Bio Standards in der Direktvermarktung

Bio- Direktvermarktung

im Rahmen der BIO AUSTRIA Richtlinien, der neuen EU Bio-Verordnung  und weiteren Richtlinien.

Jour Fixe, Mittwoch, 2. März, 19.30 Online per Zoom. Wir diskutieren und beantworten Fragen wie:

  • Was ist bei der Zertifizierung zu beachten, welche Neuerungen gibt es  für die Direktvermarktung in der EU BIO-Verordnung ? 
  • Was ist ein Bio-Produkt, was ein BIO AUSTRIA Produkt ? 
  • Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen sind vorgegeben, welche Ziele hat BIO AUSTRIA?
  • Die Verwendung  des BIO AUSTRIA Logos: Chancen und Herausforderungen

Bei unserem 6. Jour Fixe erörtert euch Regina Daghofer, Beraterin für den Bereich Direktvermarktung bei BIO AUSTRIA Salzburg, was zu beachten ist, wenn ihr als BIO AUSTRIA Mitgliedsbetrieb eure selbst erzeugten Produkte vermarkten wollt. 

Der Hintergrund ist ernst, denn es gibt durchaus beabsichtigte Tendenzen, „Bio“ als Premiumstandard unter dem „Regional-Mäntelchen“ verschwinden zu lassen.

Für  Fragen und die Diskussion um die Chancen und Herausforderungen der Vermarktung als BIO AUSTRIA Betrieb stehen Euch auch unsere beiden für Direktvermarktung zuständigen Vorstandsmitglieder Christoph Quehenberger, Kleinarl, „Bio  aus dem Tal“  und Anton Spitzauer, St. Georgen, „Aglassinger  Biobauernmarkt“  zur Verfügung. 

Jetzt registrieren bis spätestens 2. März, 14:00 Uhr!

Thema: Bio-Direktvermarktung
Uhrzeit: 2.März.2022 19:30 Online

hier registrieren:
https://zoom.us/meeting/register/tJEpceihqz4oHNLnI2CjlWSP9PESkQ1vIER5

Die Folgenden Gedanken wurden an dieser Stelle am 1.1.2020 veröffentlicht:

Bio Standards und bio-bäuerliche Identifikation

Richtlinien, Auflagen, Verbote, Verpflichtungen, Beschränkungen, Vorgaben, Kontrollen. 

Wem hängen sie nicht zum Hals raus.
Die Biobauern müssen sich damit auseinandersetzen, seit es Regelungen gibt.

In der Pionierzeit waren es selbst auferlegte Rahmenbedingungen, mithilfe derer das System BIO definiert wurde. Bald musste und wollte man sich aber gegen Trittbrettfahrer und sonstige Möchtegerne schützen und die Sache wurde „amtlich“.
Nebenbei bemerkt, die Trittbrettfahrer und Möchtegerne sind seither leider nicht weniger geworden.

Der Zusammenschluss zur Interessensgemeinschaft

Zur Verfolgung gemeinsamer Ziele wurden und werden Vereine gegründet. So auch bei den Biobauern. BIO AUSTRIA ist das Ergebnis von Zusammenschlüssen biobäuerlicher Organisationen. 

Als solches kümmert sich der Verein um verschiedenste Belange wie z.B. den Aufbau eines Wiedererkennungswertes – in Gestalt des BIO AUSTRIA Zeichens. Auf Höfen, Produkten, Vermarktungseinrichtungen, bei Partnern und in Medien stößt man darauf und erkennt österreichische Biolandwirtschaft wieder.

Wir Biobauern und -bäuerinnen – Eine Marke

In den Aufbau einer Marke investieren Unternehmen Millionen.
Die Marke „BIO AUSTRIA“ hat nicht soviel gekostet. Ist sie den Biobauern vielfach deshalb so wenig wert?  Mit ungläubigem Staunen kann und muss vielerorts festgestellt werden, wie die Gemeinschaftsleistung „Markenbildung“ und ein in ganz Österreich und darüber hinaus wohlbekanntes Markenzeichen,  von Mitgliedsbetrieben ignoriert wird. 

Starke Marke? ja, wenn sie genutzt wird!

Jede/r kann davon profitieren, jede/r stärkt mit seiner Präsenz als BIO AUSTRIA Bauer und Bäuerin das Ganze. Es ist ein Geben und Nehmen in Einem.

Marken geben Sicherheit. Kauft ein Kunde auf dem Wochenmarkt an einem BIO AUSTRIA gekennzeichneten Stand BIO AUSTRIA gekennzeichnete Produkte, erinnert er sich daran, wenn er nächstens im Supermarkt ein Milchpackerl mit BIO AUSTRIA Logo oder ein sonstiges Produkt kauft. Das Eine wird mit dem Anderen assoziiert. So wird die Marke sukzessive stärker.

Die Realität zeigt oft ein anderes Bild. „Eigene Süppchen kochen“ ist aber noch kein Marketingkonzept. 

Flucht vor klaren Absagen an Konventionalisierung

Bio Austria hat zahlreiche Mitglieder verloren.
Durch das Verbot des elektrischen Kuherziehers meinten viele, dieser wäre ihnen wichtiger und verließen den Verein.
Durch die Beschränkung des Kraftfuttereinsatzes auf ein argumentierbares Maß stiegen einige aus. Bio sind sie geblieben.
Durch die BIO AUSTRIA-eigene Weideregelung ergriffen Betriebe die Flucht. BIO sind sie geblieben. Die EU Bio-Verordnung holt sie nun wieder ein.

Seit zwei, drei Jahren ist eine deutsche Düngemittelfirma aggressiv auf dem österreichischen Markt aktiv. Mit Hochglanzprospekt und unwiderstehlichen Produkten und Versprechungen. Schwefel wird künftig unsere Probleme lösen, so der Tenor.
Und auch da gibt es Betriebe, die mit dem Verlassen des Vereins liebäugeln, noch bevor sie sich erkundigt haben, welche Alternativen innerhalb des BIO AUSTRIA Standards zur Verfügung stünden.
Nach kurzer Recherche konnte in Erfahrung gebracht werden, dass die stickstoffhaltigen Dünger dieser Firma Melassehydrolysat aus China beinhalten.
So wird BIO sicher zum Verkaufsschlager, wenn wir Industrie-Abfälle vom Weltmarkt auf unsere Felder streuen! (Ironie Ende)

Nur ein bäuerlicher Bio-Standard schützt vor solchem Unsinn!

Die Beispiele zeigen auf, dass BIO auf nicht ungefährlichen Pfaden wandelt. Sie zeigen auch, dass der BIO AUSTRIA Standard einen tatsächlich großen Mehrwert zu „EU-Bio“ darstellt, weil sich der Verein mit seinem Regelwerk gegen die Konventionalisierung im Dünge-, Pflanzenschutz- und Tierhaltungsbereich stellt. Weil BIO AUSTRIA die Glaubwürdigkeit des Biolandbaus schützen und erhalten will. Trotz Widersprüchlichkeiten im eigenen Haus.
Diese Interessen hat sonst niemand. Dessen sollten sich die Biobauern bewusst werden. Und dann entscheiden, welcher Weg der zukunftsträchtigere sein wird.

Bodenbeurteilung am Acker © Bio Austria
Zusammenarbeit bringt uns weiter, nicht Eigenbrötlerei.
Bodenbeurteilung am Acker © Bio Austria

Rahmenbedingungen müssen definiert und eingehalten werden. Um sie so verträglich wie möglich umsetzen zu können, hat BIO AUSTRIA seinen Servicedienst für die Mitgliedsbetriebe in mehreren Bereichen aufgebaut.
Gemeinsam finden wir jedes Betriebsmittel, das wir brauchen, jede Zutat, jedes Produkt. 

Es wird wohl notwendig sein, wieder auf eine klarere Linie zurückzukehren. Die Handelsmarken Standards sind ein Flickwerk, in dem der Eine den Anderern sektoral übertrumpfen will. Der Blick aufs Ganze bleibt dabei trüb. Der EU Bio-Standard ist zu löchrig. Nahezu jede Molkerei unterschreibt bei einem anderen Abnehmer eine andere Vorgabe. Einen gemeinsam gültigen Standard bietet den Biobauern nur der einzige bäuerliche Standard. Und das ist in Österreich jener von BIO AUSTRIA. 

Markus Danner
Sebastian Herzog

EU Bio Verordnung – neu ab 2022

Bio neu geregelt

Mit 1. Jänner 2022 tritt die neue Bio-Verordnung in Kraft. In einigen Punkten sind auch bei Bio-Rindern, Schafen, Ziegen und in anderen Bereichen Anpassungen notwendig.

Die neue Bio-Verordnung 2018/848 mit ihren ergänzenden Verordnungen und Rechtsakten ersetzt die bisher geltenden EU-Bio-Regelungen. Viele Bereiche wurden ins neue Regelwerk übernommen, bei einigen kommt es zu Änderungen. Allgemein kann gesagt werden, dass die Dokumentation zukünftig noch mehr an Gewicht bekommt. Der Einsatz von konventionellen Betriebsmitteln und der Zukauf von konventionellen Tieren werden weiter eingeschränkt. 

Bio-Futtermittel: geringfügige Änderung

Für Bio-Wiederkäuer gilt nach wie vor: Die Futtermittel für Pflanzenfresser müssen zu 100 % biotauglich sein und zu 60 % vom eigenen Betrieb oder von einem Betrieb aus derselben Region stammen. Ab Jänner 2024 erhöht sich dieser Prozentsatz auf 70 %. 

Verringert wird auch der Prozentanteil, wenn Futtermittel von Betrieben in Umstellung zugekauft werden. Die Jahresfutterration darf nur mehr 25 % Futtermittel aus dem zweiten Umstellungsjahr enthalten. Bisher waren es 30 %. Gleich bleibt der Prozentanteil bei Umstellungsfuttermitteln vom eigenen Betrieb mit 100% sowie der maximale Anteil von 20% konventionellen Futtermitteln durch Flächenzugang am eigenen Betrieb. 

Bio-Kälber sind während der Mindesttränkedauer von 90 Tagen mit natürlicher Milch, vorzugsweise mit Muttermilch, zu versorgen. Nur in Notfällen mit tierärztlicher Bestätigung darf ein Bio-Milchaustauscher in dieser Zeit verfüttert werden. 

Kleine oder weitreichende Details ändern sich mit Inkrafttreten der neuen Eu Bio Verordnung

Weide für alle Bio-Tiere

Mit Beginn der kommenden Weidesaison müssen alle Bio-Pflanzenfresser auf die Weide, wenn die Umstände dies ermöglichen. Eine zeitweilige Unterbrechung des Weideganges ist demnach nur aufgrund der Witterung, des Zustandes des Bodens und den jahreszeitlichen Bedingungen möglich. Schwierige strukturelle Voraussetzungen am Betrieb, wie wenige hofnahe Flächen oder der Viehtrieb über stark befahrene Straßen, befreien nicht mehr von der Weidevorgabe. BIO AUSTRIA und die Landwirtschaftskammer Österreich setzten sich in vielen Verhandlungsrunden mit den zuständigen Ministerien und in zahlreichen Stellungnahmen für eine Flexibilität bei der Umsetzung der Weide ein. Zukünftig werden alle Tiere dem Haltungssystem zugeordnet, in dem sie stehen. Daraus ergibt sich das Weideausmaß. Beim Haltungssystem A (Laufstall mit Auslauf) steht der Bewegungsaspekt im Vordergrund. Eine Bewegungsweide ist in diesem Fall ausreichend. Werden Tiere im Laufstall ohne Winterauslauf (Haltungssystem B) oder in Kombinationshaltung (Haltungssystem C) gehalten, muss mit dem Weidegang dem Bewegungsaspekt und der Futteraufnahme in umfassender Weise Rechnung getragen werden. Während der ersten Aufzuchtphase der Kälber oder wenn notwendige Routinemaßnahmen, wie Belegen oder Verkaufsvorbereitung durchgeführt werden müssen, können die Tiere vorübergehend im Stall bleiben. 

Endmast und Weide

Bisher konnten Rinder für die Fleischerzeugung während der Endmast für einen bestimmten Zeitraum ausschließlich im Stall fertiggemästet werden. Auch in diesem Punkt ergeben sich teilweise Änderungen.
Laut neuer Bio-Verordnung müssen über ein Jahr alte männliche Rinder (Stiere und Ochsen) Zugang zur Weide oder zu Freigelände haben. Das ermöglicht, dass der Tierhalter wählen kann, ob der Zuchtstier oder die Ochsen auf die Weide kommen oder den Sommer im Laufstall mit Auslauf verbringen. Somit ist bei diesen Tierkategorien eine Endmast  im Stall umsetzbar. Bio-Kalbinnen muss in der Endmastphase zumindestens eine Bewegungsweide angeboten werden. 

Eingriffe nur mit Genehmigung

Eingriffe bei Nutztieren sind nur nach behördlicher Ausnahmegenehmigung und mit Angaben von Gründen möglich. Dazu zählen das Entfernen der Hornknospen bei bis zu sechs Wochen alten Kälbern oder die Enthornung von über sechs Wochen alten Kälbern oder Rindern. Der Antrag auf Genehmigung ist ausschließlich über das VIS zu stellen. Die Kastration von männlichen Tieren ist nach wirksamer Betäubung und postoperativer Schmerzbehandlung weiterhin zulässig. In diesem Fall ist keine Genehmigung der Behörde notwendig. 

Nasenring bei Zuchtstieren OHNE GENEHMIGUNG

Das Einziehen des Nasenringes bei über 10 Monate alten Zuchtstieren führt zu keiner Aberkennung des Bio-Status, da es aus Gründen der Arbeitssicherheit der Betreuungspersonen und zum sicheren Führen der Tiere bei Versteigerungen gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Tier bleibt weiterhin Bio.
Ab 1.1.2022 ist die Antragstellung für diesen Eingriff über das VIS hinfällig! 

Gesunde Tiere

Der vorbeugende Einsatz von chemisch-synthetischen allopathischen Arzneimitteln sowie von Antibiotika sind verboten. Neu hinzu kommt, dass auch Bolis  auf chemisch-synthetischer Basis nicht präventiv eingesetzt werden dürfen. 

Größe von Stall- und Auslaufflächen

Die vorgeschriebenen Mindestmaße der Stall- und Auslaufflächen bleiben gleich. Sie sind allen Tieren zur Verfügung zu stellen, außer beim Haltungssystem B, wo der Winterauslauf bei Weidegang entfallen kann. Neu ist allerdings, dass bei Neubauten die Auslaufflächen seit Jänner 2021 nur mehr zu 50 % (75 % in Regionen mit mehr als 1200 mm Niederschlag) überdacht werden dürfen. Altbauten müssen bis Ende 2030 den genannten Vorgaben entsprechen.

Zukauf konventioneller Zuchttiere: noch ein Jahr Schonfrist

Im Jahr 2022 bleibt das Antragsverfahren rund um den konventionellen Tierzukauf noch gleich wie bisher. Ab dem Jahr 2023 hingegen ist für JEDEN konventionellen Tierzukauf ein Ansuchen bei der Behörde notwendig. Angenommen sind nur die gefährdeten Nutztierrassen. 

Grünlandsaatgut – Änderungen bei konventionellen Mischungen

Die bisher gültige Regelung, dass konventionelles Grünlandsaatgutmischungen ohne Genehmigung der Behörde auf Biobetrieben verwendet werden darf, ENTFÄLLT AB 2022. Während also biologische oder Umstellungs(UM)- Komponenten/Mischungen natürlich ohne Antrag eingesetzt werden dürfen, ist hingegen für nichtbiologische Komponenten/Mischungen ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung notwendig. 

Eine Sonderregelung gibt es bei Mischungen für Futterpflanzen mit min. 70% Bio/UM-Komponenten. Bei Verwendung einer solchen Mischungen ist eine Ausnahmegenehmigungen für die konventionellen Komponenten nur dann zu beantragen, sofern diese nicht in der (nationalen) Liste der allgemeinen Ausnahmegenehmigungen angeführt ist. Die Verfügbarkeit von Bio/UM Saatgut ist in der AGES Bio-Saatgutdatenbank ersichtlich.

Franz Promegger

Bioferkel sind gefragt!

Wie wäre es mit Bio-Ferkeln?

Mit 2 Prozent Anteil am Markt ist die Bio-Schweinehaltung eine Nischenproduktionsform. Die Steigerungsraten sind allerdings beträchtlich. Während Bio-Mastschweinehalter ausreichend zur Verfügung stehen, hinkt die Produktion von Bio-Ferkeln weit hinterher. Aktuell würden pro Jahr 300 Zuchtsauen mehr benötigt werden, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. Dieses Missverhältnis führt dementsprechend zu interessanten Ferkelpreisen. Während Schweinehaltung in den ackerreichen Ostregionen Österreichs weit verbreitet ist, ist sie in den Grünlandgebieten im Westen praktisch inexistent. Dabei wäre die Ferkelproduktion auch für so manchen Grünlandbauern ein lohnenswertes Standbein. Denn: Bioferkel sind gefragt! 
Zwei Bio-Betriebe, Posch und Klimmer aus Salzburg, setzen auf dieses Standbein, siehe Video weiter unten.

Warum Sauen halten?

Schweinehaltung ist weder kompliziert noch besonders aufwendig. Im Gegenteil, bei entsprechendem Interesse kann Schweinehaltung auch ohne Vorwissen gut funktionieren.  Zur Abhilfe gibt es entsprechende Weiterbildungs und Beratungsangebote.  Besonders sinnvoll ist Schweinehaltung dann, wenn bereits am Betrieb vorhanden Ressourcen genutzt werden können. Schweine als Allesfresser können etwa sehr gut betriebliche, biozertifizierte Nebenprodukte wie Ausschussmilch, Molke, Kartoffeln, Altbrot oder Ausputzgetreide verwerten. Nicht möglich ist hingegen die Fütterung mit Küchen- oder Gastronomieabfällen. Weiters können auch vorhandene Gebäude oder alte Rinderstallungen oft recht einfach für Schweinehaltung adaptiert werden, Knackpunkt ist hier oft die Schaffung passender Auslaufflächen. Ein weiterer Faktor sind ausreichende Zeitressourcen. In der Größenordnung 2 – 5 Sauen müssen für die täglich anfallenden Arbeiten wie Füttern, Ausmisten und Kontrollgang etwa 30  – 60 Minuten eingeplant werden. Während intensiver Phasen wie etwa der Abferkelung oder der Belegung auch entsprechend mehr.

Wie schaut´s wirtschaftlich aus?

Eine gute Sau wirft 2mal im Jahr. Mit durchschnittlich 9 abgesetzten Ferkel pro Wurf, stehen im Jahr 18 Ferkel zum Verkauf. Ferkel werden im Bio-Landbau mit 25-30 kg Lebendgewicht zu einem aktuellen Richtwert von 150 Euro/Tier verkauft. Dadurch ergeben sich Einnahmen von 2.700 Euro. Zieht man die variablen Kosten wie Futter für Sau und Ferkel, Einstreu, Tierarzt, Besamung, usw.… ab, so ergibt sich ein jährlicher Deckungsbeitrag von min. 1.250 Euro pro Sau. Bei eingesetzten 30-40 Arbeitskraftstunden pro Jahr und Sau.  Wobei sich dieser Beitrag mit gutem Management auch deutlich erhöhen lässt.*

Mögliche Absatzkanäle für Ferkel sind Bauern in der Umgebung, lokale Händler, oder Vermarktungsorganisationen wie die Bioschwein Austria. Alternativ können die eigenen Ferkel auch selber gemästet und das erzeugte Schweinefleisch direkt- oder weitervermarktet werden.

* Als Quelle zur Berechnung dient der sehr empfehlenswerte Deckungsbeitragsrechner der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen. Hier können verschiedene Wirtschaftsformen mit eigenen Werten bestückt und durchgerechnet werden. Außerdem dient er als Quelle verschiedener Kalkulationsdaten.

  • Liegehütte mit Muttersauen. © Markus Danner
  • tierische Almidylle © Bio Austria

Platzbedarf

Schweinehaltung ist vielfältig, genauso vielfältig sind die Haltungsmöglichkeiten. Von Umbaulösungen, neugebauten Warm- oder Kaltställen, über Außenklimaställe bis hin zur extensiven Freilandhaltung reichen die Variationen. Für Kleinbestände ist Flexibilität oberstes Gebot. Dieses Beispiel ist für zwei Zuchtsauen konzipiert. Hier können zwei Abferkelbuchten durch Versetzen der Trenngitter im Auslauf in eine Wartebucht und eine Ferkelaufzuchtbucht umgewandelt werden. Somit müssen nicht alle – auch ungenutzte Bereiche- vorhanden sein und es kann Platz gespart werden. Allerdings muss eine zusätzliche Ferkelaufzuchtbucht vorhanden sein.

Abferkelbucht

Der Abferkelbereich wird für den Zeitraum von kurz vor der Geburt bis zum Absetzen der Ferkel (nach ca. 40 Tagen) verwendet. Sie ist für eine Sau und ihren Wurf ausgelegt. Wichtig ist ein separates, heizbares Ferkelnest. Für Kleinbestände bietet sich die unstrukturierte Universalbucht als maximal flexibler Buchtentyp an.

Wartebereich

Im Wartebereich werden Sauen vom Absetzen bis kurz vor der nächsten Geburt gehalten. Hier findet auch die Belegung der Sauen statt. 

Ferkelaufzucht und Mastbereich

Im Aufzuchtbereich werden die Ferkel vom Absetzen bis zum Mastbeginn (25 – 30 Kg) gehalten. In nicht beheizten Ställen müssen Liegekisten angeboten werden. Dabei ist zu beachten, dass Liegeflächen in der Größe angepasst werden können, um optimal auf Tiergröße und Besatzdichte reagieren zu können. Ist das erforderliche Platzangebot immer gewährleistet, so können Aufzucht und Mast in derselben Bucht stattfinden. Es wird empfohlen, eine Bucht für 11 Tiere (ein Wurf) zu planen.

Weitere Informationen zum findet man in den ÖKL Broschüren: „Stallbau für die Biotierhaltung Schwein“ oder in der neuen Broschüre von Bio Austria Schweinehaltung für Kleinbestände.  

Franz Promegger

Tierhaltung und Weidemanagement im Bio Landbau

Die Weideregelung, die ab 2022 in Österreich per Erlass verfügt worden ist, ist hier ausführlich dargestellt:

Weide auf Biobetrieben

Internationale Fachtagung zu Fragen der Umsetzung der EU Bio-Verordnung.

Die Konsequenzen des inzwischen berüchtigten EU Audits in Österreich von 2017 sind nach wie vor weder in allen Bereichen klar, noch befriedigend.
Die Thematik ist inzwischen weit über Österreich hinaus heiß, denn aufgrund der Brisanz und der Folgenschwere der bislang gezeigten Kompromisslosigkeit mancher Auslegung durch Zuständige in Kommission (und Ministerien) ist bei vielen in der EU angekommen, dass es nicht bei einem österreichischen Problem bleiben wird.

In einer sehr gut gelungenen 1 ½ tägigen Fachtagung – online abgehalten – wurden die Positionen in Österreich, gesamteuropäisch und organisationsübergreifend ausgetauscht.

Die Standpunkte betroffener Bauern wurden eingangs per Videobotschaften eingebracht, Interessensvertreter von Bio austria und LK Österreich platzierten ihre Standpunkte und Forderungen zu den strittigen bzw. problematischen Bereichen in der Bio-Tierhaltung, v.a. in Bezug auf das Weideerfordernis.

Die fachlichen Expertenbeiträge ließen erkennen, dass eine Regelung, die in einem Absatz Haltungsvorgaben formuliert (wie eben das Weideerfordernis für die Pflanzenfresser), nicht undifferenziert, nicht absolut auf jedes Tier, nicht auf jede Tiergruppe umgelegt werden kann. 

Physiologische Ansprüche von Tieren, v.a. in ihrer Jugend oder lebenszyklische Bedingungen müssen berücksichtigt werden können, wenn das Tierwohl wirklich im Vordergrund stehen soll. Eine zwingende Weidevorgabe z.B. für Kälber/Lämmer/Kitze im Säugealter ist dadurch nicht nur in Frage zu stellen, sondern mitunter höchst kontraproduktiv.

Die juristische Betrachtung der Rechtsvorschriften im Sinne von Spielräumen oder Grenzen zeigte keine eindeutig einheitliche Rechtsmeinung. Klar ist: Die Gesetz-Werdung in der EU ist ein langwieriger Prozess, in den viele Interessen jahrelang in einen Rechtsbestand eingearbeitet werden müssen. Mündet dieser Prozess in eine Verordnung, ist es praktisch beinahe unmöglich, dies in überschaubaren Zeiträumen zu ändern. Und – die Verordnung ist überall und unmittelbar anzuwenden! D.h. die Mitgliedstaaten haben nicht die Möglichkeit, daraus eigene Regelungen zu kreieren, wie etwa bei EU Richtlinien.

Neben Bio Austria Obfrau Gertraud Grabmann wiesen auch Bioland und IFOAM Präsident Jan Plagge und andere darauf hin, dass die Verordnung durch ihre (absichtlich?) nicht präzise ausformulierten Artikel (z.B. …wenn die Umstände dies gestatten…, oder …teilweise…) Spielräume zulassen, die es zu nutzen gilt, und die aufgrund der Heterogenität der Naturräume und sonstigen Voraussetzungen in Europa genutzt werden müssen. 

Mastschweine im Strohauslauf. © Markus Danner
Mastschweine im Strohauslauf. © Markus Danner
solche “Frischluftbereiche” außerhalb des Stallgebäudes werden nach der Auslegung der EU-Verordnung nicht als Auslauf anerkannt.

Auf den ersten Blick mag es verwundern, dass über mehr oder weniger Überdachung von Ausläufen großer Diskussionsbedarf besteht. In der Praxis macht das nicht „nur“ dem einen oder anderen Einzelbetrieb zu schaffen, sondern Produktionssysteme können dadurch in Frage gestellt werden. So sind in Frankreich z.-b. „All-straw“-Systeme in der Bio-Schweinemast verbreitet. D.h. auch im Auslauf finden die Schweine ein Strohbett vor, der Stall hat keine Spaltenböden. Das funktioniert natürlich nur mit überdachtem Auslauf, andernfalls ist dieses Festmistsystem nicht möglich. Auch in Salzburg gibt es mindestens zwei Ställe, die auf diese Art funktionieren. Würden die Schweine gefragt, ob ihnen Regen im Spaltenauslauf oder ein Strohbett, in das sie sich eingraben können, lieber ist, wie würden die sich entscheiden?

Ich wage keine Prognose, ob diese Tagung in der Rückschau als jenes Ereignis betrachtet werden kann, in Folge dessen sich betroffenen Betrieben wieder Möglichkeiten eröffneten.

Dennoch bleibt eine gewisse Zuversicht, denn die breite Einigkeit, die sich über Länder- und Organisationsgrenzen hinweg in Bezug auf Berücksichtigung lokaler/regionaler Besonderheiten gezeigt hat, war eine positive Überraschung. Es wird darauf ankommen, dass die handelnden Personen mit dem Schwung aus dieser Tagung rasch konkrete Ergebnisse erzielen. 

Markus Danner

Der Wolf und die Quadratur des Kreises

Der Rückgang  der Arten(-vielfalt) ist eine nicht zu leugnende Tatsache.

Dass durch Politik, Gesetze und Verordnungen sowie zivilgesellschaftliches Engagement (wie z.B. jenes der BIO AUSTRIA Bauern) gegengesteuert wird, ist notwendig und gut. 
Umweltschutz in all seinen Facetten ist aber nicht nur edel und selbstlos. Kein reines Gutmenschentum – nein, er ist auch Selbstschutz. 
Doch auch diese Medaille hat ihre Kehrseite.
Das Phänomen ist literarisch schon lange aufgearbeitet, spätestens seit Goethe kennen wir die Geister, die wir riefen – um sie nicht mehr loszuwerden.

Das „absolut“ unter Schutz stellen von Tierarten, ohne zeitliche, räumliche oder auf die Populationsgröße bezogene Einschränkung erweist sich mitunter als Geist, den man gerne loswürde.


Da gibt es Possen, die einerseits zum Schmunzeln anregen, wie jene der etwas zu großen Graugänsefamilie am Almkanal und Leopoldskron in Salzburg, aber andererseits schon im Kleinen die Problematik aufzeigen: Dass die Natur nicht nach „vermenschlichten“ Maßstäben funktioniert.

Es war tatsächlich nicht notwendig, die Wildgänse fast auszurotten. Ihnen einen Schutzstatus zu gewähren, der die Population in die Hundertausende anwachsen ließ, und diese Massen an der Nordseeküste jeden Acker und jede Wiese an ihrer Zugroute kahlfressen, nennt man umgangssprachlich „das Kind mit dem Bade ausschütten“.

Die Beispiele sind zahlreich. Biber mögen süß sein. Aber was sollen Biber an kanalisierten, denaturierten Flüssen denn sonst tun, als den Uferbaumbestand zu zerstören.
Fischotter sind noch süßer. Nehmen wir bei deren Anwesenheit die völlige Verunmöglichung der Süßwasserfischerei als Kollateralschaden hin?
Viele Krähen = kaum Jungvögel von Bodenbrütern. Wenn sie nicht schon die Eier fressen, dann spätestens die Küken.

Wölfe. Sie sind da, in Österreich. Wo der Wolf zuhause ist, hat der Mensch eigentlich nichts verloren. Das musste schon Rotkäppchen zur Kenntnis nehmen. 
Wolfsgebiet ist definitiv kein Freizeitpark. Wie verträgt sich das aber mit einer Gesellschaft, die für sich das Recht in Anspruch nimmt, mit Kraftfahrzeugen, Fahrrädern, zu Fuß incl. Kinderwagen, auf Schiern, mit Seilbahnen oder aus der Luft auch das allerletzte Winkelchen unserer Landschaft als genau solchen (Freizeitpark incl. Mülldeponie) zu nutzen?
Wie verträgt sich das mit einer Gesellschaft, die es gewohnt ist, viel Geld für Freizeit, aber immer weniger für ihre Ernährung auszugeben. Sollen wir’s lassen mit der Tierhaltung außerhalb urbaner Ballungsräume oder ausgeräumter Agroebenen? Oder die Viecher einfach wieder in den Ställen internieren?

Den „Herdenschutz“ im Sinne von Hirtenhundehaltung und Einzäunung als Lösung zu präsentieren, ist für die eine oder andere kleinräumige Weidefläche in gemäßigtem Gelände sicher gut gemeint.
Unterm Strich aber ist es eine Verhöhnung aller, die seit Jahrzehnten alpines Gelände bewirtschaften und pflegen. 

Grasland und Graser, Symbiose seit Jahrmillionen © Bio Austria
Da oben wirds schwierig mit wirksamen Zäunen © BIO AUSTRIA

Fast einhellig und unbestritten ist die Ansicht, dass eine Sommerfrische auf der Alm für unsere Nutztiere der Himmel auf Erden ist.
Die Nicht-Bejagung des Wolfs wird einen massiven Rückschritt in der Almbewirtschaftung, in Tierwohlbelangen, in der Forcierung der Weidehaltung und in der Wirtschaftlichkeit der tierhaltenden Betriebe nach sich ziehen.
Seine Bejagung soll und wird ihn nicht ausrotten, ihm aber seinen Platz zuweisen – abseits menschlicher Reviere.

Wie man es dreht und wendet, die Koexistenz von Mensch und Wolf in einem letztlich winzigen Gebiet, in dem es allenfalls noch ein paar Quadratkilometer echter Wildnis gibt, gleicht der sprichwörtlichen Quadratur des Kreises – sie zu lösen wird sehr schwer gelingen können.

Markus Danner

Vom Umgang mit Gülle

zwischen Hausverstand, Gesetz und Wirtschaftlichkeit

Die NEC Richtlinie der EU zwingt Österreich, die Behörden und letztlich die Bauern in Bezug auf die Emissionen aus der Gülle(-düngung) zu handeln.
Vom Umgang mit Gülle, zwischen Hausverstand Gesetz und Wirtschaftlichkeit, ist dabei kaum die Rede.

Hoheitliche Vorgaben, seien es Gebote oder Verbote, sind zu erwarten.
Diese Vorgaben werden ausschließlich auf die Emissionsminderung, v.a. bezüglich Ammoniak, abzielen.

Vielerorts werden „Gülletage“ abgehalten, von Kammern, Maschinenringen, Landmaschinenproduzenten und Experten, die vorführen, wie Gülle am besten an den Boden gebracht wird.
Soweit, so gut. Dennoch bleibt großes Unbehagen. Viele Fragen tun sich auf, die teilweise sehr salopp pariert werden. 
ZB. das leidige Thema der Bodenverdichtung durch die häufig monströsen Güllefässer. Ist es korrekt und zulässig, diesen Einwand einfach mit dem Hinweis auf Reifendruckreduktion wegzuwischen?

Die Kosten:

Ist Gülleseparation und bodennahe Ausbringung mit bester Technik wirklich die praktikable Lösung für den Großteil der Betriebe mit 10, 20, oder 30 Kühen?
Die Frage sollte oder könnte doch auch lauten:
Wie kann Stickstoff in der Gülle stabilisiert werden?

Ist die überbetriebliche Düngekette die Zukunft, wobei die im Sinne der vielpropagierten standortangepassten, abgestuften Nutzung erforderliche individuelle, feldstückspezifische Düngerration verunmöglicht wird?
Führt uns das nicht eher zur weniger häufigen, aber größeren Einzelgabe?

Es ist zu befürchten, dass genau das eintritt, wogegen seit vielen Jahren beraten wird.

„Komm oft, bring wenig“ kommt mit diesem Ansatz im wahrsten Sinn des Wortes unter die Räder.

Gülleverteiler für Verschlauchungssystem © Markus Danner
Gülleverteiler für Verschlauchungssystem; Düngen ohne Bodendruck!
Der Nährstoffkreislauf eines tierhaltenden Betriebes hat viele Facetten, nicht nur jenen der potenziellen Emissionsgefahr!
© Markus Danner

Natürlich ist es richtig, dass die Pflanzenverschmutzung umso geringer ist, je schmaler das Düngeband durch den Bestand zieht. Zwangsläufig folgt aber auch, dass streifenweise die Menge so groß ist, dass Strukturschäden im Boden durch den temporären Kaliumüberschuss unvermeidbar sind.
Von der Sichtweise im Biolandbau, den Boden zu füttern, nicht die Pflanze zu düngen, entfernen wir uns in dem Maße mehr, als wir die vollflächige, gleichmäßige, oftmalige Düngung mit moderaten Mengen aufgeben.

Dass die Pflanzenbestände das nicht goutieren, zeigen viele Beispiele der letzten Jahre.

Fazit:

Es geht nicht im geringsten darum, wer Recht hat oder nicht. Der Appell zielt ausschließlich darauf ab, das Problem nicht eindimensional und rein technisch lösen zu wollen, sondern ein weiteres mal „aufs Ganze zu schauen“!

Die bereits genannten Düngungsgrundsätze dürfen wir einer rechtlichen Vorgabe willen nicht einfach über Bord werfen, sondern versuchen, sie unter allen Umständen zu integrieren. 
Diese Integration sollten wir als Biobauern im Sinne der Qualität des Gesamtsystems „BIOLANDWIRTSCHAFT“ gemeinsam schaffen.
Für die Ausarbeitung einer betriebsindividuellen Dünge- bzw. Düngerstrategie stehen wir von BIO AUSTRIA jederzeit zur Verfügung!

Düngungsgrundsätze in der Biologischen Landwirtschaft

  • Komm oft, bring wenig: 
    • zu jeder Nutzung eine Düngergabe; 
    • flüssig 12m3 bis max. 15m3/ha
  • wir düngen nicht die Pflanzen, sondern füttern den Boden!
    • Bodenleben füttern heißt, quantitativ und qualitativ die Nährstoffdynamik anzukurbeln (das nimmt auch den Schrecken vom P-Mangel)
    • Wir beleben mit den Düngern den Boden 
  • Verlustvermeidung durch Düngeraufbereitung! z.B.
    • Verdünnung (mind. 1/3 Wasser)
    • Steinmehlzugabe (Zeolith, Urgesteinsmehl, Tonmineral..)
    • Pflanzenkohlezugabe
    • Mikrobenpräparate (EM..)
    • Laufend viel Luft einmixen vermeiden!

Und ganz allgemein: 
Bodenschonung durch Verhinderung der Verdichtung durch zu hohe Achslasten, 
kein Befahren bei zu feuchten Verhältnissen, 
keine punktuelle Über- oder Unterdüngung.

Markus Danner

Kükenembryos, Bruderhahn und Ethik

Seit vielen Jahren wird und wurde in unregelmäßigen Abständen das Töten frisch geschlüpfter männlicher Küken von Legehühnern angeprangert, ein Verbot gefordert. Die Bioszene hat sich in Teilen (gilt nur für Handelsmarkenlieferanten und Bio Austria Standard) zur Aufzucht der Hähne verpflichtet. Für die langsam wachsenden Tiere wurden spezielle Absatzkanäle gesucht und gefunden. 

Das an sich unrentable Geschäft mit dem „Bruderhahn“ (die Legerassen brauchen viel mehr Futter und länger zum Wachsen als Mastrassen) wird durch die Eier ihrer Schwestern bzw. den Preis ihrer Schwestern (höherer Preis der Bio-Junghennen, den der Legehennenhalter bezahlen muss), querfinanziert.

An einer Lösung auch über den begrenzten Biomarkt hinaus wird gearbeitet, denn schon 2024 soll beispielsweise in Deutschland das Töten männlicher Küken generell verboten sein.
Wenn die Aufzucht von Millionen Hähnen völlig unrentabel ist, sollten die Bemühungen darin bestehen, dass gar keine Hähne schlüpfen. Diese Bemühungen gibt es, in Form der Geschlechtserkennung im Ei. Nun muss dazu aber nicht nur das Ei, sondern auch schon ein mehrere Tage (dzt. ca. 10 Tage) entwickelter Embryo im Ei vorhanden sein, um männlich oder weiblich auseinander zu kennen.
Und an dieser Stelle poppt sogleich die nächste Frage auf. Ob es denn rechtens sein kann, 10 Tage angebrütete Eier wegzuschmeißen, die männliche Embryonen beinhalten, die bereits ab dem 7. Tag schmerzempfindlich sind?

gut entwickelte Masthähnchen im Grünen © Bio Austria
Masthähnchen sind relativ gute Futterverwerter © Bio Austria

Spätestens jetzt beginnt die Debatte absurd zu werden. Es geht nicht um Vegan gegen Nutztiergenießer. Es geht nicht um Tierschützer gegen Landwirte. Irgendwann geht es nur mehr um die Bereitschaft, menschliche Vernunft walten zu lassen. 
Wenn die Ethik der Tierhaltung und Lebensmittelerzeugung bis zur Schutzwürdigkeit angebrüteter Eier vordringt, dann können wir noch nachlegen: Was ist mit den unzählig getöteten Regenwürmern und sonstigen Bodenbewohnern beim Pflügen und Vorbereiten des  Ackers für die Pflanzung der Setzlinge, aus denen unsere leckeren Brokkoli-, Karotten- und Kartoffelgerichte wachsen?

Und, wenngleich so ein Vergleich unsäglich schwer fällt: Solange eine Gesellschaft mit der Fristenlösung gut leben kann (gegen die ich hier nicht zu Felde ziehe), diese ethisch rechtfertigt, solange darf die Entsorgung angebrüteter Eier nicht Gegenstand einer ernsthaften Diskussion unter psychisch gesunden Menschen sein.

Markus Danner

Woran soll sich Landwirtschaft orientieren?

Gäbe es eine eindeutige Marschrichtung, so wie Mitte des letzten Jahrhunderts, als es hieß, macht zu essen, soviel ihr könnt, wäre die Sache relativ einfach. Doch woran soll sich die Landwirtschaft orientieren, wenn von Allem zuviel auf dem Markt? Wenn sich in der Gesellschaft beinahe jeder und jede bemüßigt fühlt, viel Meinung, aber wenig Ahnung zu haben, wie Bauern arbeiten sollen?

Im Magazin “Unser Hof” (Ausg. 01/21) zeigen gegensätzliche Beiträge den ganzen Irrwitz auf, in dem junge Hofübernehmer, Quereinsteiger oder andere an Landwirtschaft Interessierte Orientierung finden müssen.

Da ist einerseits ein junger ehemaliger Leistungssportler, der ein kleines Bergsacherl von seinen Eltern übernommen hat, mit sieben Kühen, ein paar Schweinen und einer kleinen Hofkäserei incl. ambitioniertem Tourismuskonzept Arbeitsplätze auf dem Hof geschaffen hat. Ein Grünlandbetrieb ohne Milch für die Molkerei, nichts für den “Weltmarkt”.

Da ist andererseits ein junges Paar, das einen Robotic-Hochleistungs-Milchviehbetrieb aufgebaut hat. Eine Aussage, sei sie so getätigt oder vom Journalisten frei erfunden, hinterlässt Appetitlosigkeit: Neben einem Melk- und einem Fütterungsroboter tragen die meisten Rinder Sensoren […] in ihren Pansen. Nachsatz: “So ist es uns gelungen, unseren Traum, Milchwirtschaft im Vollerwerb betreiben zu können, zu erfüllen.”
Sensible Mägen könnten auf Derartiges reagieren.

Freude am ersten Wendetag © Elisabeth Spitzauer
lässt sich Tierwohl “digitalisieren”? © Elisabeth Spitzauer

Beide sind junge Hofübernehmer, beide wachsen in der selben Zeit im Süden Österreichs auf. Ihre unterschiedlichen Perspektiven scheinen aus verschiedenen Welten zu stammen.
Aus diesen beiden Welten ein einheitliches Zukunftsszenario über das Treiben der Landwirtschaft in Österreich zu zeichnen, scheint unmöglich. Dennoch tun es Viele. In bedeutungsschwangeren Diskussionsrunden, vom Stammtisch bis in akademische Zirkel. Die genannten Beispiele lassen erahnen, dass nichts davon stimmt und andererseits alles möglich ist.

Ich habe eine Präferenz, welchem Konzept ich eher zuneige.
160% Selbstversorgungsgrad bei Milch. 60% Milch über Bedarf, die eigentlich niemand braucht.
Dennoch wird jeder neue Stall größer gebaut als es der alte war. Mit viel privatem und öffentlichem Geld. Es wird gezüchtet, fütterungsoptimiert und aufgestockt als wären Mangelzeiten. Mit welchem Ziel?

Darüber laut nachzudenken, muss auch erlaubt sein!

Markus Danner

Die „Österreichische Lösung“ und ihre Nachwehen

Eines der arbeitsintensivsten Themen in diesem Jahr war zweifelsohne jenes der Weidevorgaben. In Zukunft soll die Weide wesentlich klarer geregelt bzw. umgesetzt werden. Aus Sicht eines Funktionärs wage ich einen Erklärungsversuch, wie es dazu gekommen ist.

Bis vor kurzem gab es in Österreich eine „klassisch österreichische“ Lösung beim Thema Weide – weder Fisch noch Fleisch! 
So war es unter Umständen möglich, komplett ohne Weide Biobetrieb zu sein. Es gibt tatsächlich Umstände, die eine Weide sehr erschweren bis unmöglich machen. Zum Beispiel große Stall-Feld Entfernungen oder stark befahrene Straßen. Das versuchen wir auch in der aktuellen Debatte stark zu lobbyieren.

Der Hund liegt aber darin begraben, dass diese „Umstände“ bis jetzt sehr, sehr dehnbar waren. So entstanden Betriebe, die nicht weideten, aber die schönste Weidefläche vor der Stalltür haben. Die betroffenen Bauern erzählen dann ganz stolz, sie hätten sich die Wiesen gegenseitig verpachtet, wodurch keiner mehr hofnahe Flächen hat und damit nicht weiden muss! 
Andere wiederum haben sich einen Ochs angeschafft, um so eine „kleinste Tierkategorie“ am Hof zu schaffen, die einsam auf der Weide steht. Aber die Weideverpflichtung war erfüllt! Die Bandbreite an „Lösungen“ für das Weideproblem war teilweise zu kreativ.

Und dieser Umstand hat letztlich dazu geführt, dass Vertreter übergeordneten Rechts (EU Bio-VO) der österreichischen Vorgangsweise die Zustimmung verwehrten. 

Es stellt sich die Frage, wie stehen Betriebe überhaupt zur Sache Biolandwirtschaft allgemein und zum Verband Bio Austria, wenn sie ihn verlassen, um fragwürdigen chinesischen Dünger zu verwenden, oder weil vor drei Jahren die Weideregeln in den Verbandsrichtlinien etwas kerniger wurden? (Die aktuelle Situation bestätigt die Richtigkeit der damaligen Entscheidung). 
Gibt es noch Biobauern, die ihr Hirnschmalz und ihre Kreativität nicht dazu verwenden, wie sie etwas umgehen können, sondern  Lösungen entwickeln? 
Doch! Es gibt sie!

Es werden Land auf, Land ab Triebwege angelegt, Löcher in Lärmschutzwände geschnitten, mit Anrainern Gespräche geführt, Tunnel und Überführungen gebaut oder einfach zum ersten Mal seit langem wieder ein Zaun aufgestellt und behutsam das Weiden (wieder)erlernt. 

Es ist mir sehr bewusst, dass diese gefühlten und realen Anforderungen im täglichen administrativen und praktischen Arbeiten kein Spaß sind. 
Der Erfolg von Bio liegt dennoch in der Transparenz und Nachvollziehbarkeit unserer Arbeit gegenüber unseren Umwelten und Kunden. Dadurch hat sich die Biolandwirtschaft immer weiterentwickelt. Nur, die Geschwindigkeit ist derzeit schneller, für viele zu schnell. Da ist baldige Entschleunigung gefragt. 

Der Verein Bio Austria (vormals ErntE) wurde begründet, um diese Herausforderungen als Gemeinschaft zu meistern. Tun wir das auch weiterhin. Wir – Funktionäre, Mitarbeiter und Berater dieses Verbandes kämpfen auf verschiedenen Ebenen für praktikable Vorgaben. 

Sebastian Herzog, Obmann BIO AUSTRIA Salzburg

Landwirtschaft und Klima

Landwirtschaft und Klima

Die Landwirtschaft (mit der Jagd) war lange Zeit jenes Gewerbe, jener einzige Berufstand, der von sich behaupten konnte, einen Netto-Energieüberschuss zu erwirtschaften. Das gelang mithilfe grüner Pflanzen und des Sonnenlichts, mit dem die Pflanzen Kohlendioxid zu Kohlenhydraten aufbauen und speichern. Graser, also vor allem Wiederkäuer, transformieren ihrerseits grüne Pflanzen und Konserven daraus in Lebensmittel, mithilfe derer sich aus einem Haufen Wilder Zivilgesellschaften formen konnten.
Landwirtschaft und Klima waren und sind dadurch eng miteinander verflochten.

Aus dieser Position und aus diesem Selbstverständnis heraus wäre die Landwirtschaft in Bezug auf die CO2Problematik tatsächlich die Lösung.

Diese Zeiten sind aber längst vorbei.

Beharren landwirtschaftliche Funktionäre zwar immer noch darauf, nicht Teil des Problems, sondern der Lösung zu sein, bleiben sie den geringsten Beweis schuldig. Denn, die Landwirtschaft ist schon lange zu einem Netto-Energieverbraucher großen Stils geworden.

Das hat viele Gründe – politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche, zeitgeistige. 

„Die Bauern“ allein waren es nicht, sondern unser aller Art zu leben, zu konsumieren, beim Falschen zu sparen, zu rationalisieren und zu verbilligen.

Es wird nicht funktionieren, darauf zu warten, dass „die Politik“ den CO2 Ausstoß verringert. Die Politik wird das nicht können. CO2 Ausstoß wird dann verringert, wenn wir alle weniger Öl, Diesel und Benzin, weniger Kohle und Gas verbrennen. Punkt. (Und wenn wir es nebenbei nicht zulassen, dass die Welt von Verrückten regiert wird, z.B. Brasilien und etwas weiter nördlich, etc.).

Heuernte. © Markus Danner
Heuernte. © Markus Danner
Sonnenblumen blauer Himmel © Bio Austria
Kraft der Sonne © Bio Austria

Die Landwirtschaft muss zurück zum Netto-Energie-Überschussproduzenten! D.h. nicht „zurück auf die Bäume“, aber zurück zu verträglicher Technik, zur Kraft der Sonne, zum Vermeiden des Vermeidbaren. Das heißt mutig Landwirtschaft neu denken.

Markus Danner