Kükenembryos, Bruderhahn und Ethik

Seit vielen Jahren wird und wurde in unregelmäßigen Abständen das Töten frisch geschlüpfter männlicher Küken von Legehühnern angeprangert, ein Verbot gefordert. Die Bioszene hat sich in Teilen (gilt nur für Handelsmarkenlieferanten und Bio Austria Standard) zur Aufzucht der Hähne verpflichtet. Für die langsam wachsenden Tiere wurden spezielle Absatzkanäle gesucht und gefunden. 

Das an sich unrentable Geschäft mit dem „Bruderhahn“ (die Legerassen brauchen viel mehr Futter und länger zum Wachsen als Mastrassen) wird durch die Eier ihrer Schwestern bzw. den Preis ihrer Schwestern (höherer Preis der Bio-Junghennen, den der Legehennenhalter bezahlen muss), querfinanziert.

An einer Lösung auch über den begrenzten Biomarkt hinaus wird gearbeitet, denn schon 2024 soll beispielsweise in Deutschland das Töten männlicher Küken generell verboten sein.
Wenn die Aufzucht von Millionen Hähnen völlig unrentabel ist, sollten die Bemühungen darin bestehen, dass gar keine Hähne schlüpfen. Diese Bemühungen gibt es, in Form der Geschlechtserkennung im Ei. Nun muss dazu aber nicht nur das Ei, sondern auch schon ein mehrere Tage (dzt. ca. 10 Tage) entwickelter Embryo im Ei vorhanden sein, um männlich oder weiblich auseinander zu kennen.
Und an dieser Stelle poppt sogleich die nächste Frage auf. Ob es denn rechtens sein kann, 10 Tage angebrütete Eier wegzuschmeißen, die männliche Embryonen beinhalten, die bereits ab dem 7. Tag schmerzempfindlich sind?

gut entwickelte Masthähnchen im Grünen © Bio Austria
Masthähnchen sind relativ gute Futterverwerter © Bio Austria

Spätestens jetzt beginnt die Debatte absurd zu werden. Es geht nicht um Vegan gegen Nutztiergenießer. Es geht nicht um Tierschützer gegen Landwirte. Irgendwann geht es nur mehr um die Bereitschaft, menschliche Vernunft walten zu lassen. 
Wenn die Ethik der Tierhaltung und Lebensmittelerzeugung bis zur Schutzwürdigkeit angebrüteter Eier vordringt, dann können wir noch nachlegen: Was ist mit den unzählig getöteten Regenwürmern und sonstigen Bodenbewohnern beim Pflügen und Vorbereiten des  Ackers für die Pflanzung der Setzlinge, aus denen unsere leckeren Brokkoli-, Karotten- und Kartoffelgerichte wachsen?

Und, wenngleich so ein Vergleich unsäglich schwer fällt: Solange eine Gesellschaft mit der Fristenlösung gut leben kann (gegen die ich hier nicht zu Felde ziehe), diese ethisch rechtfertigt, solange darf die Entsorgung angebrüteter Eier nicht Gegenstand einer ernsthaften Diskussion unter psychisch gesunden Menschen sein.

Markus Danner

Gülle und Mist: Jetzt auf Vordermann bringen!

In den nächsten Wochen werden die Wiesen und Weiden gedüngt. Das eine oder andere schon übervolle Düngerlager erwartet Erleichterung.
Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, Maßnahmen zu setzen, um die Qualität der Dünger so zu verbessern, dass sie vom Boden(-leben) optimal aufgenommen und verwertet werden können und so wenig Nährstoffverluste wie möglich eintreten. Wirtschaftsdüngerbehandlung ist alternativlos.

Fäulnis aus dem Mist bringen

Festmist kann durch umlagern, auf Miete setzen oder durch den Miststreuer treiben durch den intensiven Luftkontakt in die aerobe Rotte gelenkt werden. Am Geruch ist eindeutig festzustellen, ob Rotte oder Fäulnis vorherrschen. Mist darf nach Mist riechen. Aber er darf nicht erbärmlich stinken. Tut er das, sind hohe Ammoniakverluste garantiert und der Boden kann den Dünger nicht aufnehmen. 

Fällt das Material hingegen ohne Mühe auseinander und riecht bestenfalls schon leicht nach Pilz, ist ein aerober Zustand gegeben, der den Mist gut in den Boden einwachsen lässt. Auch Jahrzehnte nach den Predigten von Hans Müller ist es immer noch nicht altmodisch, auf die fäulnisfreie Düngerqualität hinzuarbeiten. Die Kulturen, auf Acker, Wiesen und Weiden, werden es danken. 

Pflanzenkohle: hochaktuell als Düngerstabilisator © Markus Danner

Gülle stabilisieren

In der Praxis sind vier bis fünf Methoden gängig, mit der Gülle zu verfahren. Die erste ist: Deckel auf, umrühren, Saugrohr rein, aufs Feld fahren. Das ist nach wie vor anzutreffen, und sollte auf Biobetrieben der aussterbenden Praxis entsprechen. Wirtschaftsdüngerbehandlung
Eine wachsende Zahl von (Bio-) Bauern bemüht sich während des ganzen Jahres, die Gülle zu stabilisieren und dadurch die Nährstoffe im Betriebskreislauf zu halten. Dazu bedienen sie sich Mikroorganismen (z.B. EM), Urgesteinsmehl oder neuerdings Pflanzenkohle. Wasser zur Verdünnung ist ohnehin unverzichtbar.

Als kurzfristige Maßnahmen, flüchtigen Stickstoff einzufangen, um bald mit der Gülle auf’s Feld zu fahren, sind jene geeignet, die absorbieren. Dazu ist in erster Linie Kohle und Zeolith zu nennen. Tonminerale und Urgesteinsmehl mit ihren hohen Anlagerungsflächen zeigen ebenfalls diese Eigenschaften.

Der Befund einer Gülleanalyse (nachfolgende Abbildung) zeigt eindeutig die Wirkung: Eine mit Kohle und Steinmehl sowie mikrobiell aufbereitete Gülle hat Stickstoffgehalte, wie sie sein sollten. Diese mit den Beständen und Erträgen des vorliegenden Betriebes betrachtet, zeigt die wirtschaftliche Bedeutung der Güllebehandlung. Die Gülle ist stabil, ihre Inhaltsstoffe gelangen nicht in die Umwelt, sondern an die Pflanzenwurzel.

Ergebnis NIRS Gülleuntersuchung aus dem Labor IPUS, Rottenmann

Gesetzgeber ist hinter uns her

Die NEC-Richtlinie sitzt den österreichischen (europäischen) Viehhaltern im Nacken. Ammoniakemissionen müssen gesenkt werden. Der Staat muss durch gesetzliche Vorgaben dafür sorgen. In welche Richtung sich diese Bemühungen entwickeln, ist ersichtlich. Mit technischen Lösungen wird versucht, das Problem von der Luft in den Boden zu verlagern (bodennahe Ausbringung bzw. Injektion von flüssigen Wirtschaftsdüngern).
Meine Skepsis ist in der Problemverlagerung statt Problemlösung begründet. Ammoniak im Boden statt in der Luft kann auch keine Lösung sein. Gute Güllequalitäten, die so stabil sind, dass die Ausbringungsmethode irrelevant ist, hätte deutlich mehr Charme.

Unabhängig von jeder Vorschrift oder gesetzlichen Auflage kann jeder Betrieb für sich aktiv werden,  sich selbst und den Nachbarn zeigen, wie’s geht.
Spätestens wenn die Rückmeldung von Anrainern kommt, dass die „Landluft-Tage“ deutlich in ihrer Alltagsbedeutung abgenommen haben, manchmal kaum mehr wahrgenommen werden, ist gewiss: Wir sind auf dem richtigen Weg. 

Markus Danner

Biomilchkühe auf hoffernen Flächen

Mit Tierherden Siedlungen oder öffentliche Verkehrswege zu nutzen, kann ein Spießrutenlauf, ein hochriskantes Unterfangen oder Ausgangspunkt hartnäckiger Nachbarschaftsstreitigkeiten sein.
Es gibt aber auch Beispiele von Betrieben, die es geschafft haben, sich mit Anliegern und den Verkehrsteilnehmern ins Einvernehmen zu setzen und unter gegenseitiger Rücksichtnahme mit ihren Tierherden auf die Weide zu marschieren.

Ein Beispiel eines sehr ambitionierten Betriebes im folgenden Video. Sehenswert!

Markus Danner

Die „Österreichische Lösung“ und ihre Nachwehen

Eines der arbeitsintensivsten Themen in diesem Jahr war zweifelsohne jenes der Weidevorgaben. In Zukunft soll die Weide wesentlich klarer geregelt bzw. umgesetzt werden. Aus Sicht eines Funktionärs wage ich einen Erklärungsversuch, wie es dazu gekommen ist.

Bis vor kurzem gab es in Österreich eine „klassisch österreichische“ Lösung beim Thema Weide – weder Fisch noch Fleisch! 
So war es unter Umständen möglich, komplett ohne Weide Biobetrieb zu sein. Es gibt tatsächlich Umstände, die eine Weide sehr erschweren bis unmöglich machen. Zum Beispiel große Stall-Feld Entfernungen oder stark befahrene Straßen. Das versuchen wir auch in der aktuellen Debatte stark zu lobbyieren.

Der Hund liegt aber darin begraben, dass diese „Umstände“ bis jetzt sehr, sehr dehnbar waren. So entstanden Betriebe, die nicht weideten, aber die schönste Weidefläche vor der Stalltür haben. Die betroffenen Bauern erzählen dann ganz stolz, sie hätten sich die Wiesen gegenseitig verpachtet, wodurch keiner mehr hofnahe Flächen hat und damit nicht weiden muss! 
Andere wiederum haben sich einen Ochs angeschafft, um so eine „kleinste Tierkategorie“ am Hof zu schaffen, die einsam auf der Weide steht. Aber die Weideverpflichtung war erfüllt! Die Bandbreite an „Lösungen“ für das Weideproblem war teilweise zu kreativ.

Und dieser Umstand hat letztlich dazu geführt, dass Vertreter übergeordneten Rechts (EU Bio-VO) der österreichischen Vorgangsweise die Zustimmung verwehrten. 

Es stellt sich die Frage, wie stehen Betriebe überhaupt zur Sache Biolandwirtschaft allgemein und zum Verband Bio Austria, wenn sie ihn verlassen, um fragwürdigen chinesischen Dünger zu verwenden, oder weil vor drei Jahren die Weideregeln in den Verbandsrichtlinien etwas kerniger wurden? (Die aktuelle Situation bestätigt die Richtigkeit der damaligen Entscheidung). 
Gibt es noch Biobauern, die ihr Hirnschmalz und ihre Kreativität nicht dazu verwenden, wie sie etwas umgehen können, sondern  Lösungen entwickeln? 
Doch! Es gibt sie!

Es werden Land auf, Land ab Triebwege angelegt, Löcher in Lärmschutzwände geschnitten, mit Anrainern Gespräche geführt, Tunnel und Überführungen gebaut oder einfach zum ersten Mal seit langem wieder ein Zaun aufgestellt und behutsam das Weiden (wieder)erlernt. 

Es ist mir sehr bewusst, dass diese gefühlten und realen Anforderungen im täglichen administrativen und praktischen Arbeiten kein Spaß sind. 
Der Erfolg von Bio liegt dennoch in der Transparenz und Nachvollziehbarkeit unserer Arbeit gegenüber unseren Umwelten und Kunden. Dadurch hat sich die Biolandwirtschaft immer weiterentwickelt. Nur, die Geschwindigkeit ist derzeit schneller, für viele zu schnell. Da ist baldige Entschleunigung gefragt. 

Der Verein Bio Austria (vormals ErntE) wurde begründet, um diese Herausforderungen als Gemeinschaft zu meistern. Tun wir das auch weiterhin. Wir – Funktionäre, Mitarbeiter und Berater dieses Verbandes kämpfen auf verschiedenen Ebenen für praktikable Vorgaben. 

Sebastian Herzog, Obmann BIO AUSTRIA Salzburg

Mit der Kuh auf Du und Du

Nach Sturz- und Fallunfällen rangieren Unfälle mit Tieren laut Unfallstatistik am bäuerlichen Betrieb bereits an zweiter Stelle, wobei auch hier die Entwicklung von Anbindehaltung hin zu Laufstallhaltung Auswirkungen zeigt. So sind im Laufstall tendenziell weniger Unfälle zu verzeichnen, allerdings steigt der Schweregrad. Während es bei Anbindehaltung oft zu Unfällen mit leichten Verletzungen kommt, enden Unfälle mit Rindern im Laufstall selten mit weniger als Serienrippenbrüchen. “Mit der Kuh auf Du und Du” – wie können Missverständnisse am besten vermieden werden – einfach weiterlesen!

Anbinde- vs. Laufstallhaltung

Ein Hauptaugenmerk liegt auf der Mensch Tier-Beziehung. In Anbindehaltung kam und kommt es durch die tägliche Melkarbeit zwischen den Tieren zwangsläufig zu intensiver Begegnung. In Laufställen hingegen ist dies nicht mehr selbstverständlich. Moderne Melksysteme, Kraftfutterautomaten und Fütterungsroboter haben bei allen Vorteilen den gravierenden Nachteil, dass der Kontakt zum Tier abnimmt. Eine Folge daraus können nervöse und scheue Tiere sein, welche in Stresssituationen auch aggressiv gegenüber Personen auftreten können, hierbei besonders gefährdet sind Frauen und alte Menschen. Oberstes Ziel muss es daher sein, solche Situationen gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Kälberhaltung entscheidend

Die ergiebigsten Maßnahmen zur Steigerung der Mensch Tier Beziehung und damit auch der Sicherheit können bereits im Kälberalter getroffen werden. Dabei sind die ersten drei Tage nach der Geburt entscheidend. Verbindet das Kalb hier den Menschen mit positiven Emotionen, so hallt dies ein ganzes Tierleben lang nach. Oft ist es schon ausreichend sich morgens und abends einige Minuten mit dem Tier zu beschäftigen, es berühren, zu streicheln und auch mit ihm zu sprechen. Die menschliche Stimme bleibt dabei positiv im Gedächtnis. Umgekehrt gedacht, sollte bei schmerzhaften Erlebnissen (Ohrmarken setzen, Enthornen, …) eben nicht beruhigend auf das Tier eingeredet werden, da in diesem Fall die Stimme mit etwas Unangenehmen in Verbindung gebracht wird.   

Kalb mit Führungsstrick © Promegger

Ebenso sollen bereits Kälber an das Tragen eines Halfters gewöhnt werden, dies erleichtert später die Arbeit mit dem erwachsenen Tier ungemein. 

Ein Augenmerk soll auch auf die am Tier vorhandenen Beruhigungspunkte gelegt werden, welche für besonderes Wohlbefinden sorgen. Allgemein bekannt ist das Kraulen der Wamme, hingegen wissen aber nur die wenigsten, dass auch der erste Haarwirbel hinter dem Kopf als intensiver Beruhigungspunkt gilt. Im Gegensatz dazu, soll das Streicheln der Stirn und des Hornansatzes unbedingt vermieden werden, dies fordert nämlich den Kampftrieb des Rindes heraus. Ist das daraus folgende „Stupsen” oder „Boxen“ beim Kalb noch lustig und harmlos, so kann dies beim erwachsenen Tier zu ernsthaften Verletzungen führen. 

In Rinder hineinversetzen

Die Stirn bietet nicht nur Rammfläche, bei fast allen Rindern findet sich auf ihr auch ein prägnanter Haarwirbel. Diese Haarwirbel können Auskunft über das Temperament von Rindern geben. So haben Untersuchungen ergeben, das bei ängstlichen, nervösen und aggressiven Tieren dieser Haarwirbel tendenziell oberhalb der Augenlinie liegt (Bild – 1). Wirbel unterhalb der Augenlinie weisen hingegen eher auf ein gutmütiges und umgängliches Wesen hin. Wirbel welche mittig auf der Stirn liegen, haben wenig Aussagekraft.

Eine häufige Arbeit am Betrieb ist das Treiben, auch hier gibt es einiges zu beachten. 

Hier geht es vorrangig darum, sich in die Tiere hineinzuversetzen, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. So können Rinder im Gegensatz zum Menschen nicht vernetzt denken und sind daher immer nur auf eine Tätigkeit (fressen, gehen, wiederkauen, …) konzentriert. Weiters sind Rinder ausgeprägte Gewohnheitstiere, ein neues blitzendes Rohr im Melkstand oder eine neue Stufe im Treibgang können unglaubliche Schwierigkeiten und damit auch Stress für die Tiere bereiten. Beim Treiben ist auch auf die richtige Blicktechnik zu achten, da Menschen mit ihren eng beieinanderstehenden Augen ähnlich wie Hund oder Katze einen typischen Raubtierblick besitzen. Der direkte Augenkontakt sollte daher mit dem Fluchttier Rind vermieden werden, stattdessen soll der Blick beim Treiben auf den Schulterblättern ruhen. 

Der Sicherheitsknoten

Das richtige Anbinden von Rindern ist einer der wichtigsten Handgriffe im Umgang mit Rindern. Vor allem bei Tieren welche nicht halfterführig sind oder selten fixiert werden, können gefährliche Situationen, etwa bei Anhängertransporten auftreten. Aus Sicherheitsgründen sollten daher nur Knoten zur Anwendung kommen, welche im Notfall auch von unerfahrenen Personen selbsterklärend gelöst werden können.  Ein simpler aber wirksamer Knoten der diese Anforderung erfüllt, ist der einfache Sicherheitsknoten. Dieser hat die Eigenschaft, dass er sich durch Spannung am festen Ende festzieht, sich beim Ziehen am losen Ende jedoch sofort öffnet. 

Der Sicherheitsknoten kann viel Stress und Unfallgefahr vermeiden © Promegger

Mit Belohnung arbeiten

Beinahe jeder Hundehalter und jeder Pferdehalter belohnt positives Verhalten seine Tiere mit Leckerlis. Bei Rinderhaltern hingegen ist diese Praktik weniger verbreitet, dabei sind Rinder genauso lernfähig. Hatte ein Verhalten angenehme Folgen (z.B. Streicheleinheit) so wird das Rind dieses Verhalten in Zukunft öfter Zeigen. Hatte ein Verhalten hingegen negative Folgen (z.B. Stromschlag) so wird dieses Verhalten danach weniger gezeigt werden. Generell ist zu sagen, dass Belohnen von erwünschten Verhalten erfolgreicher ist, als das Bestrafen von unerwünschten Verhalten. Bei Belohnung ist darauf zu achten, dass diese auch wirklich außergewöhnlich sein soll. Die tägliche Kraftfuttergabe ist dazu nicht wirklich geeignet. Nützlichere Belohnungen sind etwa Apfelschnitze, Zuckerstücken oder hartes Brot.

Franz Promegger

Quelle: SVB OÖ, Mairinger

Ökologischer Zuchtwert für Bio-Betriebe

Die Bio Milchviehhaltung unterscheidet sich grundlegend von der konventionellen Art und Weise. Unterschiedliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen verlangen eine andere Zielsetzung in der Milchproduktion. 
Der ökologische Zuchtwert für Bio-Betriebe hilft mit, die züchterische Ausrichtung mit diesen Rahmenbedingungen in Einklang zu bringen.

So erfordert eine wirtschaftliche Bio-Milchviehhaltung eine lange Nutzungsdauer bei guter Grundfutterlebensleistung. Sehr hohe Tagesleistungen können unter Bio-Bedingungen nicht erfüttert werden und sind auch aufgrund der Kraftfutterpreise nicht wirtschaftlich. Daraus ergeben sich Leistungsgrenzen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Milchleistungsmerkmale ist daher geringer als in der konventionellen Milchviehhaltung. Eine ausgewogene Körper- und Leistungsentwicklung ist, im Gegensatz zu „Sprinterkühen“ bzw. frühreifen Typen, anzustreben. Eine hohe Stoffwechselstabilität, gute Fruchtbarkeitsergebnisse, flache Laktationskurven und gesunde Euter und Klauen sind besonders wichtig.

Rahmengrößen von Kühen © Promegger
Welche Kuh passt auf meinen Betrieb?
Rahmengrößen von Kühen © Promegger

Diese Unterschiede zwischen biologisch und konventioneller Milchviehwirtschaft erfordern eine Differenzierung im Bereich der Zuchtprogramme. Um hier Landwirten Unterstützung zu bieten, wurde durch intensive deutsch-österreichische Zusammenarbeit zwischen Bio-Verbänden, Zuchtorganisationen, Besamungsstationen und Bio-Forschung der Ökologische Gesamtzuchtwert aufgebaut. 

Ökologischer Zuchtwert

Ein Gesamtzuchtwert dient vielfach als erstes wichtiges Vorselektionskriterium am Milchviehbetrieb. Dieser berücksichtigt immer unterschiedliche Teilzuchtwerte für Leistungs-und Fitnessmerkmale. Diese Einzelzuchtwerte werden in Abhängigkeit von den entsprechend genetischen und wirtschaftlichen Parametern gewichtet und zusammen-gefasst. Der ÖZW ist ein Gesamtzuchtwert, der den Zielsetzungen und Rahmenbedingungen der Biologischen Landwirtschaft in besonderer Weise Rechnung trägt. Im Vergleich zum ökonomischen Gesamtzuchtwert (GZW) wird bei einer Zucht nach dem ÖZW ein deutlicherer Zuchtfortschritt im Fitnessbereich angestrebt und erreicht.

Wo finde Ich ÖZW-Infos?

Dreimal jährlich erfolgt in Bayern die Berechnung der aktuellen ÖZW-Zuchtwerte für alle verfügbaren Braunvieh-, Fleckvieh- und Gelbviehstiere aus Deutschland und Österreich. Im Anschluss daran werden von der LfL Bayern die Stier-Empfehlungslisten aktualisiert. In Österreich findet man die Listen auf der Homepage des Bio Institutes der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Diese sind mit der ZAR-Zuchtwertdatenbank tierindividuell verlinkt, sodass die Züchter auch die weiteren Zuchtwerte (Einzelzuchtwerte, Exterieur etc.) sowie Abstammungsdaten einfach einsehen können. Auch wird der ÖZW von diversen Besamungsstationen angegeben. 

Empfehlung für die Praxis

Stiere auswählen 

Jeder Milchviehhalter sollte zumindest einmal jährlich zwei bis fünf Zuchtstiere (je nach Betriebsgröße) mit denen der Großteil der Herde belegt werden soll, nach strengen Kriterien auswählen. Für jede Kuh und zu belegende Kalbin wird ein Anpaarungsplan erstellt. Dabei werden Merkmale, die verbessert werden sollen, bei der Stierzuteilung berücksichtigt. Die Summe der mit den Wunschstieren zu belegenden Tiere, multipliziert mit dem Besamungsindex, ergibt etwa die jährliche Anzahl der notwendigen Samenportionen

Samen bestellen

Nicht jeder der ausgewählten Stiere wird auch von der lokalen Besamungsstation direkt vertrieben. Diese ist jedoch verpflichtet, sofern der gewünschte Samen noch verfügbar ist, den gewünschten Stier gegen Abgeltung der Unkosten zu liefern (EU-Bestimmung). Auch aus Aufwandsgründen ist es daher sinnvoll größere Mengen zu bestellen. Die bestellten Samenportionen werden beim Tierarzt, Besamungstechniker oder im Hofbehälter sortiert eingelagert und stehen zur Belegung der Tiere zur Verfügung. Eine zeitgerechte Bestellung ist speziell bei Sonderwünschen notwendig.

Bild: Stierkatalog Klessheim 
„Im Stierkatalog der Besamung Klessheim befindet sich der ÖZW im Feld Fitness“

Detaillierte Informationen zum ÖZW und den daraus bestehenden Teilwerten findet man in der ÖAG Broschüre „Ökologischer Gesamtzuchtwert für Bio-Milchviehbetriebe“. Erhältlich unter www.gruenland-viehwirtschaft.at oder im BIO AUSTRIA Büro.  

Quellen: ÖAG Broschüre „Ökologischer Gesamtzuchtwert für Bio-Milchviehbetriebe“
www.lfl.bayern.de

Bio und die Biene – sind Zwillinge

Bio und die Biene – Warum Bio Imkerei?

Weil Bio und die Biene zusammengehören.
Seit ca. hundert Jahren versucht man aus den Honigbienen Haustiere zu machen. 
Das funktioniert nicht, die Bienen sind und bleiben Wildtiere und es ist damit entsprechend umzugehen.

„Die Bienen schenken dem Menschen Honig und duftendes Wachs, aber was vielleicht mehr wert ist, als Honig und Wachs: sie lenken seinen Sinn auf den heiteren Junitag, sie öffnen ihm das Herz für den Zauber der schönen Jahreszeit, und alles, woran sie Anteil haben, verknüpft sich in der Vorstellung mit blauem Himmel des Sommers, die Uhr der Stunden des Überflusses, der schnelle Flügel der aufsteigenden Düfte, der Geist und Sinn des strömenden Lichtes, das Lied der sich dehnenden ruhenden Luft, und ihr Flug ist das sichtbare Wahrzeichen, die deutliche musikalische Note der tausend kleinen Freuden, die von der Wärme erzeugt sind und im Lichte leben. Sie lehren uns die zarteste Stimme der Natur verstehen, und wer sie einmal kennen und lieben gelernt hat, für den ist ein Sommer ohne Bienensummen so unglücklich und unvollkommen, wie ohne Blumen und ohne Vögel.“ 
aus “Das Leben der Bienen” von Maurice Maeterlinck

Die Bienen würden eigentlich immer alles richtig machen!
Der Mensch, als ihr Betreuer kann ihnen manchmal helfen, muss aber scheinbar erst lernen, sie nicht in noch größere Schwierigkeiten zu bringen.
Eine sensible Beobachtung und zurückhaltender Umgang bei der Betreuung ist ein Gewinn für beide Seiten.
Die Imkerschaft wundert sich derzeit über die immer stärker und aggressiver werdenden Bienenschädlinge und Bakteriosen.
Es wird offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, dass zum Teil die Medikamentenanwendung der letzten 30 Jahre die Ursache dafür ist. 
Durch gut gemeinte Anwendungen ist z.B. die Varroamilbe regelrecht „gezüchtet“ worden.

Dazu kommen noch die Probleme, die durch die intensive Landwirtschaft für die Bienen bestehen.
Die Bio-Bienenhaltung versucht hier mit einigen umsichtigen „Rückschritten“ zumindest eine Stagnation der laufenden Degenerierung auf den Weg zu bringen. Denn Bio und die Biene passen zusammen.
In erster Linie geht es um die Bienen und dann um die daraus entstehenden Produkte!

„Die Imkerei ist eine der schönsten Beschäftigungen, die ich kenne:
in der warmen Jahreszeit  die Arbeit mit den Bienen und die Honigernte,
in der anderen Hälfte des Jahres die Erstellung und Reparatur  der Betriebsmittel. Das ergibt eine zeitliche Abwechslung, die immer voller Spannung bleibt“.

Hans Rindberger

Bio-Hendl statt Nuggets

Das “Hendl” ist ein europäisches Kontinentalgericht. Das Hendl ist auch eines jener Tiere, dessen Zucht und Haltung zur Perversion menschlichen Handelns geworden sind.
Die Devise der Zukunft muss heißen: Klasse statt Masse – Bio-Hendl statt Nuggets.

In vier oder fünf Wochen zur schlachtreifen, nicht mehr gehfähigen Kreatur hochgemästet – um zum Spottpreis auf den Weltmarkt geworfen zu werden – kann das ein gesundes Lebensmittel sein? Ist das ethischer Prinzipien im Geringsten würdig?

Wir sagen nein.
Bio-Hendl werden doppelt so alt und wissen, wie Sonnenlicht aussieht und sich anfühlt. Sie scharren auf der Weide nach Fressbarem und chillen im Baumschatten. Ist das kein substanzieller Unterschied zum geschundenen Bierzeltfraß?
Deshalb: Bio-Hendl statt Nuggets; nicht oft – aber dafür Genuss mit Klasse!

  • Chillen im Baumschatten © Markus Danner
  • gut entwickelte Masthähnchen im Grünen © Bio Austria

Das Bio-Masthuhn in der Aufzucht –
so lebt das Bio-Hendl

Bodenfläche

Biomasthühner, Biomastgeflügel allgemein wird auf einer eingestreuten Ebene am Boden gehalten. 
Als Einstreu werden Häckselstroh, Hobelspäne, Dinkelspelzen oder Softcell verwendet. 
Wichtig ist eine hohe Qualität der Einstreu (kein verpilztes Stroh einsetzen). 

Stallklima

Ein optimales Stallklima hinsichtlich Licht, Luft und Temperatur sind entscheidend für das Wohlbefinden der Tiere. Speziell Küken haben am Anfang ein besonders hohes Wärmebedürfnis (32 – 33°C im Tierbereich). D.h. der (Küken-) Stall muss  isoliert und beheizbar sein und über ein gutes Zu- und Abluftsystem verfügen.

Fütterungsbereich

Heute sind bei größeren Beständen vorwiegend automatische Spiralfütterungen mit speziellen Futterschalen in Verwendung. In kleineren Ställen auch Handfutterautomaten. In der Kükenaufzucht werden eigene Futterbehälter eingesetzt (flache Futterschalen, Eierhöcker etc.).

Tränkebereich

Verwendung finden bei Masthühnern vorwiegend Nippeltränken, bei Mastputen Rundautomaten oder Cuptränken. 
Sauberes und jederzeit gut erreichbares Tränkewasser ist selbstverständlich.

Außenscharrraum

Der Außenscharrraum (Kaltscharrraum) ist ein überdachter, eingestreuter und mit einem Wind- und Regenschutz versehener Bereich des Hühnerstalles mit betonierter Bodenfläche, in dem Außenklima vorherrschen soll. 
Über den Außenscharrraum erfolgt der Zugang zur Weide.

Weide

4 m2 begrünter Auslauf muss jedem Masthuhn tagsüber uneingeschränkt zur Verfügung stehen. (für 1000 Hühner 4000m2)
Die Weide wird von den Tieren gut angenommen, wenn ihnen ausreichend Unterschlupf- und Fluchtmöglichkeiten angeboten werden (Bäume, Sträucher, Schattenhütten…).

Bio Schafe haben Ansprüche

Auch Bio Schafe haben Ansprüche! Warum auch nicht?
Alles was zwei Augen hat liebt Komfort.

Das geniale am Schaf? Es ist Wiederkäuer, also ein kleiner Bioreaktor zur Verdauung von Gras.
Als Wiederkäuer setzen Schafe für den menschlichen Verzehr nicht geeignete Pflanzen – Gras, in Milch, Fleisch und Wolle um.
Ein Schaf kann sich nur von Gräsern und Kräutern ernähren. Es benötigt also kein Kraftfutter, außer bei hohen Leistungen. 
Mineralstoffe und Salz ergänzen die tägliche Futterration. 
Natürlich haben auch Schäfchen ihre zickigen Eigenheiten – so sind sie sehr empfindlich auf hohe Kupfergehalte! Also Vorsicht bei Mineralstofffutter.

Sind Bio-Futtermittel anders?

Ja, hoffentlich! Wie alle Bioprodukte sollten auch Bio-Futtermittel aus gesunden, unbelasteten Böden entstammen.
Dagegen kann auch bei Biofutter davon ausgegangen werden, dass junges, gut konserviertes Heu oder Silage zu guten Leistungen befähigt, und rohfaserreicheres für Trockensteher ideales Grundfutter darstellt.
In Milch stehende Mutter- oder Milchschafe brauchen natürlich schon inhaltsreiches, gut ausgewogenes Futter, um die Leistungen bei guter Kondition zu erbringen.

Was fördert den Appetit?

Tiere, von denen wir Leistungen erwarten, sollten grundsätzlich immer Zugang zu einwandfreiem Futter und sauberem Wasser haben. Und sie halten´s oft wie wir beim Dessert: Je besser, dass`s schmeckt, umso eher ein Nachschlag!
Der Appetit wird natürlich stark von der Qualität des Futters, der Schmackhaftigkeit und dem Gesundheitszustand der Tiere beeinflusst. Eine rasche Futterumstellung von Heu auf Gras oder umgekehrt sollte wie bei anderen Raufutterfressern möglichst vermieden werden. Ein ausreichendes Fressplatzangebot hilft Angstfasten zu vermeiden (Rangordnung).

schönes Lamm mit Mutter auf der Weide © Bio Austria
schönes Lamm mit Mutter auf der Weide © Bio Austria

Gesunde Lämmer sind die leistungsfähige Herde von morgen!
Wer sich perfekt um den Kindergarten und um dessen Entwicklung kümmert, braucht sich um die Herde der nächsten Jahre keine Sorgen zu machen.
Muttermilch in den ersten 45 Tagen ihres Lebens, bestes Heu zum knabbern, eingestreute, trockene, zugfreie Liegeflächen und gepflegte Weiden lassen die Lämmer gesund heranwachsen.

Bio Hühner

Bio Hühner und Menschen sind sich sehr ähnlich:
Sie halten es nicht ohne die Anderen aus, und wenn andere da sind, wird auf ihnen herumgepickt.

Das Verhalten von Hühnern ist sehr stark von Gleichzeitigkeit geprägt, d.h. fast alle Verhaltensweisen, wie Fressen, Trinken, Ruhen, Gefiederpflege etc. werden gemeinsam durchgeführt.
Darauf ist bei der Ausgestaltung aller Funktionsbereiche, baulichen Anlagen und Einrichtungen Bedacht zu nehmen.

Vor allem innerhalb größerer Gruppen steigt der Stressfaktor stark an, wenn arttypische Verhaltensweisen durch unzureichende Haltungsbedingungen erschwert oder verhindert werden.

Hühner im Grünauslauf. © Markus Danner
Hühner im Grünauslauf. © Markus Danner

Wieder ist es die Biologische Landwirtschaft, die Maßstäbe setzt. Sind es in der Agroindustrie 100.000e bis Millionen Individuen, die in Hallen zusammengepfercht werden, sind Biobetriebe mit unter 5.000 pro Stall und unter 10.000 pro Betrieb Lichtjahre von solchen Extremen entfernt.

Was finden Bio Hühner an der Biolandwirtschaft so besonders?

  • Bio Hühner dürfen wirklich raus! Das war immer schon so und wird so bleiben
  • Bio Hühner haben im Stall Platz, um sich artgemäß zu bewegen
  • Sie dürfen in einem Nest ihr Ei ablegen, nicht auf einem Gitter
  • Sie haben einen geschützten Vorplatz vor dem Stall, oft mit Sandbad
  • Im Auslauf wird ihnen seit neuestem zwingend Unterschlupf, Schutz und Beschattung angeboten, um die Fläche gut nutzen zu können und um sich vor Beutegreifern sicher zu fühlen
  • BIO AUSTRIA Betriebe lassen männliche Küken aufziehen, nicht schreddern (Bruderhähne)
Umstieg auf Bio-Geflügelhaltung hier klicken zum weiterlesen

Umstieg auf Biogeflügelhaltung

Beim Einstallen der ersten Partie sollte eine Grünauslauffläche nutzbar sein, die sich zumindest im Status “aus Umstellung auf biologische Landwirtschaft” befindet!
Ist demnach ein Bau- oder Umbauvorhaben geplant, ist unbedingt zu veranlassen, dass die benötigte Grünfläche in einen Biokontrollvertrag aufgenommen wird. Ein Jahr später wächst auf dem Grünauslauf bereits „Umstellungsware“  und darf vom Bio-Geflügel beweidet werden.  
Ist die Haltung richtlinienkonform, die Tiere bzw. das Futter sind in Bio-Qualität zugekauft worden, steht der Bio-Geflügelhaltung und Vermarktung nichts mehr im Wege.

Unter bestimmten Voraussetzungen (Teilnahme an speziellen Öpul-Maßnahmen) kann die Umstellungszeit auch bei Geflügel auf sechs Monate verkürzt werden – Genehmigung der Kontrollstelle ist notwendig!

Aus der Umstellungszeit der Fläche, der Lebensdauer der Tiere, dem 100%-igen Zukauf der Küken und oft auch des Futters ergibt sich unter Umständen die Möglichkeit, dass konventionelle Betriebe nach Bau, Umbau und Umstellung auf ihre Bio-Hühnerhaltung sofort mit Bio-Status zertifiziert werden.

Das betriebsspezifische Prozedere ist mit der Beratung abzuklären.

Umstellungszeiten:

  • Geflügel zur Fleischerzeugung: 10 Wochen
  • Geflügel zur Eiererzeugung: 6 Wochen (nur für die Eier)

Markus Danner