Der Rückgang der Arten(-vielfalt) ist eine nicht zu leugnende Tatsache.
Dass durch Politik, Gesetze und Verordnungen sowie zivilgesellschaftliches Engagement (wie z.B. jenes der BIO AUSTRIA Bauern) gegengesteuert wird, ist notwendig und gut.
Umweltschutz in all seinen Facetten ist aber nicht nur edel und selbstlos. Kein reines Gutmenschentum – nein, er ist auch Selbstschutz.
Doch auch diese Medaille hat ihre Kehrseite.
Das Phänomen ist literarisch schon lange aufgearbeitet, spätestens seit Goethe kennen wir die Geister, die wir riefen – um sie nicht mehr loszuwerden.
Das „absolut“ unter Schutz stellen von Tierarten, ohne zeitliche, räumliche oder auf die Populationsgröße bezogene Einschränkung erweist sich mitunter als Geist, den man gerne loswürde.
Da gibt es Possen, die einerseits zum Schmunzeln anregen, wie jene der etwas zu großen Graugänsefamilie am Almkanal und Leopoldskron in Salzburg, aber andererseits schon im Kleinen die Problematik aufzeigen: Dass die Natur nicht nach „vermenschlichten“ Maßstäben funktioniert.
Es war tatsächlich nicht notwendig, die Wildgänse fast auszurotten. Ihnen einen Schutzstatus zu gewähren, der die Population in die Hundertausende anwachsen ließ, und diese Massen an der Nordseeküste jeden Acker und jede Wiese an ihrer Zugroute kahlfressen, nennt man umgangssprachlich „das Kind mit dem Bade ausschütten“.
Die Beispiele sind zahlreich. Biber mögen süß sein. Aber was sollen Biber an kanalisierten, denaturierten Flüssen denn sonst tun, als den Uferbaumbestand zu zerstören.
Fischotter sind noch süßer. Nehmen wir bei deren Anwesenheit die völlige Verunmöglichung der Süßwasserfischerei als Kollateralschaden hin?
Viele Krähen = kaum Jungvögel von Bodenbrütern. Wenn sie nicht schon die Eier fressen, dann spätestens die Küken.
Wölfe. Sie sind da, in Österreich. Wo der Wolf zuhause ist, hat der Mensch eigentlich nichts verloren. Das musste schon Rotkäppchen zur Kenntnis nehmen.
Wolfsgebiet ist definitiv kein Freizeitpark. Wie verträgt sich das aber mit einer Gesellschaft, die für sich das Recht in Anspruch nimmt, mit Kraftfahrzeugen, Fahrrädern, zu Fuß incl. Kinderwagen, auf Schiern, mit Seilbahnen oder aus der Luft auch das allerletzte Winkelchen unserer Landschaft als genau solchen (Freizeitpark incl. Mülldeponie) zu nutzen?
Wie verträgt sich das mit einer Gesellschaft, die es gewohnt ist, viel Geld für Freizeit, aber immer weniger für ihre Ernährung auszugeben. Sollen wir’s lassen mit der Tierhaltung außerhalb urbaner Ballungsräume oder ausgeräumter Agroebenen? Oder die Viecher einfach wieder in den Ställen internieren?
Den „Herdenschutz“ im Sinne von Hirtenhundehaltung und Einzäunung als Lösung zu präsentieren, ist für die eine oder andere kleinräumige Weidefläche in gemäßigtem Gelände sicher gut gemeint.
Unterm Strich aber ist es eine Verhöhnung aller, die seit Jahrzehnten alpines Gelände bewirtschaften und pflegen.
Fast einhellig und unbestritten ist die Ansicht, dass eine Sommerfrische auf der Alm für unsere Nutztiere der Himmel auf Erden ist.
Die Nicht-Bejagung des Wolfs wird einen massiven Rückschritt in der Almbewirtschaftung, in Tierwohlbelangen, in der Forcierung der Weidehaltung und in der Wirtschaftlichkeit der tierhaltenden Betriebe nach sich ziehen.
Seine Bejagung soll und wird ihn nicht ausrotten, ihm aber seinen Platz zuweisen – abseits menschlicher Reviere.
Wie man es dreht und wendet, die Koexistenz von Mensch und Wolf in einem letztlich winzigen Gebiet, in dem es allenfalls noch ein paar Quadratkilometer echter Wildnis gibt, gleicht der sprichwörtlichen Quadratur des Kreises – sie zu lösen wird sehr schwer gelingen können.
Markus Danner