melkstand. Aber das ist kein Problem, im Gegenteil, seit dem die Rinder aus dem stickigem Anbindestall in den möblierten Auslauf übergesiedelt sind, sind die Tierarztbesuche massiv zurückgegangen!“. 

Herausforderungen mit Kälte gibt es beispielsweise bei der Entmistung. Wird bei Minusgraden zu oft entmistet, steigt die Gefahr von Eisbildung am Boden und damit die Gefahr, dass die Rinder ausrutschen. Hier hilft es, wenn der Auslauf eingestreut wird und das Entmistungsintervall an kalten Tagen deutlich reduziert wird, in Extremfällen bis hin zu einer Entmistung im zwei Wochen Rhythmus. Das gefrorene Kot-Stroh-Gemisch, welches sich im Laufe der Zeit ansammelt, ergibt  einen wunderbar griffigen und rutschfesten Bodenbelag. Bei Tauwetter muss der Mist natürlich sofort entfernt werden.

Baukosten

Auslaufställe können durchwegs kosteneffizient errichtet werden. Durch die geringe Kubatur der einzelnen Elemente bietet sich Holz als Baustoff an. Dieses ist häufig auf kleineren, diversen Betrieben mit vorhandenen Waldflächen leicht verfügbar und ist zudem eigenleistungsfreundlich in der Verarbeitung. Durch den fließenden Übergang von Stall und Auslauf wird in der Summe weniger Platz benötigt als für einen geschlossenen Stall plus angeschlossenem, separaten Auslauf notwendig wäre. Auch die Weiternutzung der bestehenden Rohrmelkanlagen ist sehr kosteneffizient. Als Endausbaustufe kann ein Auslaufstall aber auch mit einem separatem Melkgebäude oder mit einem Melkstand im Altbestand aufgerüstet werden. Flexible Nutzungsmöglichkeit ist hier das Stichwort und ein großer Vorteil. 

Fazit

Ein Auslaufstall ist kein Stallsystem von der Stange, sondern ein Konzept, das individuelle Lösungen für fast jeden Betrieb und jedes Gelände ermöglicht. Dazu benötigt es Kreativität bei der Planung sowie Flexibilität des Bewirtschafters im laufenden Betrieb. Aus Sicht der Tiere wiederum gibt es kaum Nachteile, sofern alle ihre Bedürfnisse erfüllt werden, kommen Rinder mit einer Haltung im Auslaufstall sehr gut zurecht.

Franz Promegger

EU Bio Verordnung – neu ab 2022

Bio neu geregelt

Mit 1. Jänner 2022 tritt die neue Bio-Verordnung in Kraft. In einigen Punkten sind auch bei Bio-Rindern, Schafen, Ziegen und in anderen Bereichen Anpassungen notwendig.

Die neue Bio-Verordnung 2018/848 mit ihren ergänzenden Verordnungen und Rechtsakten ersetzt die bisher geltenden EU-Bio-Regelungen. Viele Bereiche wurden ins neue Regelwerk übernommen, bei einigen kommt es zu Änderungen. Allgemein kann gesagt werden, dass die Dokumentation zukünftig noch mehr an Gewicht bekommt. Der Einsatz von konventionellen Betriebsmitteln und der Zukauf von konventionellen Tieren werden weiter eingeschränkt. 

Bio-Futtermittel: geringfügige Änderung

Für Bio-Wiederkäuer gilt nach wie vor: Die Futtermittel für Pflanzenfresser müssen zu 100 % biotauglich sein und zu 60 % vom eigenen Betrieb oder von einem Betrieb aus derselben Region stammen. Ab Jänner 2024 erhöht sich dieser Prozentsatz auf 70 %. 

Verringert wird auch der Prozentanteil, wenn Futtermittel von Betrieben in Umstellung zugekauft werden. Die Jahresfutterration darf nur mehr 25 % Futtermittel aus dem zweiten Umstellungsjahr enthalten. Bisher waren es 30 %. Gleich bleibt der Prozentanteil bei Umstellungsfuttermitteln vom eigenen Betrieb mit 100% sowie der maximale Anteil von 20% konventionellen Futtermitteln durch Flächenzugang am eigenen Betrieb. 

Bio-Kälber sind während der Mindesttränkedauer von 90 Tagen mit natürlicher Milch, vorzugsweise mit Muttermilch, zu versorgen. Nur in Notfällen mit tierärztlicher Bestätigung darf ein Bio-Milchaustauscher in dieser Zeit verfüttert werden. 

Kleine oder weitreichende Details ändern sich mit Inkrafttreten der neuen Eu Bio Verordnung

Weide für alle Bio-Tiere

Mit Beginn der kommenden Weidesaison müssen alle Bio-Pflanzenfresser auf die Weide, wenn die Umstände dies ermöglichen. Eine zeitweilige Unterbrechung des Weideganges ist demnach nur aufgrund der Witterung, des Zustandes des Bodens und den jahreszeitlichen Bedingungen möglich. Schwierige strukturelle Voraussetzungen am Betrieb, wie wenige hofnahe Flächen oder der Viehtrieb über stark befahrene Straßen, befreien nicht mehr von der Weidevorgabe. BIO AUSTRIA und die Landwirtschaftskammer Österreich setzten sich in vielen Verhandlungsrunden mit den zuständigen Ministerien und in zahlreichen Stellungnahmen für eine Flexibilität bei der Umsetzung der Weide ein. Zukünftig werden alle Tiere dem Haltungssystem zugeordnet, in dem sie stehen. Daraus ergibt sich das Weideausmaß. Beim Haltungssystem A (Laufstall mit Auslauf) steht der Bewegungsaspekt im Vordergrund. Eine Bewegungsweide ist in diesem Fall ausreichend. Werden Tiere im Laufstall ohne Winterauslauf (Haltungssystem B) oder in Kombinationshaltung (Haltungssystem C) gehalten, muss mit dem Weidegang dem Bewegungsaspekt und der Futteraufnahme in umfassender Weise Rechnung getragen werden. Während der ersten Aufzuchtphase der Kälber oder wenn notwendige Routinemaßnahmen, wie Belegen oder Verkaufsvorbereitung durchgeführt werden müssen, können die Tiere vorübergehend im Stall bleiben. 

Endmast und Weide

Bisher konnten Rinder für die Fleischerzeugung während der Endmast für einen bestimmten Zeitraum ausschließlich im Stall fertiggemästet werden. Auch in diesem Punkt ergeben sich teilweise Änderungen.
Laut neuer Bio-Verordnung müssen über ein Jahr alte männliche Rinder (Stiere und Ochsen) Zugang zur Weide oder zu Freigelände haben. Das ermöglicht, dass der Tierhalter wählen kann, ob der Zuchtstier oder die Ochsen auf die Weide kommen oder den Sommer im Laufstall mit Auslauf verbringen. Somit ist bei diesen Tierkategorien eine Endmast  im Stall umsetzbar. Bio-Kalbinnen muss in der Endmastphase zumindestens eine Bewegungsweide angeboten werden. 

Eingriffe nur mit Genehmigung

Eingriffe bei Nutztieren sind nur nach behördlicher Ausnahmegenehmigung und mit Angaben von Gründen möglich. Dazu zählen das Entfernen der Hornknospen bei bis zu sechs Wochen alten Kälbern oder die Enthornung von über sechs Wochen alten Kälbern oder Rindern. Der Antrag auf Genehmigung ist ausschließlich über das VIS zu stellen. Die Kastration von männlichen Tieren ist nach wirksamer Betäubung und postoperativer Schmerzbehandlung weiterhin zulässig. In diesem Fall ist keine Genehmigung der Behörde notwendig. 

Nasenring bei Zuchtstieren OHNE GENEHMIGUNG

Das Einziehen des Nasenringes bei über 10 Monate alten Zuchtstieren führt zu keiner Aberkennung des Bio-Status, da es aus Gründen der Arbeitssicherheit der Betreuungspersonen und zum sicheren Führen der Tiere bei Versteigerungen gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Tier bleibt weiterhin Bio.
Ab 1.1.2022 ist die Antragstellung für diesen Eingriff über das VIS hinfällig! 

Gesunde Tiere

Der vorbeugende Einsatz von chemisch-synthetischen allopathischen Arzneimitteln sowie von Antibiotika sind verboten. Neu hinzu kommt, dass auch Bolis  auf chemisch-synthetischer Basis nicht präventiv eingesetzt werden dürfen. 

Größe von Stall- und Auslaufflächen

Die vorgeschriebenen Mindestmaße der Stall- und Auslaufflächen bleiben gleich. Sie sind allen Tieren zur Verfügung zu stellen, außer beim Haltungssystem B, wo der Winterauslauf bei Weidegang entfallen kann. Neu ist allerdings, dass bei Neubauten die Auslaufflächen seit Jänner 2021 nur mehr zu 50 % (75 % in Regionen mit mehr als 1200 mm Niederschlag) überdacht werden dürfen. Altbauten müssen bis Ende 2030 den genannten Vorgaben entsprechen.

Zukauf konventioneller Zuchttiere: noch ein Jahr Schonfrist

Im Jahr 2022 bleibt das Antragsverfahren rund um den konventionellen Tierzukauf noch gleich wie bisher. Ab dem Jahr 2023 hingegen ist für JEDEN konventionellen Tierzukauf ein Ansuchen bei der Behörde notwendig. Angenommen sind nur die gefährdeten Nutztierrassen. 

Grünlandsaatgut – Änderungen bei konventionellen Mischungen

Die bisher gültige Regelung, dass konventionelles Grünlandsaatgutmischungen ohne Genehmigung der Behörde auf Biobetrieben verwendet werden darf, ENTFÄLLT AB 2022. Während also biologische oder Umstellungs(UM)- Komponenten/Mischungen natürlich ohne Antrag eingesetzt werden dürfen, ist hingegen für nichtbiologische Komponenten/Mischungen ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung notwendig. 

Eine Sonderregelung gibt es bei Mischungen für Futterpflanzen mit min. 70% Bio/UM-Komponenten. Bei Verwendung einer solchen Mischungen ist eine Ausnahmegenehmigungen für die konventionellen Komponenten nur dann zu beantragen, sofern diese nicht in der (nationalen) Liste der allgemeinen Ausnahmegenehmigungen angeführt ist. Die Verfügbarkeit von Bio/UM Saatgut ist in der AGES Bio-Saatgutdatenbank ersichtlich.

Franz Promegger

Gülle und Mist: Jetzt auf Vordermann bringen!

In den nächsten Wochen werden die Wiesen und Weiden gedüngt. Das eine oder andere schon übervolle Düngerlager erwartet Erleichterung.
Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, Maßnahmen zu setzen, um die Qualität der Dünger so zu verbessern, dass sie vom Boden(-leben) optimal aufgenommen und verwertet werden können und so wenig Nährstoffverluste wie möglich eintreten. Wirtschaftsdüngerbehandlung ist alternativlos.

Fäulnis aus dem Mist bringen

Festmist kann durch umlagern, auf Miete setzen oder durch den Miststreuer treiben durch den intensiven Luftkontakt in die aerobe Rotte gelenkt werden. Am Geruch ist eindeutig festzustellen, ob Rotte oder Fäulnis vorherrschen. Mist darf nach Mist riechen. Aber er darf nicht erbärmlich stinken. Tut er das, sind hohe Ammoniakverluste garantiert und der Boden kann den Dünger nicht aufnehmen. 

Fällt das Material hingegen ohne Mühe auseinander und riecht bestenfalls schon leicht nach Pilz, ist ein aerober Zustand gegeben, der den Mist gut in den Boden einwachsen lässt. Auch Jahrzehnte nach den Predigten von Hans Müller ist es immer noch nicht altmodisch, auf die fäulnisfreie Düngerqualität hinzuarbeiten. Die Kulturen, auf Acker, Wiesen und Weiden, werden es danken. 

Pflanzenkohle: hochaktuell als Düngerstabilisator © Markus Danner

Gülle stabilisieren

In der Praxis sind vier bis fünf Methoden gängig, mit der Gülle zu verfahren. Die erste ist: Deckel auf, umrühren, Saugrohr rein, aufs Feld fahren. Das ist nach wie vor anzutreffen, und sollte auf Biobetrieben der aussterbenden Praxis entsprechen. Wirtschaftsdüngerbehandlung
Eine wachsende Zahl von (Bio-) Bauern bemüht sich während des ganzen Jahres, die Gülle zu stabilisieren und dadurch die Nährstoffe im Betriebskreislauf zu halten. Dazu bedienen sie sich Mikroorganismen (z.B. EM), Urgesteinsmehl oder neuerdings Pflanzenkohle. Wasser zur Verdünnung ist ohnehin unverzichtbar.

Als kurzfristige Maßnahmen, flüchtigen Stickstoff einzufangen, um bald mit der Gülle auf’s Feld zu fahren, sind jene geeignet, die absorbieren. Dazu ist in erster Linie Kohle und Zeolith zu nennen. Tonminerale und Urgesteinsmehl mit ihren hohen Anlagerungsflächen zeigen ebenfalls diese Eigenschaften.

Der Befund einer Gülleanalyse (nachfolgende Abbildung) zeigt eindeutig die Wirkung: Eine mit Kohle und Steinmehl sowie mikrobiell aufbereitete Gülle hat Stickstoffgehalte, wie sie sein sollten. Diese mit den Beständen und Erträgen des vorliegenden Betriebes betrachtet, zeigt die wirtschaftliche Bedeutung der Güllebehandlung. Die Gülle ist stabil, ihre Inhaltsstoffe gelangen nicht in die Umwelt, sondern an die Pflanzenwurzel.

Ergebnis NIRS Gülleuntersuchung aus dem Labor IPUS, Rottenmann

Gesetzgeber ist hinter uns her

Die NEC-Richtlinie sitzt den österreichischen (europäischen) Viehhaltern im Nacken. Ammoniakemissionen müssen gesenkt werden. Der Staat muss durch gesetzliche Vorgaben dafür sorgen. In welche Richtung sich diese Bemühungen entwickeln, ist ersichtlich. Mit technischen Lösungen wird versucht, das Problem von der Luft in den Boden zu verlagern (bodennahe Ausbringung bzw. Injektion von flüssigen Wirtschaftsdüngern).
Meine Skepsis ist in der Problemverlagerung statt Problemlösung begründet. Ammoniak im Boden statt in der Luft kann auch keine Lösung sein. Gute Güllequalitäten, die so stabil sind, dass die Ausbringungsmethode irrelevant ist, hätte deutlich mehr Charme.

Unabhängig von jeder Vorschrift oder gesetzlichen Auflage kann jeder Betrieb für sich aktiv werden,  sich selbst und den Nachbarn zeigen, wie’s geht.
Spätestens wenn die Rückmeldung von Anrainern kommt, dass die „Landluft-Tage“ deutlich in ihrer Alltagsbedeutung abgenommen haben, manchmal kaum mehr wahrgenommen werden, ist gewiss: Wir sind auf dem richtigen Weg. 

Markus Danner

Biomilchkühe auf hoffernen Flächen

Mit Tierherden Siedlungen oder öffentliche Verkehrswege zu nutzen, kann ein Spießrutenlauf, ein hochriskantes Unterfangen oder Ausgangspunkt hartnäckiger Nachbarschaftsstreitigkeiten sein.
Es gibt aber auch Beispiele von Betrieben, die es geschafft haben, sich mit Anliegern und den Verkehrsteilnehmern ins Einvernehmen zu setzen und unter gegenseitiger Rücksichtnahme mit ihren Tierherden auf die Weide zu marschieren.

Ein Beispiel eines sehr ambitionierten Betriebes im folgenden Video. Sehenswert!

Markus Danner

Mit der Kuh auf Du und Du

Nach Sturz- und Fallunfällen rangieren Unfälle mit Tieren laut Unfallstatistik am bäuerlichen Betrieb bereits an zweiter Stelle, wobei auch hier die Entwicklung von Anbindehaltung hin zu Laufstallhaltung Auswirkungen zeigt. So sind im Laufstall tendenziell weniger Unfälle zu verzeichnen, allerdings steigt der Schweregrad. Während es bei Anbindehaltung oft zu Unfällen mit leichten Verletzungen kommt, enden Unfälle mit Rindern im Laufstall selten mit weniger als Serienrippenbrüchen. “Mit der Kuh auf Du und Du” – wie können Missverständnisse am besten vermieden werden – einfach weiterlesen!

Anbinde- vs. Laufstallhaltung

Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Mensch Tier-Beziehung. In Anbindehaltung kam und kommt es durch die tägliche Melkarbeit zwischen den Tieren zwangsläufig zu intensiver Begegnung. In Laufställen hingegen ist dies nicht mehr selbstverständlich. Moderne Melksysteme, Kraftfutterautomaten und Fütterungsroboter haben bei allen Vorteilen den gravierenden Nachteil, dass der Kontakt zum Tier abnimmt. Eine Folge daraus können nervöse und scheue Tiere sein, welche in Stresssituationen auch aggressiv gegenüber Personen auftreten können, hierbei besonders gefährdet sind Frauen und alte Menschen. Oberstes Ziel muss es daher sein, solche Situationen gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Kälberhaltung entscheidend

Die ergiebigsten Maßnahmen zur Steigerung der Mensch Tier Beziehung und damit auch der Sicherheit können bereits im Kälberalter getroffen werden. Dabei sind die ersten drei Tage nach der Geburt entscheidend. Verbindet das Kalb hier den Menschen mit positiven Emotionen, so hallt dies ein ganzes Tierleben lang nach. Oft ist es schon ausreichend sich morgens und abends einige Minuten mit dem Tier zu beschäftigen, es berühren, zu streicheln und auch mit ihm zu sprechen. Die menschliche Stimme bleibt dabei positiv im Gedächtnis. Umgekehrt gedacht, sollte bei schmerzhaften Erlebnissen (Ohrmarken setzen, Enthornen, …) eben nicht beruhigend auf das Tier eingeredet werden, da in diesem Fall die Stimme mit etwas Unangenehmen in Verbindung gebracht wird.   

Kalb mit Führungsstrick © Promegger

Ebenso sollen bereits Kälber an das Tragen eines Halfters gewöhnt werden, dies erleichtert später die Arbeit mit dem erwachsenen Tier ungemein. 

Ein Augenmerk soll auch auf die am Tier vorhandenen Beruhigungspunkte gelegt werden, welche für besonderes Wohlbefinden sorgen. Allgemein bekannt ist das Kraulen der Wamme, hingegen wissen aber nur die wenigsten, dass auch der erste Haarwirbel hinter dem Kopf als intensiver Beruhigungspunkt gilt. Im Gegensatz dazu, soll das Streicheln der Stirn und des Hornansatzes unbedingt vermieden werden, dies fordert nämlich den Kampftrieb des Rindes heraus. Ist das daraus folgende „Stupsen” oder „Boxen“ beim Kalb noch lustig und harmlos, so kann dies beim erwachsenen Tier zu ernsthaften Verletzungen führen. 

In Rinder hineinversetzen

Die Stirn bietet nicht nur Rammfläche, bei fast allen Rindern findet sich auf ihr auch ein prägnanter Haarwirbel. Diese Haarwirbel können Auskunft über das Temperament von Rindern geben. So haben Untersuchungen ergeben, das bei ängstlichen, nervösen und aggressiven Tieren dieser Haarwirbel tendenziell oberhalb der Augenlinie liegt (Bild – 1). Wirbel unterhalb der Augenlinie weisen hingegen eher auf ein gutmütiges und umgängliches Wesen hin. Wirbel welche mittig auf der Stirn liegen, haben wenig Aussagekraft.

Eine häufige Arbeit am Betrieb ist das Treiben, auch hier gibt es einiges zu beachten. 

Hier geht es vorrangig darum, sich in die Tiere hineinzuversetzen, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. So können Rinder im Gegensatz zum Menschen nicht vernetzt denken und sind daher immer nur auf eine Tätigkeit (fressen, gehen, wiederkauen, …) konzentriert. Weiters sind Rinder ausgeprägte Gewohnheitstiere, ein neues blitzendes Rohr im Melkstand oder eine neue Stufe im Treibgang können unglaubliche Schwierigkeiten und damit auch Stress für die Tiere bereiten. Beim Treiben ist auch auf die richtige Blicktechnik zu achten, da Menschen mit ihren eng beieinanderstehenden Augen ähnlich wie Hund oder Katze einen typischen Raubtierblick besitzen. Der direkte Augenkontakt sollte daher mit dem Fluchttier Rind vermieden werden, stattdessen soll der Blick beim Treiben auf den Schulterblättern ruhen. 

Der Sicherheitsknoten

Das richtige Anbinden von Rindern ist einer der wichtigsten Handgriffe im Umgang mit Rindern. Vor allem bei Tieren welche nicht halfterführig sind oder selten fixiert werden, können gefährliche Situationen, etwa bei Anhängertransporten auftreten. Aus Sicherheitsgründen sollten daher nur Knoten zur Anwendung kommen, welche im Notfall auch von unerfahrenen Personen selbsterklärend gelöst werden können.  Ein simpler aber wirksamer Knoten der diese Anforderung erfüllt, ist der einfache Sicherheitsknoten. Dieser hat die Eigenschaft, dass er sich durch Spannung am festen Ende festzieht, sich beim Ziehen am losen Ende jedoch sofort öffnet. 

Der Sicherheitsknoten kann viel Stress und Unfallgefahr vermeiden © Promegger

Mit Belohnung arbeiten

Beinahe jeder Hundehalter und jeder Pferdehalter belohnt positives Verhalten seine Tiere mit Leckerlis. Bei Rinderhaltern hingegen ist diese Praktik weniger verbreitet, dabei sind Rinder genauso lernfähig. Hatte ein Verhalten angenehme Folgen (z.B. Streicheleinheit) so wird das Rind dieses Verhalten in Zukunft öfter Zeigen. Hatte ein Verhalten hingegen negative Folgen (z.B. Stromschlag) so wird dieses Verhalten danach weniger gezeigt werden. Generell ist zu sagen, dass Belohnen von erwünschten Verhalten erfolgreicher ist, als das Bestrafen von unerwünschten Verhalten. Bei Belohnung ist darauf zu achten, dass diese auch wirklich außergewöhnlich sein soll. Die tägliche Kraftfuttergabe ist dazu nicht wirklich geeignet. Nützlichere Belohnungen sind etwa Apfelschnitze, Zuckerstücken oder hartes Brot.

Franz Promegger

Quelle: SVB OÖ, Mairinger

Ökologischer Zuchtwert für Bio-Betriebe

Die Bio Milchviehhaltung unterscheidet sich grundlegend von der konventionellen Art und Weise. Unterschiedliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen verlangen eine andere Zielsetzung in der Milchproduktion. 
Der ökologische Zuchtwert für Bio-Betriebe hilft mit, die züchterische Ausrichtung mit diesen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen.

So erfordert eine wirtschaftliche Bio-Milchviehhaltung eine lange Nutzungsdauer bei guter Grundfutterlebensleistung. Sehr hohe Tagesleistungen können unter Bio-Bedingungen nicht erfüttert werden und sind auch aufgrund der Kraftfutterpreise nicht wirtschaftlich. Daraus ergeben sich Leistungsgrenzen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Milchleistungsmerkmale ist daher geringer als in der konventionellen Milchviehhaltung. Eine ausgewogene Körper- und Leistungsentwicklung ist, im Gegensatz zu „Sprinterkühen“ bzw. frühreifen Typen, anzustreben. Eine hohe Stoffwechselstabilität, gute Fruchtbarkeitsergebnisse, flache Laktationskurven und gesunde Euter und Klauen sind besonders wichtig.

Rahmengrößen von Kühen © Promegger
Welche Kuh passt auf meinen Betrieb?
Rahmengrößen von Kühen © Promegger

Diese Unterschiede zwischen biologisch und konventioneller Milchviehwirtschaft erfordern eine Differenzierung im Bereich der Zuchtprogramme. Um hier Landwirten Unterstützung zu bieten, wurde durch intensive deutsch-österreichische Zusammenarbeit zwischen Bio-Verbänden, Zuchtorganisationen, Besamungsstationen und Bio-Forschung der Ökologische Gesamtzuchtwert aufgebaut. 

Ökologischer Zuchtwert

Ein Gesamtzuchtwert dient vielfach als erstes wichtiges Vorselektionskriterium am Milchviehbetrieb. Dieser berücksichtigt immer unterschiedliche Teilzuchtwerte für Leistungs-und Fitnessmerkmale. Diese Einzelzuchtwerte werden in Abhängigkeit von den entsprechend genetischen und wirtschaftlichen Parametern gewichtet und zusammen-gefasst. Der ÖZW ist ein Gesamtzuchtwert, der den Zielsetzungen und Rahmenbedingungen der Biologischen Landwirtschaft in besonderer Weise Rechnung trägt. Im Vergleich zum ökonomischen Gesamtzuchtwert (GZW) wird bei einer Zucht nach dem ÖZW ein deutlicherer Zuchtfortschritt im Fitnessbereich angestrebt und erreicht.

Wo finde Ich ÖZW-Infos?

Dreimal jährlich erfolgt in Bayern die Berechnung der aktuellen ÖZW-Zuchtwerte für alle verfügbaren Braunvieh-, Fleckvieh- und Gelbviehstiere aus Deutschland und Österreich. Im Anschluss daran werden von der LfL Bayern die Stier-Empfehlungslisten aktualisiert. In Österreich findet man die Listen auf der Homepage des Bio Institutes der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Diese sind mit der ZAR-Zuchtwertdatenbank tierindividuell verlinkt, sodass die Züchter auch die weiteren Zuchtwerte (Einzelzuchtwerte, Exterieur etc.) sowie Abstammungsdaten einfach einsehen können. Auch wird der ÖZW von diversen Besamungsstationen angegeben. 

Empfehlung für die Praxis

Stiere auswählen 

Jeder Milchviehhalter sollte zumindest einmal jährlich zwei bis fünf Zuchtstiere (je nach Betriebsgröße) mit denen der Großteil der Herde belegt werden soll, nach strengen Kriterien auswählen. Für jede Kuh und zu belegende Kalbin wird ein Anpaarungsplan erstellt. Dabei werden Merkmale, die verbessert werden sollen, bei der Stierzuteilung berücksichtigt. Die Summe der mit den Wunschstieren zu belegenden Tiere, multipliziert mit dem Besamungsindex, ergibt etwa die jährliche Anzahl der notwendigen Samenportionen

Samen bestellen

Nicht jeder der ausgewählten Stiere wird auch von der lokalen Besamungsstation direkt vertrieben. Diese ist jedoch verpflichtet, sofern der gewünschte Samen noch verfügbar ist, den gewünschten Stier gegen Abgeltung der Unkosten zu liefern (EU-Bestimmung). Auch aus Aufwandsgründen ist es daher sinnvoll größere Mengen zu bestellen. Die bestellten Samenportionen werden beim Tierarzt, Besamungstechniker oder im Hofbehälter sortiert eingelagert und stehen zur Belegung der Tiere zur Verfügung. Eine zeitgerechte Bestellung ist speziell bei Sonderwünschen notwendig.

Bild: Stierkatalog Klessheim 
„Im Stierkatalog der Besamung Klessheim befindet sich der ÖZW im Feld Fitness“

Detaillierte Informationen zum ÖZW und den daraus bestehenden Teilwerten findet man in der ÖAG Broschüre „Ökologischer Gesamtzuchtwert für Bio-Milchviehbetriebe“. Erhältlich unter www.gruenland-viehwirtschaft.at oder im BIO AUSTRIA Büro.  

Quellen: ÖAG Broschüre „Ökologischer Gesamtzuchtwert für Bio-Milchviehbetriebe“
www.lfl.bayern.de

Weide ist Kultur im Biolandbau

Weide ist Kultur im Biolandbau,
ein kleiner Appetitmacher auf die Weidehaltung von Bio-Kühen

Weide ist Kultur im Biolandbau?
Ja, das kann durchaus sein! Vorausgesetzt, der Wille ist da, sich mit den Ansprüchen der Kühe und dem Grün auf der Weide auseinanderzusetzen.

Kühe brauchen junges, sauberes, inhaltstofflich wertvolles Grünfutter, um davon Milch zu produzieren.

Auf dem Grün müssen deshalb wertvolle Futtergräser, Klee und ein paar Kräuter stehen, die diese hohen Ansprüche befriedigen.

Gute, erfolgreiche Weidehaltung beginnt also beim Pflanzenbau!
Das entsprechende Know-how mussten und müssen wir wieder lernen, denn vieles wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht richtig gemacht.

Milchkühe auf dem Biobetrieb

Milchkühe auf dem Biobetrieb haben ganz besondere Rollen. Sie sind Veredler. Sie wandeln Graslandschaft in Lebensmittel um und machen ganze Regionen dadurch erst besiedelbar bzw. von Menschen nutzbar. Dadurch schaffen sie Kulturlandschaft, offene Flächen, und liefern nebenbei einen wertvollen Dünger, mit dem sich Nährstoffkreisläufe schließen.

Die Milchviehhaltung ist einer der wichtigsten Betriebszweige auf Österreichs Biobetrieben.

Ziele artgemäßer Tierhaltung:

  • Die Tiere sollen ihr artgemäßes Verhalten bestmöglich ausleben können („Tierwohl“ maximieren, Tier als Mitgeschöpf betrachten.)
  • Die Haltungsumwelt soll zu einer Stärkung der Widerstandskräfte und zur Vorbeuge gegen Mangelerscheinungen / Erkrankungen beitragen
  • Die Haltungsbedingungen sollen zu einer hohen ganzheitlich definierten Produktqualität führen
  • Die Erwartungen der Konsumenten/Innen sollen so weit wie möglich erfüllt werden (Qualität umfassend)
  • Tiere im Freien © Markus Danner
  • Weidevieh © Markus Danner
  • Almidylle mit Rindvieh © Promegger
  • Gänsemarsch zur Weide © Bio Austria
  • Milchviehherde auf der Alm © Promegger
  • Außenklimastall mit höchstem Tierkomfort. © Promegger
  • Weide Sommerfrische mit Seeblick © Markus Danner
  • Alm ohne Weidevieh ist Wald oder Lawinenhang © Bio Austria

Aus Verhaltensstudien an Rindern können wichtige Rückschlüsse für tiergemäße Haltungsbedingungen gezogen werden. Vielfältige Haltungsumwelten (z.B. Auslauf, Weide, unterschiedlich strukturierte Stallbereiche) erhöhen das Wohlbefinden und verbessern die Tiergesundheit.

Weide- und Auslaufpflicht
Alle Bio-Tiere müssen ständigen Zugang zu Freigeländevorzugsweise zu Weideland, haben, wenn der Zustand des Bodens und die Witterungsbedingungen dies zulassen.
(Bio-Austria Standard – in keinem Fall weniger als 180 Auslauftage gleichmäßig verteilt)

Raufutterverzehrer müssen zudem immer Zugang zu Weideland haben, wann immer die Umstände dies gestatten.
Die zugehörige österreichische Lösung der Umsetzung ist nicht unumstritten und von der Europäischen Kommission beanstandet worden.

Für Milchkühe auf dem Biobetrieb von BIO AUSTRIA Betrieben gelten engere Weidekriterien. Vorrang bei der Weidehaltung haben die produktliefernden Milchkühe.

Besonderheiten im Bio-Rinderstallbau:

hier aufklappen:
  • Die Hälfte der Mindeststallfläche muss planbefestigt und rutschsicher sein, Liegeflächen dürfen nicht perforiert sein und müssen trockene Einstreu aufweisen, alle Tiere müssen gleichzeitig liegen können.
  • Die Anbindehaltung ist grundsätzlich verboten, Gruppenhaltung notwendig (Ausnahmen sind möglich – siehe unten)
  • Mindestens 1/3 der Mindestfläche muss Liegefläche sein (Bio-Austria Standard)
  • Tier-Fressplatzverhältnis: 1:1 bei rationierter Fütterung (3x täglich Futtervorlage
    2,5:1 bei ad libitum Fütterung (Tierschutzgesetz), 1:1 ist aber in jedem Fall zu empfehlen!
  • Ständiger Zugang zu sauberem Wasser (Tierschutzgesetz)

Ausnahmen – Laufstallpflicht:
Auf „Kleinbetrieben“ (Betriebe mit maximal 35 Rinder-GVE Durchschnittsbestand) können Rinder in Anbindehaltung gehalten werden, sofern :
die Tierhaltung 24 Tiergerechtheitsindex-Punkte (TGI-Punkte) erreicht
die Tiere während der Weidezeit Zugang zu Weideland und mindestens zweimal in der Woche Zugang zu Freigelände haben, wenn das Weiden nicht möglich ist.

Ausläufe können teilweise überdacht sein. Mindestens 10 % der Mindestauslauffläche (m2/Tier) sind nicht überdacht.

Andreas Steinwidder
Markus Danner

Umstellungszeiten von Rindern

Die Umstellungszeiten von Rindern hängen von verschiedenen Umständen ab. Im wesentlichen gibt es zwei Varianten. 
Ein Kontrollvertrag mit einer zertifizierten Kontrollstelle ist in jedem Fall Grundvoraussetzung. Mit dem Vertragsabschluss bzw. Tierzugang auf den Betrieb beginnt die Umstellungszeit zu laufen.

Berechne den Status deiner Tiere mit diesem Werkzeug!

Variante 1. Ganzbetriebsumstellung in zwei Jahren

Ab Datum Abschluss Kontrollvertrag dauert die Umstellungszeit zwei Jahre. 
Nach Ablauf der zwei Jahre ist der komplette Betrieb umgestellt, dass heißt sowohl alle Tiere als auch die Flächen.

Während der Umstellungszeit müssen sowohl die Haltung als auch die Fütterung den Biorichtlinien entsprechen.

Nach Ablauf der Umstellungszeit darf der Betrieb nun seine Milch (-produkte), Rinder bzw. Fleisch sowie Grundfutter biologisch vermarkten.

Rind im Detailportrait © Schröcker
Rind im Detailportrait © Schröcker
bin ich schon “BIO” oder noch nicht?

Variante 2. Produktspezifisch verkürzte Umstellung in 6 Monaten

Besonders für Betriebe, deren Fokus auf der Milchproduktion und weniger auf der Rinder- und Fleischvermarktung liegt, kann diese Umstellungsvariante interessant sein.

Unter gewissen Voraussetzungen kann die Umstellungszeit für die Milch von 2 Jahren auf 6 Monate verkürzt werden, die Umstellung des Tieres selbst ist davon jedoch nicht betroffen. Siehe „Verkürzte Umstellungszeiten“.

Dass bedeutet: Sechs Monate nach dem Kontrollvertragabschluss kann die Milch als Bioprodukt vermarktet werden, die Umstellung jedes einzelnen Rindes (Fleisch) beträgt jedoch immer mindestens 12 Monate und ¾ des Lebens.

Die Umstellungszeiten von Rindern nach Variante 2 sind wiederkehrend Anlass für Ärger und Sanktionen, weil es für die Betriebe nicht einfach ist, den Überblick zu behalten, wenn jedes Tier ein anderes Konformitätsdatum hat!

Die Umstellungszeiten von Rindern :
Beispiele

Biobauer Huber kauft auf der Versteigerung eine konventionelle, trächtige Kalbin (siehe Ausnahmen beim Tierzukauf). Ab diesem Tag beginnt die Umstellungszeit der Kalbin zu laufen (6 Monate für die Milch, 12 Monate bzw. mind. ¾ des Lebens für Fleisch).
Einen Monat nach dem Kauf kalbt die Kuh am Biobetrieb. Nun verbleiben noch 5 Monate, bis die Milch der Kuh als Biomilch geliefert werden darf. Biobauer Huber muss nun dafür sorgen, dass während dieser Zeit die Milch dieser Kuh nicht in Verkehr kommt. Das Verfüttern der Milch an Kälber ist erlaubt.
Nach weiteren 5 Monaten darf die Milch als Biomilch an die Molkerei geliefert werden. Die Umstellungszeit für das Fleisch läuft jedoch noch. Angenommen, die Kuh war zum Zeitpunkt des Kaufes exakt 28 Monate alt, so muss sie 84 Monate (7 Jahre!!) am Biobetrieb bleiben, bis sie als biologisch vermarktet werden darf.

Die ¾ Regelung

Sowohl im Falle der verkürzten Umstellung als auch bei Zukäufen von konventionellen Tieren (Ausnahmefälle) tritt die ¾ Regelung in Kraft.

Laut dieser Regelung dauert die Umstellung des einzelnen Tieres mindestens 12 Monate und es muss zusätzlich mindestens drei Viertel seines Lebens auf dem Biobetrieb verbracht haben. 
Erst wenn diese beiden Kriterien erfüllt sind, darf das jeweilige Rind biologisch vermarktet werden.

Die ¾ Regelung gilt immer nur für das einzelne Tier. Das bedeutet im Fall einer verkürzten Umstellung, dass für jedes Tier separat berechnet werden muss, ab wann es den Biostatus erfüllt.

Beispiel: Bauer Gruber will Biobauer werden und wählt die Variante der verkürzten Umstellung. 
Also darf er bei Erfüllung der  Voraussetzungen für die Flächenumstellung sechs Monate nach dem Abschluss des Kontrollvertrages die Milch als Biomilch vermarkten.

Kuh Resi ist am Tag, als der Kontrollvertrag abgeschlossen wurde, exakt 3 Jahre alt. Das heißt, sie ist 3 Jahre lang konventionell gehalten worden. (=1/4) Nun muss sie mindestens ¾ ihres Lebens – also 9 Jahre – am Biobetrieb bleiben, bis sie als biologisch verkauft bzw. vermarktet werden darf!

Bei dieser Umstellungsvariante wird über die Jahre oft der Überblick verloren! Es kommt laufend zu Sanktionen wegen Falschkennzeichnung!
Unbedingt zu empfehlen: Jedes Tier im Verzeichnis mit seinem “konventionellen Ablaufdatum” versehen, dann kann beim Verkauf nicht viel passieren.
Verwende dazu den Statusrechner weiter oben!

Franz Promegger
Markus Danner